Kommentar Russland und Iran für Assad: Im Stich gelassen
Die russische Luftwaffe startet ihre Angriffe gegen die Gegner des Assad-Regimes nun von iranischem Boden aus. Ein Bündnis mit Folgen.
N ur Russland schätze die Situation in Syrien realistisch ein, meinte der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani, und Teherans Kooperation mit Moskau diene nur einem Ziel: Die Gefahren des sogenannten Islamischen Staats (IS) einzudämmen. Wie weit diese Zusammenarbeit inzwischen geht, war der konservative Vorsitzende des „Madschlis“ nicht bereit zu sagen. Aber Moskau hatte gerade offiziell verkündet, russische Bomber starteten zu ihren Angriffen auf den IS nun von Hamadan im Nordwest-Iran und dies bedeute eine beträchtliche Erhöhung der Einsatzfähigkeit der Flugzeuge.
Während die russischen Maschinen über das Grabmal des weltberühmten und 1037 in Hamadan gestorbenen Universalgelehrten Avicenna (Arabisch: Ibn Sina) hinweg starten und Kurs nach Westen nehmen, gehen die Meinungen weit auseinander, was dies politisch, militärisch und strategisch bedeutet – für Syrien, die Region und darüber hinaus. Einig scheint man sich nur darin, dass die offene Kooperation zwischen Teheran und Moskau den Entwicklungen in der Region eine neue Qualität verleiht.
Ihr Kampf richtete sich bisher aber weniger gegen den IS, sondern viel mehr gegen andere Oppositionsgruppen, die von Präsident Assad pauschal als Terroristen bezeichnet und mit äußerster Härte verfolgt werden. Mit katastrophalen Folgen für die Bevölkerung, besonders in Aleppo. Die Zusage Moskaus regelmäßiger Waffenruhen zur Versorgung der Zivilisten wurden nicht eingehalten, ähnliche Appelle der UNO ebenso wenig. Die Welt sah tatenlos zu. US-Außenminister Kerry diskutierte mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow die Wiederaufnahme der Friedensbemühungen, Ergebnisse wurden aber nicht bekannt. Und die Europäer schwiegen, mit Ausnahme von Bundesaußenminister Steinmeier, dessen Forderung nach einer Luftbrücke zur Versorgung der Zivilisten in Aleppo selbst von diesen als nicht praktikabel betrachtet wurde.
Von der Welt im Stich gelassen kam es zu einem neuen Bündnis der Assad-Gegner: Unter der Führung der al-Qaida-nahen Al-Nusra-Front bildete sich Dschabhat Fatah asch-Scham (Front zur Eroberung Syriens), und diese wird offenbar von Saudi-Arabien und der Muslimbruderschaft unterstützt. Statt also den IS weiter in die Enge zu treiben, wurden andere Islamisten gestärkt – und das auf Kosten der Bevölkerung von Aleppo.
Türkei ist unzufrieden
Sowohl Moskau als auch Teheran sind daran interessiert, Präsident Assad zumindest mittelfristig an der Macht zu halten. Die Russen, um ihre Rolle in der Region weiter auszubauen. Die Iraner, um die engen Beziehungen zur libanesischen Hisbollah zu bewahren – was ohne das alawitische Assad-Regime in Damaskus kaum möglich wäre. Beide wollen offenbar dem Westen zeigen, dass man auf ihn nicht angewiesen ist. Der Iran, weil das vor einem Jahr geschlossene Atomabkommen bisher nicht die erhofften Ergebnisse gebracht hat, und Russland, weil es vom Westen mit Sanktionen belegt ist.
Bleibt der dritte „Unzufriedene“ in der Region: die Türkei. Nach ihrer Aussöhnung mit Russland sehen sie manche als nächsten Partner im Bündnis Iran/Russland. Und in der Tat: Ankara könnte bei einem Ende des Kriegs in Syrien Flüchtlinge zurückschicken und sein Problem mit der EU reduzieren. Es müsste dafür aber grundlegende Kursänderungen vornehmen, die nicht wirklich zu erwarten sind: So müsste es sich mit dem Verbleib Baschar al-Assads abfinden und würde damit seine sunnitischen Freunde in der Region düpieren.
Ebenso wenig dürfte die Nato es goutieren, wenn das Mitglied Türkei in solch einem Bündnis mitmachte. Zumal die USA und Verbündete vom türkischen İncirlik Angriffe auf den IS fliegen. Aber İncirlik ist nicht Hamadan und wird es auch nicht ersetzen. Sonst wären die Russen nicht dabei, eine bisher von ihnen benutzte syrische Luftwaffenbasis auszubauen.
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