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Kommentar SPD-EnergiepolitikEnergiewende in akuter Gefahr

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Mit der Kohle-Freundin Hannelore Kraft als Energie-Verhandlungsführerin gefährdet die SPD eine fortschrittliche Politik. Und sich selbst.

An der Seite der Energie-Industrie fühlt sie sich am wohlsten: SPD-Frau Hannelore Kraft. Bild: dpa

D as waren noch Zeiten. In den 90er Jahren gehörte die SPD beim Thema Energie zur Speerspitze des Fortschritts. Die gesetzlichen Grundlagen für die erfolgreiche Energiewende sind eng mit dem verstorbenen Visionär Hermann Scheer verbunden. Und auch vor zehn Jahren hat sich Sigmar Gabriel als Umweltminister zumindest noch bemüht, in der Großen Koalition die erneuerbaren Energien gegen die Atomfreunde der Union zu verteidigen.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet: Jetzt sind es rückwärtsgewandte Kohle-Freunde, die in Sachen Energiepolitik in der Partei den Ton angeben. Schon im Wahlkampf präsentierte sich die SPD eher als Schutzpatronin von Industrie und Kohle denn als Vorkämpferin für die Energiewende.

Und in den Koalitionsverhandlungen soll nun mit Hannelore Kraft jene Frau die Verantwortung für das Thema Energie übernehmen, die treu an der Seite der großen Energiekonzerne steht: Die von Kraft geführte rot-grüne Regierung in Nordrhein-Westfalen setzt auf neue Braunkohle-Tagebaue und Kohlekraftwerke, verteidigt ungerechtfertigte Industriesubventionen bei der Ökostromumlage und fordert, den Ausbau von Ökostrom zu drosseln.

Fortschrittliche Energiepolitiker haben in der SPD nicht mehr viel zu melden. Dem kohlekritischen SPD-Experten Ulrich Kelber – immerhin stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion – war in NRW ein sicherer Listenplatz verweigert worden. Andere halten sich aus Sorge vor Repressionen mit Kritik lieber ganz zurück.

Durchmarsch des Kohleflügels

Dieser Durchmarsch des Kohleflügels bringt die Energiewende in akute Gefahr. Der bisherige Bundesumweltminister Peter Altmaier, der die Verhandlungen für die CDU führen wird, präsentiert sich zwar als aufrechter Verteidiger des Projekts, doch auch in seiner Partei gibt es einen starken Wirtschaftsflügel, der die Energiewende lieber heute als morgen stoppen würde. Wie dieser Machtkampf ausgeht, ist offen.

Eine Gefahr ist der rückwärtsgewandte Kurs aber auch für die SPD selbst. Alle Fakten sprechen für einen schnellen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle und für eine stärkere Beteiligung der Industrie an den Kosten der Energiewende.

In diesem Punkt können die Sozialdemokraten von den Erfahrungen der Union mit der AKW-Laufzeitverlängerung lernen: Eine Politik, die aus Rücksicht auf starke Lobbys die öffentliche Meinung ignoriert, hat keine Zukunft.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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21 Kommentare

 / 
  • G
    gast

    ich will günstigen strom und arbeitsplätze - ende gelände.

     

    was ich nicht will sind grüne spinner, die von ihrem dicken erbe oder ihrer staatsalimentierung leben und den gutmenschen rauskehren.

     

    ringsherum bauen alle atomkraftwerke und fördern auch noch die allerletzte gallone und wir spielen "am teutschen grünen wesen soll die welt genesen"

     

    selten so einen blödsinn gelesen

     

    der liebe studierte politbiologenautor sollte sich mal mit dem begriff first mover disadvantage beschäftigen

  • B
    Börge

    "Alle Fakten sprechen für einen schnellen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle und für eine stärkere Beteiligung der Industrie an den Kosten der Energiewende."

    Ich kenne vor allem einen Fakt, der dafür spricht:

    Nämlich dass Grünen, Greenpeace und Solarlobbys mit dem Atomausstieg die Geschäftsgrundlage für ihre Technik- und Umwelthysterie abhanden zu kommen droht oder schon abhanden gekommen ist.

    Da muss dann schnell ein neues böses Monster her, mit dem sich vortrefflich Angst schüren lässt.

    Jetzt also die böse Kohle, die uns mit CO2 vergiftet.

    Bin mal gespannt, was den Damen und Herren anschließend einfällt, wenn man auch diesen Industriezweig mitsamt Arbeitsplätzen erfolgreich zerstört hat.

    Vielleicht wendet man sich dann den Gaskraftwerken zu.

    Die sind irgendwie auch böse.

  • wenn die SPD dazu beiträgt, dass der strompreis wieder bezahlbar wird (ich meine für normale menschen und nicht für grüne beamtenspieser in ihre passiv-häuser) und die umverteilung von unten (mieter, arbeiter, angestellte) nach oben (reiche bonzen mit öko-anlagen als kapitalanlage) gestoppt wird, wird sie wieder für mich wählbar.

     

    wir haben mittlerweile fast den teuersten industriestrom und den teuersten haushaltstrom europas und dieser fehler muss korrigiert werden.

     

    deutsche machen 1% der weltbevölkerung aus und wir sollten was umweltschutz angeht an das machbare denken und und nicht selbst zerfleischen. wir sollten was "umweltschutz" angeht nur soweit gehen, wie der rest der welt und nicht päpstlicher als der papst sein.

