Kommentar Rechte von Fluggästen: Ohne Druck droht eine Bruchlandung
Das EU-Parlament befindet über Entschädigungen für Passagiere bei Flugverspätungen. Der Ministerrat könnte die Verbesserung wieder kassieren.
W er tut mehr für die Verbraucherrechte, die EU-Kommission oder das Europaparlament? Drei Monate vor der Europawahl ist eine Art Schönheitswettbewerb entbrannt. Bisher lag die Kommission mit ihrem populären Vorschlag zur Abschaffung der Roaming-Gebühren für Handys im Ausland vorn. Nun ziehen die EU-Abgeordneten mit mehr Rechten für Flugpassagiere nach.
Künftig sollen Reisende entschädigt werden, wenn ihr Flieger drei Stunden zu spät kommt. Die Kommission wollte erst ab fünf Stunden Verspätung einen Anspruch auf Entschädigung zulassen. Auf den ersten Blick ist dies eine deutliche Verbesserung. Bei Zugreisen gibt es bereits ab einer Stunde Verspätung Geld zurück.
Die Europaabgeordneten kommen den Verbrauchern zwar weiter entgegen als die Kommission, deren Vorschlag ein peinlicher Kniefall vor der Industrielobby war. Aber für Waffengleichheit zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern sorgen sie nicht, wie die Grünen zu Recht monieren. Im Flugzeug ist man immer noch Passagier zweiter Klasse, sobald es zu Problemen kommt.
Schließlich geht es nicht nur um die Definition von Ansprüchen, sondern auch um die Durchsetzung. Und da sieht es finster aus. Wer jemals versucht hat, von einer Airline entschädigt zu werden, kann ein Lied davon singen. Nach Schätzungen des Verkehrsausschusses im Europaparlament erhalten bisher nur zwei Prozent der Betroffenen tatsächlich Geld zurück – ein Skandal.
Ob sich daran etwas ändert, ist zweifelhaft. Der Vorschlag muss noch durch den Ministerrat. Und dort dürften die Vertreter der Airlines dafür sorgen, dass er weiter verwässert wird. Verhindern ließe sich dies nur durch eine Stärkung der Verbraucherrechte. Sonst droht noch eine Bruchlandung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich