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Kommentar Polizei-MillionenPflaster auf der falschen Wunde

Kommentar von Kai von Appen

Der Polizei Hamburg fehlt das Geld für Beförderungen, weil in der Schill Ära Gesinnungsgenossen noch oben befördert wurden.

D ie alleinregierende SPD – eigentlich Verfechterin einer Schuldenbremse – streift die Spendierhosen über: Zehn Millionen Euro aus dem klammen Haushalt stellt der Senat den unformierten Truppen zur Verfügung stellen. Da wittert mancher eine Belohnung für ein, gelinde gesagt: fragwürdiges polizeiliches Vorgehen in den vergangenen Wochen. Für das Gros der Polizisten ist die Zuwendung aber gerechtfertigt.

Haben doch viele von ihnen sich wochenlang den Arsch aufgerissen, um der Senatspolitik Geltung zu verschaffen: Erst wurden sie auf die Straße gehetzt, um die Lampedusa-Flüchtlinge aufzuspüren. Dann kam, abends, die Quittung: Als beinahe täglich gegen die als rassistisch empfundenen Kontrollen demonstriert wurde – beaufsichtigt von der Polizei.

An den Wochenenden mussten die Uniformierten auch noch ran: die Proteste der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer fernhalten von Weihnachtsmärkten und City-Adventsgeschäft. Und schließlich dann die Einsätze im Gefahrengebiet, das nicht nur weitere Überstunden bedeutete, sondern – Stichwort: Klobürsten-Hohn – zusätzlich an der Substanz kratzte.

Mit alldem haben die jetzt angekündigten Beförderungen nichts zu tun – höchstens insofern, als das Laufbahnverlaufsmodell gescheitert ist, das einst der unter seinem Amtsvorgänger in Ronald Schill an die Elbe geholte Innensenator Udo Nagel installierte. Heutzutage haben Beamte kaum noch die Möglichkeit, aufgrund von Qualifikation in der Hierarchie aufzusteigen, wenn es der Polizeiführung nicht passt.

Dafür gibt es in den Führungsetagen des Polizeisterns 120 hochrangige und gut dotierte Beamte: einerseits in der Schill-Ära aufs Karriere-Abstellgleis Geschobene, andererseits beförderte Schillianer selbst. Diese Zustände waren der Inhalt eines Brandbriefes, den im Jahr 2010 eine Gruppe Polizeiführer verfasste – geändert hat sich nichts.

Auch SPD-Innensenator Michael Neumann hat sich an die Strukturen nicht herangetraut. Stattdessen gibt es von Bürgermeister Olaf Scholz und dem Senat einmalig zehn Millionen als verspätetes Weihnachtsgeschenk – damit die Polizei nicht völlig aus dem Ruder läuft.

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Hamburg-Redakteur
Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung
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4 Kommentare

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  • Das völlig falsche Signal an die Polizei. Belohnt wird nicht der Polizist, der dem Bürger zur Seite steht und einen guten, sachgerechten Job macht, sondern belohnt wird der reaktionäre Wasserkopf der Polizei. Der braucht in Zukunft nur weiterhin "haltet den linken Autonomen" rufen, wenn irgendwo eine Scheibe zu Bruch geht. Es werden keine Täter mehr ermittelt, sondern Täter produziert. Die Polizei verkommt mehr und mehr zu einer drittklassigen Wildwest-Schauspielertruppe im Senats-Bonanza. Das führt nicht zu mehr Akzeptanz in der Bürgerschaft - im Gegenteil. Ausbaden muss das wieder einmal die Polizei vor Ort. Tragisch!

  • RL
    Rosa Lux

    Ich denke, jeder Cent für die Polizei wird von Kai von Appen kritisch gesehen und viele Kommentatoren hier wären wahrscheinlich erst zufrieden, wenn die Polizisten bei einer 42 Stunden Woche knapp über Hartz 4 Niveau verdienen würden. Ausrüstung ist selbstverständlich auch völlig unnötig. Wozu denn bruchsicheres Glas, wenn die Scheiben dann unter Steinbewurf nicht mehr so schön zerspringen?

    Dazu wird alles was in der Polizei passiert in Schill Zusammenhang gebracht. Warum wird nicht gleich über die Schmidt Getreuen gesprochen, der war schließlich vor vielen Jahren auch mal Polizeisenator in Hamburg...

    Was soll so eine sinnleere Diskussion?

  • DA
    Der Aufklärer

    "Damit die Polizei nicht völlig aus dem Ruder läuft" - wohl eher das Gegenteil! Die Schill-Vollstrecker bleiben in ihren Führungspositionen und ihre Einsatzfahrzeuge bekommen eine bessere Panzerung. Die selbst verursachten Überstunden werden entlohnt die demokratiefeindliche Gesetzeslage bleibt unangetastet. Wenn das kein Rezept für ein "völliges aus dem Ruder laufen" ist....

     

    Naja, die hamburger Immobilienbranche wird Rekordgewinne einstreichen während soziale Einrichtungen wegrationalisiert werden. Die kulturellen Einrichtungen werden vom Pleitegeier heimgesucht und Bildung wird entweder verkommen oder zum Privileg der Wirtschaftseliten. Man könnte meinen, die SPD-Senatoren bereiteten ihren Ausstieg aus der Politik vor. Derartige Misswirtschaft sollte doch ein paar Beraterposten bei den führenden Unternehmen Hamburgs wert sein.

  • O
    Orleans

    Das Freikorps lernt laufen.