Kommentar Schwarz-Rot: Die Last des Sieges
Jetzt wird es auch inhaltlich immer klarer: Die Union ist viel zu stark für ein große Koalition. Dennoch hat sie keine andere Wahl.
![](https://taz.de/picture/142134/14/merkel_79.jpg)
Wahlsiege sind schön, können aber auch anstrengend sein. Die eigenen Funktionäre erheben Ansprüche, die Kompromissbereitschaft Richtung Koalitionspartner sinkt. Wenn man, wie Angela Merkel, noch einen Quartalspopulisten wie Horst Seehofer in den eigenen Reihen hat, braucht man eigentlich keine Gegner mehr.
Seehofer hat sein Wort gegeben, dass die Union eisern bei ihrem Nein zu Steuererhöhungen bleiben wird. Das lässt zwei Möglichkeiten zu: Entweder es gibt keine Große Koalition, oder Seehofers Wort ist so viel wert wie eine Stimme für die FDP: nichts. Denn die SPD kann nur Merkel wählen, wenn sie dafür viel bekommt. Nicht Minister, sondern Inhalte.
Dabei stellt sich die SPD bisher recht geschickt an. Den möglichen Koalitionsvertrag von der Basis absegnen zu lassen, ist für Gabriel, Steinmeier & Kraft ein kalkulierbares Risiko. Dass die Genossen mal eben die gesamte Parteispitze in Rente schickt, ist unwahrscheinlich.
Es wäre jedenfalls das erst Mal in 150 Jahren. Dafür ist der Basis-Check ein prima Druckmittel Richtung Merkel. Er ist die Ansage, dass die Union der SPD bei ihren Kernforderungen – höherer Spitzensteuersatz, gesetzlicher Mindestlohn, Mindestrente – in großen Schritten entgegenkommen muss. Oder es wird keine Große Koalition geben.
Es ist viel gerätselt worden, ob Merkel eine verkappte Neoliberale oder verkappte Sozialdemokratin ist. Oder beides. Sicher ist, dass sie Stabilität will. Sie schätzt nicht den Coup, sondern das Absehbare. Also die Große Koalition. Das Problem ist: Die Union ist zu stark dafür. Ihr fehlen nur ein paar Stimmen zur absoluten Mehrheit. Und jetzt soll sie ganz doll nett zu den Sozen sein? „Noch so ein Sieg, und wir sind verloren“, sagte König Pyrrhus von Epirus, nachdem seine Truppen die Römer geschlagen hatten. Das kann auch Merkels Problem werden.
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