  • "Eine Gefahr ist der rückwärtsgewandte Kurs aber auch für die SPD selbst. Alle Fakten sprechen für einen schnellen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle und für eine stärkere Beteiligung der Industrie an den Kosten der Energiewende. "

     

    Achja, welche Fakten denn? Darauf kommt man wenn man eine seit Kopenhagen eh gekippte internationale CO2 Reduzierung erträumt, dem Strompreis für irrelevant hält und die Industrielle Basis Deutschlands für aniquiert. Wir haben in der EU ein Cap&Trade beschlossen, keine andere Region der Welt hat das. Haben die die weiter mit den CO2 reduzierungen machen wollen, ohne den rest der Welt mitzuverpflichten den Schuss nicht gehört? Mit den Fracking USA haben wir jetzt bei Stromkosten einen Konkurrenten der neben geringen Stromkosten wie China, auch über Know-How verfügt. Der Autor sollte etwas ausgewogener denken und sich nicht nur im pseudoaltruistischen CO2 Reduziere verirren, wenn es doch ohne globale Koordinierung eh nicht dazu kommt. Würde die der Rest der Welt einigermaßen mitmachen, dann wäre ich ja dabei. Aber so retten wir weder das Klima und setzten unsere Industrie vor stärkeren belastungen, da da draußen die Strompreise gering sind.

    Die nichtexportorientierte Industrie zu beteiligen als Konsumentenentlastung vorzugaukeln ist nebenbei glatte Lüge. Wer ist denn der Kunde der nichtexportorientierten Industrie? Ich vermute das ist der gleiche wie der Stromkunde.

  • O
    olli36

    Kein anderes Bundesland erleidet so negative Auswirkungen der Energiewende wie NRW. In keinem anderen Bundesland sind so viele Jobs gefährdet wie in NRW, zehntausende Jobs bei RWE, Eon, Stahlindustrie (das größte Stahlwerk der Welt steht in Duisburg mit alleine 14.000 Beschäftigten), Opel, Siemens, usw. Alleine an der Braunkohle hängen in NRW 35.000 Arbeitsplätze. NRW ist jetzt schon das einzige Bundesland, in dem die Langzeitarbeitslosigkeit seit 2005 gestiegen ist. Was soll Frau Kraft also machen??? Tatenlos zusehen, wie alles den Bach heruntergeht?

  • Die SPD ist in Gefahr wenn der Strompreis weiter steigt. Wie hoch der CO2 Ausstoß ist, das dürfte die SPD kaum tangieren.

    • G
      Gast
      @Tim Leuther:

      Ach ist der Co2 Ausstoß durch die Energewende gesunken? Ist ja ganz was neues.

  • A
    Anastasia

    Natürlich soll sich die Politik nicht den Lobbyisten (Mafia) beugen. Das ist der Sinn von Politik.

     

    Allerdings wird von hoher Seite viel Fortschritt auch ausgebremst. In unserer hochgradig korrupten Welt habe ich ein schlechtes Gefühl, den großen Firmen Staatsgelder für einen sogeannten "Umschwung" oder eine sogenannte "Wende" zu geben.

     

    Andere Länger (zb Indien) nutzen schon Technologien wie Freie Engergy und Forscher hierzu werden im Westen unterdrückt. Warum wohl?

  • Mensch! Da interessiert mich schon der ganze Text nicht mehr, wenn ich so ein Foto sehe.

     

    Was soll das? Hat die Dame in der Grube angeheuert? Es verhöhnt die dort arbeitenden Menschen.

     

    Zudem "saubere Weste" - IgiTT

    • @Anton Pree:

      Wenn ein Grüner bei einem Windratunternehmen von einem Parteifreund vorbeischaut, dann ist das natürlich vorausschauendes Interlektuelles, menschlich wertvolles Handeln.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Anton Pree:

      Auf der Jacke steht "VISITOR"...

    • B
      Besucher
      @Anton Pree:

      Auf ihrem Anzug stewht deutlich sichtbar "Visitor"

  • Segnungen der "Energiewende" in Rheinland-Pfalz. Siehe Frontal21, ab Minute 26:04 wird es interessant. http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/1829656#/beitrag/video/2011518/Frontal21-Sendung-vom-22-Oktober-2013

    • @Peter_S.:

      Nerven Sie nicht mit Fakten. Wir wollen weiter träumen.

      • @Tim Leuther:

        Ich bestreue mein Haupt mit Braunkohlenflugasche.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Kraft und Altmeier werden sicher schnell einig, wenn's um das Ausbremsen der Energiewende geht: 4 Jahre Stillstand - fertig.

  • P
    PBR

    100% erneuerbare Energien sind reine Fiktion. Statt Atomstrom gibt es jetzt nunmal mehr krebserregenden Kohlestrom und Gas (In Zukunft auch durch Fracking in De.)

     

    Wenn alles genau nach Grünen Plänen gelaufen wäre hätten wir natürlich jetzt schon 100% reg. Energien...

    • @PBR:

      Doch leider kam es anders. Mit den Grünen hat da allerdings nichts zu tun, mehr mit dem gesundem Menschenverstand.

      100 % reg. Energie wäre auch heute schon möglich. Nur- die Andern zahlen besser.

  • Reden Sie von der Zeit, als Schröder noch als "Linker" innerhalb der SPD galt? Sie scheinen mir einen allzu verklärten Blick auf diesen Teil der Parteigeschichte zu pflegen. Gewiss, es gab Hermann Scheer, aber der war selbst damals schon ein Fremdkörper in dieser Partei, er war schlicht und einfach zu ehrlich und anständig für den Laden.

    • @HP Remmler:

      Nichts ist so links wie billiger Strom. Das versteht man vielleicht auch irgendwann in Prenzelberg. Und die die nicht in Prenzelberg sind, und mit Spaß arm sind: Die meißten sind es nicht. Die meißten wollen billiges Fleisch und billigen Strom.

  • F
    Üfchen

    Na,wenn das die Grünen in NRW zulassen, sind diese keinen Deut besser als die SPD. Die regieren doch angeblich mit.