Kommentar SPD und Wahl im Saarland: In der Wohlstandsklemme
Die Sozialdemokratie kann nicht nach links und in die Mitte gleichzeitig erfolgreich Wahlkampf machen – dafür sorgt die deutsche Vermögensschere.
D ieses Ergebnis muss der SPD Kopfzerbrechen bereiten. Ausgerechnet im Saarland, einem der strukturschwächsten, ärmsten Bundesländer ist der Schulz-Effekt weitgehend verpufft. Das mag zum Teil an Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer liegen, die einen Merkel-ähnlichen Stil ohne große Konfrontation pflegt. Aber ausschließlich mit Personalfragen ist das Ergebnis nicht zu erklären.
Die Sozialdemokraten haben eine sozial und politisch gespaltene Wählerschaft wie keine andere Partei. Ihre eigenen Reformen haben diese Spaltung vertieft: Während etwa die Renten unter Rot-Grün gesenkt wurden, blieben die üppigeren Pensionen für Beamte nahezu unangetastet. Deshalb löst ein Gerechtigkeitswahlkampf bei dem einen Teil der potenziellen Wähler Begeisterung aus – und Befürchtungen bei dem anderen.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, weist gerne auf die wachsende Vermögensungleichheit in Deutschland hin. 40 Prozent der Deutschen hätten gar kein eigenes Vermögen. Für Sozialdemokraten (und auch ein Rot-Rot-Grünes Bündnis) wäre es einfacher, wären es 60 oder 20 Prozent. Die potenziellen Wähler wären dann mehrheitlich entweder unzufriedener oder zufriedener, beides würde eine Mobilisierung einfacher machen.
Deshalb trifft es auch nicht zu, dass Martin Schulz nur präzisere Forderungen als bisher erheben müsste, wie Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch am Wahlabend forderte. Für diejenigen, die es radikaler lieben, stand im Saarland schon die Linkspartei zur Verfügung. Dennoch hat es nicht für Rot-Rot gereicht.
Die SPD wird nun noch kräftig an ihrem Wahlprogramm herumschrauben, um die politische Mitte nicht zu verprellen. Ob es nutzt? Die Union hat jetzt ihr erstes Gegengift zum Schulz-Effekt gefunden: die Angst vor einer Regierungsbeteiligung der Linkspartei zu schüren. Der Wahlkampf dürfte noch lang und schmutzig werden.
Empfohlener externer Inhalt
.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung