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Kommentar Referendum in IrlandEin Kampf für die Freiheit aller

Dinah Riese
Kommentar von Dinah Riese

Der Kampf für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist nicht nur einer für ungewollt Schwangere – sondern einer für die Freiheit aller.

Mit einem „Ja“ beim Referendum für die Selbstbestimmung Foto: dpa

W ie auch immer das Referendum in Irland am Freitag ausgeht – es wird groß. Es wird entweder ein großer Sieg für den weltweiten Kampf um Selbstbestimmung. Oder es wird eine große Katastrophe, die diesen Kampf um Jahre zurückwirft.

„Die Grundlage aller Freiheit ist die Selbstbestimmung über den eigenen Körper und alles, was darin ist. Das Gegenteil ist der Zustand eines Sklaven.“ Diese Worte stammen von der norwegischen Feministin Katti Anker Møller. Bis heute hat, was sie 1915 gesagt hat, nichts von seiner Gültigkeit verloren.

Man mag es kaum glauben, aber mitten in Europa starb 2012 eine Frau an einer Blutvergiftung, weil die Ärzte einen nicht lebensfähigen Fötus nicht entfernen wollten. Mitten in Europa wurde 2014 eine Frau im Hungerstreik durch Zwangsernährung und Zwangskaiserschnitt zur Geburt gezwungen. In Irland. Es sind solche Geschichten, die einen kaum glauben lassen, dass wir im 21. Jahrhundert leben.

Genau deshalb ist der Kampf für das Recht auf selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch nicht nur einer für ungewollt Schwangere – sondern einer für die Freiheit.

Große Entschlossenheit auf beiden Seiten

Man muss nicht mal in Länder wie Argentinien schauen, in denen Frauen selbst für Fehlgeburten jahrelang ins Gefängnis müssen. Obwohl die meisten europäischen Länder ihre Gesetze liberalisiert haben, liegen die Tage, in denen Frauen auch hier an den Folgen illegaler Abbrüche starben, noch nicht lange zurück. Und vor allem sind sie noch lange nicht für immer verbannt.

In Polen versucht die Regierung, den ohnehin restriktiven Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen weiter zu erschweren. In Italien ist das Gesetz liberal, aber sehr viele Ärzte verweigern sich – wie übrigens auch in Deutschland. Hier kämpft die Union dafür, dass Frauen nicht öffentlich darüber informiert werden dürfen, an welche Ärztin sie sich wenden können. Und US-Präsident Trump streicht Einrichtungen, die Aborte durchführen, staatliche Mittel.

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Zeitleiste Abtreibungsverbot in Irland

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Es ist eines der letzten großen Schlachtfelder der Reaktion. Frauen dürfen heute arbeiten, heiraten, wen sie wollen, und sich scheiden lassen. Umso größer ist die Entschlossenheit, mit der Menschen weltweit um reproduktive Rechte ringen – und zwar auf beiden Seiten.

Versammelt unter dem Hashtag #HomeToVote reisen junge Irinnen und Iren aus aller Welt nach Hause. Sie wollen ihren Beitrag leisten zu einer Welt, in der alle Menschen frei und gleichberechtigt sind. Für diese Welt gibt es am 25. Mai nur eine Antwort: Weg mit dem Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen.

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Dinah Riese
Ressortleiterin Inland
leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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11 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Der Kampf für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist nicht nur einer für ungewollt Schwangere – sondern einer für die Freiheit aller."

     

    Aus rein pragmatischen Gründen ist die legale Abtreibung (und somit ihm Rahmen von bestimmten Regeln, Vorschriften und Bedingugen) für die Gesellschaft und das Individuum das kleinere Übel. Aber es als "Freiheit" gearde zu zu feiern ist pietätlos.

  • Da ein Kind regelmäßig neben einer Mutter auch einen Vater hat, wie soll man sich ein gerechtes Recht auf Abtreibung vorstellen? Nur Frau? Beide? Geht auch nur der Mann dafür (keine Lust ein Kind aufzuziehen) gegen den Willen der (Ehe)Frau?

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @agerwiese:

      Raten Sie welche Rolle dem Mann heute noch bleibt: Zahlemann und Söhne...

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @agerwiese:

      ...solange Männer keine Gebärmutter haben, hat allein die Frau ein Recht auf Abtreibung.

  • [Freiheit ist immer an Verantwortung gekoppelt, ist immer auch Freiheit des Anderen.]

     

    Frauen haben NICHT mehr Verantwortung zu tragen als andere Menschen.

     

    Zumal Männer erst einmal dieselbe reproduktive Eigenverantwortung wahrnehmen sollten = sich für die Entwicklung hormoneller Kontrazeptiva für ihre Geschlechtsgenossen einsetzen -> Damit beide (b - e - i - d - e) gleichermaßen ihren Beitrag zur Verhütung ungewollter Schwangerschaften leisten.

