Kommentar Peta/Wiesenhof: Ein Deal für die Hühner
Tierschützer und Massentierhalter verhandeln. Das Ziel: Wiesenhof verbessert die Haltungsbedingungen, Peta schlägt nur noch auf den Konzern ein, wenn es wirklich darauf ankommt.
D as wäre vor Kurzem noch undenkbar gewesen: Aktivisten der Tierrechtsorganisation Peta setzen sich an einen Tisch mit den größten Massentierhaltern der Nation, den Chefs des Geflügelfleischlieferanten Wiesenhof. Das ist kein Verrat, sondern eine geschickte Strategie für Tiere, Umwelt – und Peta selbst.
Schließlich eröffnen die Verhandlungen die Möglichkeit eines Abkommens. Wiesenhof verbessert die Haltungsbedingungen deutlich, Peta schlägt mit seinen Kampagnen nur noch auf den Konzern ein, wenn es wirklich darauf ankommt. Den Hühnern würde so ein Deal nützen.
Und auch der Umwelt. Denn tierfreundlichere Produkte sind in der Regel teurer als konventionelle. Der höhere Preis könnte dazu beitragen, dass die Verbraucher weniger Fleisch essen. Das wäre ein Gewinn fürs Klima, weil für die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel weniger Treibhausgase freigesetzt werden.
ist Redakteur im taz-Ressort Wirtschaft und Ökologie.
Natürlich besteht die Gefahr, dass die Konsumenten statt zu einem verbesserten, aber teureren Wiesenhof-Produkt zur tierquälerischen Konkurrenzware greifen. Aber erstens setzt Wiesenhof als Marktführer Standards für die ganze Branche. Und zweitens müssten die Konkurrenten mit erheblichem öffentlichem Druck rechnen.
Auch Peta als Organisation bringen die Verhandlungen weiter. Dass die Aktivisten rechtliche Grauzonen nutzen, um nachts in Ställe einzusteigen und die Zustände dort zu dokumentieren, finden einige Zeitgenossen irgendwie schmuddelig. Und manche Peta-Plakatkampagnen sind fragwürdig – allen voran die Gegenüberstellung von Bildern von KZ-Insassen und solchen von Tieren aus Massenställen. Doch das war vor mittlerweile acht Jahren. Nun zeigen die Wiesenhof-Gespräche einer breiten Öffentlichkeit, dass der Verband auch konstruktiv und seriös für seine Ziele kämpft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen