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Kommentar Schwarzer und KachelmannSchlechte Verliererin

Heide Oestreich
Kommentar von Heide Oestreich

Alice Schwarzer kann es nicht ertragen, dass der Fall Kachelmann mit einem Freispruch endete. Also versucht sie es mit Rufmord.

Alice Schwarzer nimmt es mit dem Rechtsstaat nicht so genau. Bild: Reuters

A lice Schwarzer ist eine Meisterin der Suggestion. Dass sie damit im Fall Kachelmann nicht durchkommt, lässt ihr keine Ruhe. Sie will die Revision des letzten Kachelmann-Urteils. Das wurde abgelehnt, weshalb sie nun Beschwerde einlegt. Das ist ihr Recht, Erfolg aber ist ihr nicht zu wünschen.

Worum es ging: Ende 2011 hatte die von Schwarzer herausgegebene Zeitschrift Emma in einer Glosse vorgeschlagen, die Begriffe „einvernehmlicher Sex“ und „Unschuldsvermutung“ zu Unworten des Jahres zu küren. Beide Begriffe hatten in Kachelmanns Vergewaltigungsprozess eine Rolle gespielt.

Die Begründung: „Da fragt man am besten … Claudia D. oder irgendeine von den 86.800 geschätzten vergewaltigten Frauen im Jahr, deren Vergewaltiger nie angezeigt, nie angeklagt oder nie verurteilt wurden.“ Mit „Claudia D.“ hatte die Presse den Namen von Kachelmanns Ex-Geliebter abgekürzt, die ihn angezeigt hatte.

Sie habe den Eindruck erweckt, der freigesprochene Wettermoderator sei ein Vergewaltiger, hatte das Oberlandesgericht geurteilt. Habe sie nicht, konterte Schwarzer, es sei um „Sprachkritik“ und „Meinungsfreiheit“ gegangen. Dem Eindruck des Gerichts aber kann man sich tatsächlich schwer entziehen – zumal dieses Aneinanderrücken von Legalität und Illegalität eine Spezialität Schwarzers ist. So werden öfter mal Prostitution und Zwangsprostitution vermischt, Pornografie und Gewalt sind auf einmal eins, Islam und Islamismus finden sich in trauter Eintracht.

Unglaubliche Urteile in Sachen Vergewaltigung

Das Problem ist, dass Gerichte hierzulande unglaubliche Urteile in Sachen Vergewaltigung fällen. Da regnet es Freisprüche, weil „Aussage gegen Aussage“ steht. Weil die Frau sich angeblich nicht genug gewehrt hat oder ihre Lage nicht „objektiv schutzlos“ gewesen sei. Das lautstark zu kritisieren heißt aber noch lange nicht, dass man nach Gutdünken die Freigesprochenen öffentlich „Vergewaltiger“ nennen darf. Hat Schwarzer ja auch nicht. Sie hat ja nur den Eindruck erweckt. Schlau, wie sie ist. Aber dieser rhetorische Kniff bleibt eben ein Kniff. Das Ergebnis ist dasselbe.

Es gibt in der Tat viel Sprachkritik zu üben im Fall Kachelmann, man erinnere sich an das „Opfer-Abo“, das tatsächlich Unwort des Jahres wurde. Allerdings: Die „Unschuldsvermutung“ und die Tatsache, dass es auch „einvernehmlichen Sex“ gibt, gehören sicher nicht dazu. Sie zu Unworten erklären zu wollen, zeigt eher ein Manko der Autorin: Für sie nämlich gab es im Fall Kachelmann von Anfang an keine Unschuldsvermutung und keinen einvernehmlichen Sex. Punkt.

Aber ohne Unschuldsvermutung kein Rechtsstaat. Das kann es auch nicht sein, was Schwarzer will, oder?

