piwik no script img

Kommentar SPD-Politiker HartmannVorsicht vor schnellen Urteilen

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Nach dem Fall Christian Wulff wäre es angebracht, Indizien nicht als Fakten zu inszenieren. Auch für Michael Hartmann gilt die Unschuldsvermutung.

Wenn Medien als Rechercheur, Ankläger, Richter und Kommentator des Urteils auftreten, sehen Politiker schnell so lächerlich aus wie Karnevalsprinzen. Bild: dpa

W ir wissen nicht, ob der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann harte Drogen gekauft hat. Er ist als SPD-Vertreter im Parlamentarischen Kontrollgremium und als innenpolitischer Sprecher der Fraktion zurückgetreten. Und für Medien nicht erreichbar.

Das addiert sich im flüchtigen Blick schnell zu einem Schuldeingeständnis: Wäre seine Immunität aufgehoben worden, wenn keine gravierenden, plausiblen Vorwürfe vorliegen? Wäre er unschuldig, warum tritt er zurück? Warum versteckt er sich?

Die Vermutung, dass etwas dran sein muss, speist sich aus der Erfahrung mit der Dramaturgie solcher Affären. Aber die kann zu falschen Schlüssen verleiten. Wenn sich die Logik des Rechts und die der Medien kreuzen, kommt es mitunter zu Kurzschlüssen, gerade wenn es um Politiker geht.

Exemplarisch konnte man dies beim Fall von Exbundespräsident Wulff beobachten. Der Verdacht, dass Wulff bestechlich sein sollte, verwandelte sich durch schiere Wiederholung zwar nicht in eine Tatsache, aber doch in etwas, das man als wahrscheinlich annahm. Der letzte Beweis, hieß es, fehle zwar noch, aber politisch sei Wulff sowieso unhaltbar geworden.

Doch der letzte Beweis existierte nicht. Wenn Medien als Rechercheur, Ankläger, Richter und Kommentator des Urteils auftreten, dann hat das etwas von Hybris. Nach Wulff ist es angebracht, Indizien nicht stillschweigend als Fakten zu inszenieren. Und insgesamt den Ton herunterzupegeln.

Dass Michael Hartmann seine Ämter in der Fraktion aufgibt (und Parlamentarier bleibt), muss kein Schuldeingeständnis sein. Es kann der Versuch sein, die Angriffsfläche zu verkleinern. Die SPD fordert, dass der Fall „schnell und umfassend“ aufgeklärt wird. Das ist ein frommer Wunsch: „schnell“ folgt der Medienlogik, „umfassend“ der Rechtslogik.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Na, Herr Reinecke, wenn Sie wirklich das meinen würden, was Sie schreiben, dann hätten Sie es gar nicht schreiben dürfen. Die Fälle Hartmann und Wulff sind überhaupt nicht vergleichbar. Wulff ist naturbreit.

  • Und was nach Wulff bleibt ist ein Waffensegnenter Pfaffe als Präsident.

    Danke Liebe Grüne Kriegstreiber und Euch Liebe Medien