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Kommentar Präsidentenwahl ÖsterreichEin Wahlkampf zum Kotzen

Österreich muss erneut an die Urnen. Der Erfolg der FPÖ zeigt: Sie ist nicht Opfer von Wahlfälschern, sondern ein schlechter Verlierer.

Das wird nicht schön: Um jetzt noch eine Chance zu haben, muss FPÖ-Kandidat Hofer noch mehr polarisieren Foto: ap

Es hatte sich schon länger abgezeichnet, dass die Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl neu ausgetragen wird – denn zu hoch hat der Verfassungsgerichtshof in früheren richtungsweisenden Urteilen die Standards gelegt. Jetzt wird es also zur Wahlwiederholung kommen – Ende September, Anfang Oktober.

Die Ausgangslage ist diesmal aber für die FPÖ keine besonders Gute. Denn erstens hat Alexander van der Bellen bei der ersten Wahl gewonnen und muss jetzt keine emotionale Aufholjagd hinlegen. Zweitens ist es gut möglich, dass die Wählerinnen und Wähler der FPÖ die Schuld daran geben, dass sie noch einen Wahlkampf über sich ergehen lassen müssen. Die FPÖ hat die Wahl angefochten, Anhaltspunkte, dass manipuliert wurde, gibt es nicht.

Die Aufhebung erfolgte allein aufgrund von formaljuristischen Beweggründen. Die FPÖ wird es also schwer haben, das Image des schlechten Verlierers loszuwerden, der sich mit Tricks des Winkeladvokaten eine zweite Chance erschlich. Drittens und langfristig noch bedeutender: Die FPÖ hat mit ihrer Wahlanfechtung versucht, das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu untergraben.

Der Erfolg der Anfechtung kann sich jetzt als Pyrrhussieg erweisen: Denn der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass in Österreich Wahlen nicht manipuliert werden, und dass Wahlergebnisse sogar dann aufgehoben werden, wenn nur juristische Formfehler im Auszählungsprozess vorliegen. Damit ist die Strategie der FPÖ, sich als Opfer von Wahlfälschern darzustellen, wohl für lange Zeit zusammengebrochen.

Vor allem die Wahlbewegung aus der Zivilgesellschaft wird jetzt mit „Jetzt erst Recht“-Stimmung für van der Bellen Werbung machen: Mit dem Ziel, ein klareres Ergebnis einzufahren.

Das ist die positive Seite der Chose: Die negative Seite ist, dass jetzt ein mühsamer, polarisierender Wahlkampf noch einmal abgespult werden wird. Wenn es schlimm läuft: noch einmal TV-Konfrontationen, die niemand mehr sehen kann. Alexander van der Bellen muss sich noch einmal in emotionale Kämpferlaune bringen. Das wird nicht einfach.

Die FPÖ muss im Grunde noch mehr emotionalisieren und polarisieren, wenn sie doch noch einmal ins Spiel kommen und eine Mehrheit für Hofer zumindest möglich machen will. Nachdem die Bürger eigentlich froh waren, dass der im Stil unterirdische Präsidentenwahlkampf zu Ende ist, winkt nun ein Wahlkampf zum Kotzen.

Das wird nicht schön.

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16 Kommentare

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  • Wenn die Dinge nicht in Ordnung sind, steht es jedermann frei, vor Gericht zu ziehen und zu klagen.

     

    Das ist passiert. Und der Verfassungsgerichtshof hat entschieden. Also wird neu gewählt.

     

    Ich wünsche den Österreichern, dass sie den Hofer nicht als Präsidenten bekommen – einen, der einem Neonazi erschreckend nahekommt.

     

    Aber es liegt an ihnen selbst, den Österreichern, ob das nun passiert oder nicht.

     

    So ist das nun einmal in einer Demokratie.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Was noch?

     

    Die Wahl im Herbst wird wieder genauso knapp ausgehen. Die 50:50-Spaltung und die FPÖ-Sticheleien bleiben, egal, wer dann den hauchdünnen Vorsprung für sich reklamieren kann.

  • Soll der Hofer nur auf Öxit setzen, nach Brexit und anschließender Nebelauflösung dürfte das für ihn der Stolperstein werden. Ich glaube, seine Ausgangslage hat sich seit der letzten Wahl etwas verschlechtert.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @lions:

      " Ich glaube, seine [Hofers] Ausgangslage hat sich seit der letzten Wahl etwas verschlechtert."

      Das glaubt Herr Misik auch.

      Für mich hört sich 's an wie das Pfeifen im finsteren Walde.

  • Der "Standard" hat mal zusammengefasst, welche "Unregelmäßigkeiten" es z.T. gab:

     

    "Die Wahlkarten seien womöglich zu früh und ohne Zeugen ausgezählt worden, heißt es"

     

    "Ohne Zeugen!"

     

    So kann keine demokratische Wahl ablaufen!

