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Kommentar Räumung von Rigaer94Und dann kommen Flüchtlinge

Malene Gürgen
Kommentar von Malene Gürgen

300 Polizisten räumen Teile des Berliner Hausprojekts Rigaer94. Laut Verwaltung soll die Fläche an Flüchtlinge gehen. Dahinter steckt eine zynische Strategie.

In der Rigaer Straße in der Nacht zum Donnerstag Foto: imago/Zuma Press

D reihundert PolizistInnen rückten am Mittwoch in Berlin-Frie­drichshain an, um der Hausverwaltung bei der Räumung der Erd­geschossräume des autonomen Haus­projekts Rigaer94 zu assistieren. Dass das Projekt dem Berliner Senat und vor allem CDU-Innensenator Frank Henkel ein Dorn im Auge ist, ist bekannt. Dass Henkel seinen Ruf als Innensenator, der sich vor allem durch die Anzahl seiner Dienstreisen ins Gespräch bringt, rechtzeitig vor der Berliner Wahl im September noch korrigieren möchte, ebenso.

Interessant aber ist die begleitende Erklärung der Hausverwaltung: Sie kündigt an, die Flächen würden anschließend an Flüchtlinge vermietet, mit „regulären Mietverträgen zu Konditionen des Berliner Mietspiegels“.

Die Strategie dahinter ist überdeutlich: Gegen die Unterbringung von Flüchtlingen können diese Linken ja wohl nicht sein, scheint das Kalkül, und wenn doch, verlieren sie damit den Rückhalt in der Bevölkerung, den es in Berlin noch auch über die autonome Szene hinaus gibt. Das Schlagwort Flüchtlinge wird hier als moralischer Blankoscheck benutzt – entlarvend, dass auch die Vermietung zu regulären Konditionen schon als eine so ungewöhnliche Tat angesehen wird, dass sie dafür herhalten kann.

Dass es völlig unmöglich ist, Wohnungen in dieser bis auf eben die Rigaer94 komplett durchgentrifizierten Gegend zu regulären Preisen an Asylbewerber zu vermieten, weil deren Miete nur in einer viel geringeren Höhe finanziert wird, wird dabei verschwiegen. Dass linke Hausprojekte wie auch die Rigaer94 einen großen Teil dazu beitragen, dass Flüchtlinge in Wohnungen statt Massenunterkünften wohnen können, ebenfalls.

Flüchtlinge und BewohnerInnen gegeneinander auszuspielen und sich so Legitimität für die Räumung zu erkaufen: ein zynisches Manöver. Allerdings so plump und durchschaubar umgesetzt, dass sich die Hausverwaltung damit kaum einen Gefallen getan haben dürfte.

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Malene Gürgen
Reportage und Recherche
Redakteurin im Ressort Reportage&Recherche | Jahrgang 1990 | Seit 2014 Redakteurin der taz, zunächst im Berlinressort | 2016-2020 schwerpunktmäßig Recherchen zur extremen Rechten, dazu 2019 "Angriff auf Europa" im Ch. Links Verlag erschienen (mit C. Jakob, P. Hecht, N. Horaczek, S. am Orde) | 2020-2022 als Produktentwicklerin verantwortlich für die Konzeption der wochentaz | 2022-2023 Redakteurin im Ressort Zukunft – Klima Wissen Utopien | Seit 2023 im Investigativteam der taz.
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8 Kommentare

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  • Ja, Flüchtlingen Raum bieten, so wie auf dem Gelände des "Schwarzen Kanals", wo 500 Flüchtlinge untergebracht werden sollten - auf einem 3000qm großen Gelände. Da gab es unteranderem desswegen Proteste, weil die Wagenburg das Gelände angeblich als "safe space" braucht.

    Ja ist blöd, wenn man plötzlich mit der eigenen Ideologie kollidiert.

  • Wenn man an die Gewalttaten nach der Räumung denkt, dann war es höchste Zeit. Diese Taten haben gezeigt, dass die Bewohner und ihre Sympathisanten dieses Haus wirklich nicht verdient haben. Es war schockierend und erschreckend, was passiert ist. Ich hoffe, dass die Polizei nun auch andere rechtsfreie Räume auflösen wird.

  • Es ist doch relativ einfach: Wenn es einen Räumungstitel gibt, kann geräumt werden. Mit welcher Legitimität besetzt ein linkes Hausprojekt ein Objekt, ohne Partei eines Mietvertrages zu sein?

  • Ist dieser Beitrag eine Satire oder tatsächlich ernst gemeint?

     

    Jede Community hat Ihren Beitrag dazu zu leisten, dass Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden und dabei die Zuweisung eines Flüchtlingskontingents zu akzeptieren. Auch die Rigaer94. Wenn denen die Zuweisung von Flüchtlingen nicht passt, soll das plötzlich die moralisch anständige Form der Fremdenfeindlichkeit sein??

     

    Wenn tatsächlich etwas an dieser an den Haaren herbeigezogenen Verschwörungstheorie über Innensenator Henkel was dran sein soll, klopft der sich nach diesem Artikel erst recht auf die Schenkel.

  • Typisches neoliberales Kalkül. Auch in diversen anderen Themenfeldern werden die Interessengruppen gerne mal gegeneinander ausgespielt: Jung vs. Alt, Arbeitslose vs. prekär Beschäftigte, Stadt- vs. Landbevölkerung usw.

  • erster Satz: *assistieren!

  • Stets das gleiche Spiel der Dividendenhaie und deren -hündischen- politischen Administration: Die profitable Kommerzialisierung von Wohnraum geht vor Solidarität und Gemeinwohl! Dafür werden auch noch die sozialen Interessen der NATO-Flucht- und IS-Vertreibungsopfer missbraucht!

    • @Reinhold Schramm:

      Dann stellen sie doch selber Wohnraum zur Verfügung. Ganz solidarisch können sie als Eigentümer auch komplett mierfreut wohnen lassen.

       

      Mach es besser ☺