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Kommentar Schach-WM in Saudi-ArabienWeltschachverband prostituiert sich

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Der saudische Kronprinz will das Image seines Landes aufpolieren. Er lässt sich das einiges kosten, doch müsste eine WM Mindeststandards einhalten.

Wow: Wenigstens am Schachbrett müssen die Spielerinnen keine Abaja tragen Foto: dpa

A usgerechnet an der Spitze des Weltschachverbands Fide scheint Intelligenz nicht sonderlich verbreitet zu sein. Wie sonst wäre zu erklären, dass sie die Schnellschach-Weltmeisterschaft in Saudi-Arabien austragen lässt, einem Land, das seine politischen Feinde nicht einreisen lassen will? Riad sagte Visa für Schachgrößen aus Iran und Katar erst kurz vor Beginn der WM zu, was einen fairen Wettbewerb fast unmöglich macht. Israelis durften überhaupt nicht antreten – obwohl das Land auf Rang 11 der Schach-Weltrangliste steht, während Saudi-Arabien Platz 134 einnimmt.

Fide verkauft es als Großtat, dass die Schachspielerinnen nicht am Schachbrett selbst, sondern „nur“ außerhalb der Wettkampfstätte Kopftuch und Abaja, ein bodenlanges Gewand, tragen müssen. Sollen sich die Spielerinnen dafür etwa noch bedanken? Die amtierende Weltmeisterin im Schnellschach, die Ukrainerin Anna Masitschuk, wird im Netz zu recht dafür gefeiert, die WM in Saudi-Arabien zu boykottieren.

Sport und Politik sollte man trennen, heißt es gern. Doch schon die Entscheidung, die Schach-WM an die Saudis zu vergeben, war politisch. Sie wertet eine absolute Monarchie auf, in der Frauen lebenslang Mündel eines Mannes bleiben und in der sich ein junger Thronfolger gerade bemüht, seinem Land eine etwas modernere Fassade zu verschaffen. Dieses neue Image lässt sich das Königshaus auch einiges kosten und zahlt gern ein paar Millionen Dollar für die Preisgelder und Austragung der WM.

Über die Käuflichkeit einer WM wird nicht zum ersten Mal diskutiert. Doch die Schamlosigkeit, mit der der Weltschachverband sich gleich für drei Jahre in Saudi-Arabien prostituiert, ist beispiellos.

Weltmeisterschaften müssen Mindeststandards einhalten. Dazu gehört, dass das Gastland grundsätzlich allen TeilnehmerInnen ein Visum auszustellen bereit ist. Ob beim Turnier Minirock, Kopftuch, Kilt oder gehäkelte Kniestrümpfe getragen werden, geht die Gastgeber nicht das Geringste an.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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5 Kommentare

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  • Bald muss auch die Dame auf dem Brett ein Kopftuch tragen...

    Zumindest in islamischen Ländern.

  • Eine Schach-WM ist keine Schach-WM wenn frühere Schachweltmeister nicht teilnehmen. Das ist dann nur eine bessere Luftnummer.

    Auch eine Olympiade der Leistung-gesteigerten Pharmazie-Verwerter ist eine Luftnummer, wenn die Weltmeister im Verwerten von Chemie daran nicht teilnehmen dürfen.

  • Um derlei Entscheidung zu verstehen reicht es nicht die moralpolitische Front aufzumachen und auf Saudi Arabien zu fokussieren.

    Das Thema lautet Weltschachpräsident, Herr Kirsan Iljumschinow .

     

    Entführt von Außerirdischen

    Oligarch und Milliardär

    pers. Anschubfinanzierung des Verbands bei Amtsantritt

    Einreiseverbot USA (somit keine Sponsoren akquirierbar)

    Gegen Statuten zusätzliche Amtszeiten

    Sagen wir mal eine schillernde Persönlichkeit!

     

    Fazit: Dem bzw. die ihn gewählt haben mit Moralargumenten kommen?

    Entscheiden Sie selbst.

  • Man darf sich gerne über den Schachverband wegen den für Schachspielerinnen herrschenden Kleidervorschriften aufregen. Ja, für Geld und eine WM ist man bereit sich zu verkaufen und die westlichen Werte aufzugeben. Dem ist hinzuzufügen, dass in Saudi Arabien Menschenrechte grundsätzlich nicht zählen, ausländische Angestellte in sklavenähnlichen Umständen gehalten werden, ein Rechtssystem im Stile des IS gilt, weltweit radikales islamisches Gedankengut unterstützt wird und das Land seit Jahren einen unerbittlichen Krieg gegen Jemen führt. Wer prostituiert sich noch ausser dem Weltschachverband? Die ganze westliche Welt mit ihren hochgelobten Wertvorstellungen! Sie macht mit den Saudis Geschäfte, verkauft ihnen Waffen, profitiert vom Öl und macht sich gewissenlos zur Mittäterin. Das ist die alltägliche Prostitution des "zivilisierten" Westens, die zahlreichen Menschen das Leben kostet. Das erzwungene Tragen der Abaya für die Schachspielerinnen ist zwar eine Einschränkung der persönlichen Freiheit, aber die Folgen für die Spielerinnen halten sich in Grenzen. Das Lamentieren über Verschleierung kommt mir angesichts der herrschenden Realitäten schon etwas weltfremd vor.

    • @ecox lucius:

      !

      Ja, das ist die größte Schwäche "des Westens" und das macht uns auch von Russland bis Irak bei den Menschen oft unglaubwürdig.

      An "fair" produzierten Computern , billig produzierter Markenklamotten und garantiert fair gepumpten Öl in Dieselmotoren.....

      Hauptsache bequemer Konsum bzw. wer ist das der Zuhälter und wer verkauft hier was?