     

    Der FPÖ daraufhin vorzuwerfen, "schlechte Verlierer" zu sein, ist meiner Meinung schlicht undemokratisch.

     

    derstandard.at/2000037619120/Fischer-hofft-auf-Rueckkehr-zu-demokratischen-Normalzustand

  • Ein wenig blauäugig das jetzt als Gewinn für ein gemäßigtes Österreich zu sehen Herr Misik.

     

    Die Methode der Populisten war schon immer ein Mit-genug-Dreck-werfen-bis-etwas-hängen-bleibt.

    Die Wähler der FPÖ werden sich wohl eher bestätigt sehen. Oder gehen Sie tatsächlich davon aus dass FPÖ Wähler überdurchschnittliche Stärken beim Erkennen von meinungsbildenden, rechtlichen und politischen Winkelzügen haben?

     

    Ich persönlich würde eher davon ausgehen dass stumpfe Dummheit und Sturheit die ausschlaggebenden Charaktereigenschaften ihrer FPÖ wählenden Landsleute ist Herr Misik.

     

    Ihr Land ist auf dem Weg in den Faschismus - Wunschdenken wird Sie nicht retten.

  • Hofer ist ein richtiges Deix-Gesicht.Leute wie Hofer waren Gegenstand seiner Bilder.Niemand lebt ewig,aber ausgerechnet ein Deix muss gehen und ein Hofer wird möglicherweise Präsident.Die Realität ist sowas von absurd.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Markus Müller:

      Sein Gegner gäbe aber auch keine ganz schlechte Vorlage ab, aber leider zu spät.

  • Geschätzter Robert Misik -

     

    Ja - Das ist zum Kotzen -

    Ja - Die FPÖler san schlechte Verlierer!

    Ja - ich hoffe - Sie liegen mit Ihren Prognosen richtig!

    Ja - mein Wiener Nachbar wäre beinahe verschieden wg des lange drohenden Ausgangs.

    Ja - das möcht ich nicht noch mal erleben - Na & er schon gar nicht!

     

    Schonn. Aber - daß der Verfassungsgerichtshof die

    Latte zu hoch gelegt hat?! -

    Sorry - aber was ich da lese - ist

    Bei Wahlen gesetzesvorgegebener

    Standard (nein - nicht die Zeitung;) -

    - um - ja - Manipulationen auszuschließen.

    Sie glauben nicht - wie findig anderenfalls da "nachgeholfen" würde! "Formaljuristisch" im pejorativen Sinne - is daran mit Verlaub gar nichts!

    Gilt in der Piefkei & anderwo

    Ebenso! & (by the way - mehrfach

    A petit "erfolgreich" angewandt!;)

    kurz - dumm gelaufen!

     

    (ps Hüftschuß - doch nicht Ihr Ding - odr¿!)

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Robert Misik tickt halt ösig - und hier noch einen Tick zu emotional.

       

      Ein hauchdünner Vorsprung zwingt ja schon fast zu den vorgebrachten Zweifeln, zumal "die Ösis" manches Formale nicht haarscharf genau zu nehmen pflegen.

      Mit dem Schmutz-Wahlkampf hat das alles herzlich wenig zu tun.

  • Ich halte es richtig und wichtig, dass die Wahl wiederholt wird. Nicht nur um das "Stigma der Untregelmäßigkeit" (Schmollo) loszuwerden, sondern auch um die formalen Kritirien durchzusetzen. Wäre die Wahl nicht gekippt worden, wäre das unter den Wahlhelfern (denen ich nichts Böses unterstellen will) als ein "weiter so" aufgefasst worden - und genau das darf nicht sein: Diese formalen Anforderungen an die Auszählung wurden ja nicht aus Spaß erfunden, sondern um Manipulationsmöglichkeiten so weit es geht auszuschließen.

    • @noreka:

      +1. Finde ich auch.

       

      Es ist zwar ziemlich nervig sich das ganze Prozedere noch mal zu geben, aber im großen und ganzen wird es wohl positiv für Österreich ausgehen. Es kann einfach nicht sein, dass bei mehr als 77.000 Stimmen Zweifel über den Ablauf der Wahl bestehen.

  • Wenn das auf einen ÖXIT hinausläuft: Könntet ihr, liebe Ösis, dann bitte die Bayern gleich mitnehmen? Danke im Voraus...

    • @HP Remmler:

      Ich bin waschechter Münchner und weder hinterwäldlerisch noch CSU-Wähler. Ich wehre mich sowohl entschieden dagegen, mit Österreich in einen Topf geworfen zu werden als auch gegen einen Bayexit

      • @drgjh:

        Derblecken - scho;)

         

        Aber dess österreichisch -

        Ahn waschechter bayrischer Dialekt is

        Dess wissens schonn¿!

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Besser eine Neuwahl als das Stigma, durch Unregelmäßigkeiten an die Macht gekommen zu sein.