Kommentar Saskia Ludwig: Ich gegen alle
Die CDU-Fraktion in Brandenburg hat ihre Chefin Saskia Ludwig weggeputscht. Der Fall verdeutlicht, warum Merkels Macht in der Union ungefährdet ist.
D ie Selbstdemontage der Konservativen in der CDU geht weiter. Kürzlich scheiterte der konservative „Berliner Kreis“ an dem überschaubaren Vorhaben, ein Grundsatzpapier zu verfassen. Nun hat die CDU-Fraktion in Brandenburg ihre rechtskonservative Chefin Saskia Ludwig weggeputscht – das war der Griff zur Notbremse.
Denn mit Ludwig waren die Christdemokraten in Potsdam auf dem Weg ins selbstgewählte Exil, umringt von lauter Feinden. Die teuflische rot-rote Landesregierung gehört sowieso dazu, aber, laut der Exfraktionschefin, auch die Medien, die sich willig von der SPD steuern lassen würden. Verschwörung überall.
Die Liste der Feinde, von denen sich Ludwig attackiert sah, geht aber noch weiter. Auch „Feierabendkonservative“, die es an ordnungsgemäßer Moral im Kampf gegen Kommunisten und Sozialisten mangeln ließen, zählen dazu. Wer so starr ideologisch fixiert ist, scheitert gerade in der alltagspraktisch ausgerichteten Landespolitik. Ludwigs Text in dem Rechtsaußen-Blatt Junge Freiheit ist daher nicht der Grund für ihren Sturz, nur der Anlass.
ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.
Die Heldenerzählung, dass der bösartige linksliberale Mainstream hier mal wieder eine aufrechte, meinungsfreudige Konservative zu Fall brachte, ist eben das: eine Fiktion. Ludwig ist gescheitert, weil die CDU in Potsdam mit diesem aggressiven Reißbrett-Weltbild keine Chance hat, je wieder mit der SPD zu koalieren. Und auch in der Opposition ist die CDU isoliert. Ein mögliches Jamaika-Bündnis ist für die Grünen mit Weltanschauungskriegern ausgeschlossen. Antikommistische Kampfparolen sind gegen die bis zur Konturlosigkeit unauffällig regierende rot-rote Regierung ein unbrauchbares Mittel. Und „Ich gegen alle“ ist kein Ausweis konservativer Tugend.
Der Fall Ludwig ist ein Symbol. Er verdeutlicht, warum Merkels Macht in der Union ungefährdet ist. Es ist nicht so, dass die Kanzlerin ihre konservativen Kritiker trickreich ausmanövriert. Das besorgen die schon ganz alleine.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben