Kommentar Schulverpflegung: Essen ist ein Fall für Pisa
Ernährungssozialisation findet heute in Schule und Kita statt. Umso schlimmer, dass das dortige Angebot nur die Note „ungenügend“ verdient.
S ie nannte sich „Helena“ und hätte die Pisa-Studie für Kinderernährung werden können. Über Jahre hatten sich Wissenschaftler das Essverhalten von Jugendlichen in ganz Europa angesehen. Als sie 2011 ihre Studie vorstellten, war das Fazit bestürzend: „Jeder dritte Junge und jedes fünfte Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren sind übergewichtig, 6 Prozent sogar fettsüchtig“, erklärten sie. Die ungesunde Ernährung – zu viel Fette und Zucker, zu wenig Obst und Gemüse – habe bereits Folgen, mehr Herzerkrankungen und Altersdiabetes unter Jugendlichen.
Pisa schreckte Deutschland auf, der Bildungsnotstand wurde ausgerufen. Und was geschah nach „Helena“? Nichts. Das belegt die Studie, die Agrarminister Schmidt am Dienstag vorstellte nur neuerlich. Sie gleicht ihrer Vorgängerin fast aufs Komma. Sie stellt vor allem der Ernährung an den Schulen ein schlechtes Zeugnis aus.
Was Hänschen nicht gelernt hat, das lernt Hans nimmermehr. Der Spruch war es, der die Nation nach Pisa umtrieb. Aber Ernährung? Sie steht bis heute nicht im Lernplan. Doch sie müsste es.
Geschenkt, dass Kinder Pizza und Pommes am liebsten mögen. Halbwüchsige haben sich noch nie Sorgen gemacht, ob sie ihre Gesundheit gefährden. Wichtiger ist: Wie und wo erhalten Kinder die Grundlagen, um einmal Alternativen zu kennen? Um ihren Geschmack zu bilden – und mit Fett und Zucker umgehen zu können. Der familiäre Esstisch ist immer weniger der Ort dafür, sagen Wissenschaftler. Ernährungssozialisation findet heute in Schule und Kita statt. Darum ist es so schlimm, wenn Kinder dort abgespeist werden.
Warum Pisa Wirkung zeigte? Kurz gesagt: Eine ganze Menge von Schülern ließ sich motivieren, die Finnen in Mathe zu überflügeln. Kann man sie auch begeistern, besser essen zu wollen als Franzosen oder Italiener? Sie schmunzeln. Das ist das Problem.
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