  • [Was aber ist, wenn das, was „darin ist“ in der Frau, auch einen Körper hat und (eigentlich) kein Sklave ist?]

     

    Dann muss ein Kompromiss her. Der lautet: Legaler Schwangerschaftsabbruch binnen 12-Wochenfrist & freier Zugang zu allen Informationen

  • Naturbelassen, bio, ist's aber nicht, Kinder abzutreiben. Und warum soll ein Fötus kein Recht auf seinen Körper und auf Freiheit haben?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Grmpf:

      ...was ist ein Fötus ohne die Frau? Nix.

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @81331 (Profil gelöscht):

        "...was ist ein Fötus ohne die Frau? Nix."

         

        Daraus könnte man aber auch den Schluss ziehen, dass gerade dehalb der Fötus einen besonderen Schutz genießen muss...

         

        Ein Argument FÜR Abtreibung ist es jedenfalls nicht. Vielleicht auch nicht GEGEN, aber sicher eben auch nicht DAFÜR.

  • Na super! Ohne Skandal geht es mal wieder nicht. Großer Triumph oder doch große Katastrophe? Lesen Sie taz, dann werden sie‘s gewiss erfahren!

     

    Ist denn die Sache nicht schon schlimm genug? Frauen sind schwanger ohne es zu wollen. Kinder sind unerwünscht. Vertrauen fehlt genau so wie Verantwortung und Bildung fehlen. Alle sind heillos überfordert und entsprechend aggressiv. Wem also bringt es was, die Sache weiter hochzukochen? Doch allenfalls den Leit(medien)wölfen.

     

    Ein Referendum ist ein Referendum, weiter nichts. Es ist nicht Ziel und auch nicht Quelle. Es ist ein Meilenstein auf einem Weg.

     

    Man nennt es Entwicklung, wenn Menschen was dazu lernen im Lauf der Zeit. Weil sie beobachten, weil sie sich etwas dabei denken, weil sie mit andren Menschen reden über ihre Wahrnehmung. Demokratie ist weniger ein Zustand als sie ein Prozess ist. Mitunter ist dieser Prozess anstrengend. Mitunter kommt er beinahe ins Stocken. Mitunter läuft er scheinbar wie von selbst und manchmal läuft er auch retour. Nur eins war Demokratie nie: perfekt und so was wie ein Himmelreich.

     

    „Die Grundlage aller Freiheit ist die Selbstbestimmung über den eigenen Körper“, wer wollte das bestreiten? Was aber ist, wenn das, was „darin ist“ in der Frau, auch einen Körper hat und (eigentlich) kein Sklave ist?

     

    Freiheit ist immer an Verantwortung gekoppelt, ist immer auch Freiheit des Anderen. So, wie man die Verantwortung für seinen eigenen Körper hat, hat man Verantwortung dafür, dass Andere ihre Verantwortung wahrnehmen können. Leben und leben lassen – beides markiert Grenzen menschlicher Freiheit.

     

    Einmal mehr geht es in diesem Kampf um eine Grenzziehung und um die Stellvertreterschaft. Wie sieht die Grenze aus? Wo soll sie liegen? Ungeborene können nicht selbst entscheiden über ihr Leben. Wer soll es also für sie tun? Etwa die Kirchen, wie im Mittelalter? Oder der Staat, wie in der Mordfrage? Oder die (Nicht-)Mutter? Oder die Wissenschaft?

     

    Es geht auch ohne Krieg, Leute. Aber nur mit Vernunft.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      "„Die Grundlage aller Freiheit ist die Selbstbestimmung über den eigenen Körper“, wer wollte das bestreiten?"

       

      Ich! Sonst stimme ich Ihnen aber vollauf zu.

       

      Grundlage aller Freiheit ist die Abwesenheit vor Angst um das tägliche Brot und um Leib und Leben, von wegen "erst das Fressen, dann die Moral".

       

      "Selbstbestimmung über den eigenen Körper", das hört sich für meine vielleicht überkritischen Ohren mehr wie ein Werbeslogan à la "Iss dich schlank" oder "Schönheit muss von innen kommen" an. Die Leut haben die Freiheit, ihren Körper durch Tätowierungen zu verunstalten, sich die Brüste und den Schwanz größer und den Bauch und den Arsch kleiner zu machen, aber sie bestimmen dennoch nur bedingt über ihr Aussehen und noch "bedingter" über ihre Gesundheit. Letztlich haben sie eine Verantwortung für beides, die sie annehmen oder ablehnen können.

       

      Ohne diese Verantwortung, die das werdende Leben einschließt, tönt das Gerede von Freiheit in meinen Ohren lediglich wie pures selbstbezogenes Geschwafel.