Kommentar SPD-Streit um TTIP: Gabriel und die Stinkbombe
Egal wie sich Sigmar Gabriel zum Freihandelsabkommen positioniert, er wird sich unbeliebt machen. Das Thema ist ein politische „Stinkbombe“.
![](https://taz.de/picture/80519/14/Sigmar_Gabriel_Stinkbombe.jpg)
Es gibt Themen, die sind wie Stinkbomben für Spitzenpolitiker. Es bleibt ein unangenehmer Geruch hängen – egal, wie man sich entscheidet. Für SPD-Chef Sigmar Gabriel sind die Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada längst zu einem Stinkbombenthema geworden.
Eigentlich ist klar, dass Gabriel den Freihandelsabkommen nicht zustimmen darf. Das Risiko ist zu hoch – für Deutschland und für die SPD. Die Abkommen enthalten nämlich einen „Investorenschutz“: Ausländische Unternehmen können gegen einen Staat klagen, wann immer sie das Gefühl haben, dass ihre Profite gemindert werden. Dann entscheidet ein privates Schiedsgericht, das aus nur drei Anwälten besteht.
Schon diese Paralleljustiz für Großkonzerne ist bedenklich. Doch zum unkontrollierbaren Risiko wird sie, weil die Freihandelsabkommen einen eigenartigen Begriff von Eigentum und „Enteignung“ vorsehen. Es reicht bereits, dass die „legitimen Erwartungen“ eines Investors enttäuscht werden, damit er Schadensersatz fordern kann. Dieser Gummibegriff ist so vage, dass ständig Millionen- oder gar Milliardenklagen drohen könnten.
Er will nicht der Störenfried sein
Gabriel scheut den Konflikt mit Kanzlerin Merkel und seinen EU-Kollegen, weil er nicht der Störenfried sein will. Zudem hätte er von dem Streit nichts. Falls die Freihandelsabkommen gestoppt werden, würde der Sieg nämlich nicht der SPD zugerechnet, sondern Aktivisten wie Attac.
Kurzfristig denkt Gabriel taktisch richtig – und liegt langfristig trotzdem taktisch falsch. Wenn er jetzt dem Investorenschutz zustimmt, reicht eine einzige erfolgreiche Milliardenklage, um die SPD bleibend bei den Wählern zu diskreditieren. Es geht nicht darum, einen Sieg einzufahren, sondern Schaden von der Partei abzuwenden. Gabriel muss jetzt die Stinkbombe schleudern.
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