Kommentar Proteste in Mazedonien: Erster Erfolg für die bunte Bewegung

Regierungschef Nikola Gruevski huldigt offen dem autoritären Prinzip Putins. Nun bekommt er Probleme. Und die EU ist endlich hellhörig geworden.

Demokratie kann Spaß machen: Demonstrantin in Skopje. Bild: ap

Das russische Außenministerium warnt vor einer „bunten Revolution“ in Mazedonien und trifft damit einen Punkt. In der Tat stehen sich zwei Prinzipien gegenüber.

Auf der einen Seite regiert das autoritäre Prinzip Putins, dem der Regierungschef Nikola Gruevski offen huldigt: Er hat versucht, die Medien gleichzuschalten, die Öffentlichkeit zu manipulieren, unangenehme Widersacher auszuschalten. Wahlbetrug und Anheizen nationalistischer Konflikte gehören genauso zu seinem Arsenal wie der Schulterschluss mit der orthodoxen Kirche und die Durchsetzung erzkonservativer Familien- und Gesellschaftsmodelle.

Auf der anderen Seite entwickelt sich nun endlich das demokratische Prinzip mit der Forderung nach freier Presse und Rechtsstaatlichkeit. Es manifestiert sich in einer nichtnationalistischen Bewegung, in der alle Volksgruppen ihren Platz haben. Zwar waren es nicht Hunderttausende, wohl aber Zehntausende Mazedonier, Albaner, Serben, Türken und Roma, die erstmals gemeinsam unter der Führung des Sozialdemokraten Zoran Zaev die Demokratisierung der Gesellschaft gefordert haben.

Die Regierung wird wegen der Kundgebung der Opposition nicht fallen. Und natürlich wird Gruevski mit seiner Medienmacht alles versuchen, um sie zu diskreditieren. Ganz nach der Sprachregelung Putins hat er sie schon als von ausländischen Geheimdiensten gesteuert dargestellt.

Aber: Endlich ist die EU hellhörig geworden. Die beiden Kontrahenten Zaev und Gruevski wurden nach Brüssel eingeladen. Die von Zaev vorgeschlagene Lösung des Konflikts, eine Regierung der Experten zu etablieren, die einige Reformen durchsetzt – wie die Pressefreiheit –, um dann faire Wahlen abzuhalten, stößt sicherlich auf Sympathien in Europa. Und auch der albanische Koalitionspartner in der Regierung muss sich (neu?) positionieren.

Damit hat die Opposition schon eines erreicht: Sie hat mit der bunten Bewegung eine Hürde für jene aufgebaut, die wie Milosevic vor Jahrzehnten in Serbien nationalistische Auseinandersetzungen zum eigenen Machterhalt nutzen wollen.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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