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Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.
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21 Kommentare

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  • Das mit den "unglaublichen Urteilen" stimmt: Hans Arnold und all die anderen Männer, die auf Grund falscher Beschuldigungen im Gefängnis sitzen, würden dies bestätigen. Falls sie noch lebten. Oder falls sie jemand anhören würde. Diese Männer sind die Kollateralopfer einer zutiefst sexistischen Justiz, die in Frauen immer, selbst wenn sie schwerste Verbrechen wie Freiheitsberaubung durch vorsätzlich falsche Anschuldigungen begehen, irgendwie und überhaupt als, pardon, OPFER sieht. Wie sonst ist es zu erklären, daß ein Mann wg. Vergewaltigung zu sieben Jahren Haft verurteilt wird; die Täterin, die falsch beschuldigte, aber mit drei Jahren davon kommt. Dies ist nur ein Fall von Hunderten.

    Die Existenz des Mannes ist für immer ruiniert, er wird mit €25.-/Tag Haftentschädigung und einem warmen Händedruck abgefunden, die Täterin kann sich der Solidarität des weiblichen Umfeldes sicher sein, schließlich muß der Mann ein Schwein sein, sonst hätte er sie ja nicht zu der Tat getrieben...

    Und zum Unwort: Wieweit sind wir eigentlich mit unserer Schere im Kopf gekommen, daß wir uns von selbsternannten Sprachwächtern, vorschreiben lassen, welche Worte Gut oder schlecht sind? Ich habe diese Sprachtaliban nicht gewählt, und werde mir von diesen auch nicht meine Wortwahl diktieren lassen:

    Natürlich haben Frauen ein Opferabo -besonders in der deutschen Justiz.

  • Teilweise schreckliche Kommentare.

    Sie will doch nur den Rechtsweg ausschöpfen.

    Die Gerichte und JuristInnnen haben eh zu wenig zu tun.

  • Was rechtfertigt die Behauptung, Frau Schwarzer sei "schlau"? Die Äußerungen der letzten Jahre können es ja wohl kaum sein.

    • @Hauke Laging:

      Och, schlau ist sie schon. (Woher sonst kämen ihre Millionen, ihre Medienpräsenz, ihr Image als Befreierin der deutschen Frau?)

       

      Klug ist sie allerdings kein bisschen.

  • Schlechte Verliererin? Wohl eher Rechtsbrecherin.

    Irgendwie wird mir zu wenig auf Kachelmann eingegangen. Sein Ruf wurde total ruiniert, er verlor sein Job bei der ARD und wurde bis heute nicht eingestellt, während Claudia D. sich in diesem Fall sogar noch bereichert hat.

    Irgendwie läuft in dieser Gesellschaft etwas gehörig falsch.

    Da sollte man fragen ob das Wort "Opfer-Abo" wirklich das Unwort des Jahres war oder ob da etwas wahres dran ist.

    • @KatastrophenUlli:

      Mich zumindest nervt diese unreflektierte Kollektivempörung über den (zugegebenermaßen pointierten) Begriff "Opfer-Abo".

       

      Damit ist ja nicht gemeint, dass anzeigende Frauen generell lügen, sondern vielmehr, dass Frauen vor Gericht tendenziell eher geglaubt wird als Männern.

       

      Und mindestens im Fall Kachelmann war das nun definitiv so, sonst wäre er nicht monatelang trotz fragwürdigster Beweislage in Haft gesessen.

       

      Theoretisch kann es sich da um einen Einzelfall handeln (ich bezweifle es), aber ein persönlich von einem Unrecht Betroffener darf auch mal nicht ganz so ausgewogen und zurückhaltend formulieren.

  • Frau Schwarzer ist eigentlich keinen Kommentar mehr wert - sie ist eine alte verbitterte Frau geworden. Wobei sie selbst es mit dem Recht nicht so genau nimmt!

  • "kein Rechtsstaat. Das kann es auch nicht sein, was Schwarzer will, oder?..."

    Hm. Nach allen ihren Verlautbarungen, schwierig. Jedenfalls klingt sie genau wie der wandelnde Komplex, in klinischer Sicht gar, als den alle Kritiker sie immer sahen...

