Kommentar Sexualstrafrecht: Maas bleibt mäßig
Das Sexualstrafrecht bleibt weitgehend reaktionär. „Nein heißt Nein“ gilt weiter nicht, Frauen müssen meist Widerstand leisten.
N ie war die Situation so günstig, im Sexualstrafrecht das Prinzip „Nein heißt Nein“ einzuführen. Strafbar wäre dann, wenn jemand an einem anderen gegen dessen erklärten Willen sexuelle Handlungen vornimmt. Eine Konvention des Europarats hat dies 2011 zum europäischen Standard erklärt, die sozialdemokratischen Vorzeigeländer Hamburg und Rheinland-Pfalz setzen sich im Bundesrat dafür ein, auch die CDU würde wohl mitmachen - nur der zuständige Justizminister Heiko Maas zaudert und sperrt sich.
Heute beschließt das Bundeskabinett einen von Maas vorgelegten Gesetzentwurf, mit dem punktuell einige Strafbarkeitslücken geschlossen werden sollen. Das ist zwar einerseits ein Schritt in die richtige Richtung. Zugleich ist die juristische Konstruktion aber geradezu reaktionär.
In einem neuen Paragraph 179 wird als Normalfall konstruiert, dass die Frau gegen eine Übergehung ihres Willens „Widerstand“ leisten muss. Nur in Ausnahmefällen – etwa wenn die Frau „zum Widerstand unfähig“ ist – könne auf die Gegenwehr als Grundlage der Strafbarkeit verzichtet werden. So wird die sexuelle Selbstbestimmung der Frau gerade nicht geschützt, sondern relativiert und auf „besondere Umstände“ begrenzt.
Dem Gesetzentwurf ist anzumerken, dass Maas ursprünglich gar nichts am Sexualstrafrecht ändern wollte. Inzwischen akzeptiert er zwar, dass es dort Schutzlücken gibt, die nur mit der patriarchalen Geschichte dieses Rechtsgebiets erklärbar sind. Und als das Kanzleramt im letzten Herbst seinen zwiespältigen Entwurf monatelang blockierte, galt Maas für kurze Zeit sogar als emanzipatorischer Hoffnungsträger.
Doch diese Rolle hat er nun wie eine lästige Zumutung abgestreift. Der große Wurf soll nicht seinen Namen tragen. Nun müssen wohl Abgeordnete zum Vorreiter für die sexuelle Selbstbestimmung werden. Ab heute beginnt die parlamentarische Beratung.
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