Kommentar Politische Konzepte in Mali: Stunde der Wahrheit in Timbuktu
Ein Konzept wie der Norden Malis befriedet werden kann, steht aus. Die dramatischen Ereignisse um Timbuktu unterstreichen die Gefahr, dem Militär blind zu vertrauen.
D er französische Vormarsch in Mali hat seinen heikelsten Punkt erreicht: Timbuktu, legendäre Wüstenstadt und Weltkulturerbe. Die islamistischen Herrscher haben hier bereits im vergangenen Jahr durch die Zerstörung alter Mausoleen barbarisch gewütet. Jetzt wird berichtet, dass sie bei ihrer Flucht aus der Stadt auch noch Sammlungen unersetzlicher mittelalterlicher Manuskripte in Brand gesetzt haben.
Die Verantwortung für dieses mögliche Kulturverbrechen tragen allein die Täter. Die Verantwortung dafür, wie es in Timbuktu und in Mali insgesamt weitergeht, liegt jedoch bei den französischen Eingreiftruppen sowie bei Malis Regierung. Malis Staat hat die militärische Entscheidung gegen die Islamisten gesucht, statt den Verhandlungsweg einzuschlagen. Doch die jüngsten militärischen Erfolge der Franzosen sind noch nicht das Ende des Konflikts. Zumal noch nicht klar ist, ob Timbuktu wirklich zurückerobert worden ist und welchen Preis die Stadt dafür gezahlt hat.
Ein „zweites Afghanistan“ kann Mali auch dann sein, wenn die Islamisten keine Städte kontrollieren. Frankreichs Armee kann so viele Soldaten schicken, wie sie will – die riesige Wüstenregion im Norden kann auch so ein Rückzugsgebiet für bewaffnete Gruppen bleiben. Die können die Fernstraßen unsicher machen und am Transsaharahandel verdienen, während internationale Truppen sich in den Städten einigeln und Malis Regierung so tut, als sei alles normal.
Ein Konzept, wie der Norden Malis befriedet werden kann, steht noch aus. Die französische Militärintervention hat dessen Dringlichkeit in den Augen von Malis Regierung eher gemindert. Die dramatischen Ereignisse um Timbuktu unterstreichen nun, wie unzureichend das blinde Vertrauen in das Militär ist. Jetzt müsste die Stunde der Politik schlagen.
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