Kommentar Polizeigewalt: Es kann jeden treffen
Erstatten Polizeiprügelopfer Anzeige, erfahren sie selten Gerechtigkeit. Es ist Zeit für eine unabhängige Beschwerdestelle.
N ein, die Polizisten von heute gehen nicht brutaler vor als die von früher. Die Fälle von exzessiver Polizeigewalt werden heute nur dank allgegenwärtiger Videoüberwachung und Handykameras überall immer häufiger dokumentiert. Sie sind öffentlicher geworden. Vielleicht ist die Gesellschaft aber auch sensibler geworden, denn, hey: Es kann schließlich jeden treffen. Jedenfalls haben Gewaltexzesse der Polizei in den vergangenen Monaten schon häufiger für Schlagzeilen gesorgt.
Die Polizisten, die jetzt auf dem Flughafen Köln/Bonn einen türkischen Familienvater bewusstlos geprügelt haben, haben sich trotzdem offenbar sehr sicher gefühlt – und das, obwohl sie von vielen Zuschauern und damit Zeugen umringt waren. Sie können aber ziemlich sicher sein, dass ihr Tun keine Konsequenzen für sie haben wird, denn gewalttätige Polizisten werden so gut wie nie zur Rechenschaft gezogen.
Denn wer als Opfer einer solchen Attacke eine Anzeige gegen gewalttätige Polizeibeamte erstattet, muss mit einer Gegenanzeige wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ rechnen. Die Staatsanwälte und Gerichte, die solche Fälle aufklären sollen, sind auf die Mitarbeit der Polizeibehörde angewiesen. Deshalb verlaufen solche Verfahren auch meist im Sande.
Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International fordern deshalb schon lange, unabhängige Beschwerdestellen einzurichten, um prügelnde Polizisten besser bestrafen zu können. Das wäre auch im Sinne der Polizei, weil die schwarzen Schafe dem Ansehen der ganzen Behörde schaden. Doch die sperrt sich, und die Regierung traut sich nicht an das heikle Thema heran. Das sollte sie aber. Sonst riskiert sie, wie in diesem Fall bereits geschehen, dass populistische Politiker in Ankara das Thema für ihre Zwecke ausbeuten.
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