  • Schwarzer ist nicht die einzige Feministin, die Probleme mit dem Rechtsstaat hat, wenn auch mal ein Mann davon profitiert. Nadine Lantsch bezeichnete ihn als "Rotz weißer Männer" der lediglich deren Herrschaftsansprüche absicherte und Frau Schrupp merkt an, dass man ihn in Frage stellen sollte, damit man über bessere Alternativen nachdenken könne.

     

    Wenn es nach den Feministinnen ginge, hätten wir den Rechtsstaat für Frauen, und den Polizeistaat für Männer.

    • @Widerspenstiger:

      Ein Grund mehr den Feminismus zu bekämpfen.

      Es heißt ja immer: "ach, das sind doch nur die radikalen Feministen, die meisten Feministen sind für Gleichberechtigung".

      Nun ja, man wird in Deutschland im Jahre 2014 wohl nicht allzuviele Menschen finden die gegen Gleichberechtigung sind, wieso bezeichnet sich so jemand also als Feminist? Dann wären ja alle Feministen und es gäbe keinen Grund für diese Bezeichnung.

       

      Nein, diese "radikalen" Feministen sind die einzig echten Feministen. Und bei denen handelt es sich um Faschisten. Wer es nicht glauben will soll doch bitte deren Artikel und Kommentare lesen und das Wort MANN mit Juden, Schwarzen, Migranten usw. ersetzen. Dann wird es deutlicher.

  • Die soll einfach ihre Steuern bezahlen, ansonsten lieber die Klappe halten!

    • @DDHecht:

      Wer angesichts BER, Elbphilharmonie, Stuttgart 21, Energiewende etc. noch große Lust auf absolute Steuerehrlichkeit hat, muß ein sehr robustes Gemüt haben.

  • An sich ein guter Kommentar, aber der Satz "Da regnet es Freisprüche, weil „Aussage gegen Aussage“ steht"

    ist ja wohl unterste Schublade. Wie würden Sie denn entscheiden, wenn wirklich Aussage gegen Aussage steht? Im Zweifel für den Angeklagten oder im Zweifel für die Frau?

    • @MRO:

      Im Zweifel für den Angeklagten, in dubio pro reo ist ein zivilisatorischer Rechtsgrundsatz. Gott sei Dank, dass der in Europa noch gilt. Insofern hat der Kommentar durchaus seine Berechtigung.

      • @yyyy xxxx:

        Da hätte ich wohl den vorangehenden Satz anhängen müssen, erst dann ist mein Kommentar verständlich:

         

        "Das Problem ist, dass Gerichte hierzulande unglaubliche Urteile in Sachen Vergewaltigung fällen. Da regnet es Freisprüche, weil „Aussage gegen Aussage“ steht."

  • Wurden im Geschlechterkampf früher hin und wieder noch Gefangene gemacht, so gibt es heute nur noch Opfer.

  • D
    D.J.

    Ich finde es bitter. Frau S. hat in ihrem Leben wahrlich nicht nur Unsinn geredet und geschrieben. Es wäre ihr somit zu wünschen, dass sie sich nicht selbst völlig demontiert.

  • Die Unschuldsvermutung sowie die Regel dass Ermittlungsakten nicht an die Presse lanciert werden dürfen gilt für Frau Schwarzer nur im Steuerrecht und dort auch nur für einen bestimmten Ermittlungsfall.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "..Aber ohne Unschuldsvermutung kein Rechtsstaat. Das kann es auch nicht sein, was Schwarzer will, oder?.."

    Auch wenn die Frage rhetorisch sein sollte: Das Recht ist Frau Alice S. wohl egal. Sie will nur Recht (behalten).

  • Doch, genau das ist es, was Frau Schwarzer will, die Abschaffung der Unschuldsvermutung wenn es um angezeigte Sexualdelikte geht. Das dann im Prinzip kein Rechtsstaat mehr existiert, interessiert Frau Schwarzer nicht.

    Dumm nur, daß dann jeder behaupten könnte: "Frau Schwarzer, Sie haben mich vergewaltigt. Nun beweisen Sie mal schön ihre Unschuld..."