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Kommentar Parlamentswahl UkraineHoffnungsschimmer in Kiew

Kommentar von Barbara Oertel

Der Wahlsieg proeuropäischer Kräfte garantiert weder demokratische Reformen noch Frieden im Land. Aber es gibt auch eine gute Nachricht.

Petro Poroschenko findet sich prima. Bild: dpa

D ass so unappetitliche rechtspopulistische Gruppierungen wie der Rechte Sektor, Swoboda und die Radikale Partei von Oleg Ljaschko aller Voraussicht nach nicht in die neu gewählte Volksvertretung einziehen werden, ist eine gute Nachricht der vorgezogenen ukrainischen Parlamentswahl vom Sonntag. Das gilt auch für den Umstand, dass, obwohl im Osten des Landes ein Teil der Bevölkerung nicht von seinem Stimmrecht Gebrauch machen konnte, die Rada nach der Entmachtung von Expräsident Wiktor Janukowitsch jetzt endlich durch die Wähler legitimiert ist.

Dennoch sollten sich alle diejenigen, die den Sieg sogenannter proeuropäischer Kräfte bejubeln, eher in Zurückhaltung üben. Zwar besteht kein Zweifel daran, dass die neue Regierung weiter Kurs auf Brüssel nehmen wird. Das jedoch muss noch lange nicht bedeuten, dass Ministerpräsident Arseni Jazenjuk, der wohl im Amt bleibt, und seine Mannschaft willens und in der Lage sind, demokratische Reformen durchzusetzen sowie den bewaffneten Konflikt im Donbass friedlich beizulegen.

Gerade Jazenjuk fiel, anders als Präsident Petro Poroschenko, im Wahlkampf eher durch eine aggressive nationalistische und antirussische Rhetorik denn durch gemäßigte Töne auf. Für viele Ukrainer war die Stimmabgabe mit der Hoffnung auf eine baldige Stabilisierung der Lage im Land verbunden. Diesen Wählerauftrag muss die Regierung ernst nehmen und den Dialog mit den Menschen in Lugansk und Donezk suchen.

Die EU muss das unterstützen – nicht nur mit Hilfszahlungen, die an Bedingungen geknüpft sein müssen, sondern auch mit einem unzweideutigen Auftreten gegenüber Russland, das im Donbass weiter zündelt. Noch. Die Tatsache, dass Moskau auf den Wahlausgang mit Erleichterung reagiert hat, ist vielleicht ein Hoffnungsschimmer.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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24 Kommentare

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  • 8G
    8545 (Profil gelöscht)

    "Die EU muss das unterstützen – nicht nur mit Hilfszahlungen" ???

     

    Ich sehe keinen Grund, warum ich mit meinen Steuern bei derem Bürgerkrieg und Mauerbau behilflich sein soll.

    Wenn Frau Oertel das unterstützen will, sollte sie spenden!

  • Da sind wir uns ja wenigstens etwas einig. Die ehemaligen Janukowytsch Wähler haben wahrscheinlich niemand gefunden, dem sie zutrauen, ihre Interessen zu vertreten. Ich habe irgendwo gelesen, die Wahlbeteiligung in Odessa hätte bei 40% gelegen. Ich weiß aber nicht, ob diese Zahl stimmt. Stimmt sie, wäre es schon ein schlechtes Zeichen, dass so wenige eine Partei gefunden haben, die ihre Stimme verdient.

     

    Ein Punkt sollte vielleicht noch beachtet werden. Es wurde hier ja recht wenig über den Wahlkampf berichtet. Aus dem Wenigen, das ich gefunden habe, geht hervor, dass sowohl Poroschenko, als auch Jazenjuk den Menschen sehr viel versprochen haben, das sie nicht halten werden können. Besonders in Bezug auf eine "goldene" Zukunft in der EU. Man will 2020 einen Aufnahmeantrag stellen? So wie es zurzeit läuft, heißt dann die französische Präsidentin Le Pen. Und Großbritannien tritt gerade aus. Ob das ein guter Zeitpunkt für einen Beitritt ist? Außerdem soll jede Menge Geld aus Brüssel fließen. Wo soll das herkommen? Vom deutschen Steuerzahler? Das wäre eine gute Wahlkampfhilfe für die AfD. Es sieht also dünn aus mit der Erfüllung diverser Wahlkampfversprechen. Und vielleicht sind ja auch viele nicht zur Wahl gegangen, weil sie das durchschaut haben.

     

    Zum Thema Krim. Die Krim gehört realistisch gesehen jetzt zu Russland. Und die Aussichten, dass sich dies ändern wird, sind so trüb, dass man sie mit 0 ansetzen kann. Es ist also grober Unfug, die Krimbewohner beim Bestimmen der Wahlbeteiligung mitzurechnen. Übrigens. Obwohl die BRD die DDR nie richtig anerkannt hat, ist auch keiner auf die Idee gekommen, bei der Bestimmung der Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen die Einwohner der DDR mitzurechnen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Für die Wahlbeteiligung, die kann man bei cvk.gov.ua (auch auf englisch einsehen) genauso wie alle Ergebnisse der Wahl in Regionen und der Wahlkreise für Direktmandate.

      Dass in Odessa die Wahlbeteiligung bei nur um 40% lag ist für den Außenstehenden verwunderlich und nicht nachvollziehbar. Sie ist diesesmal sogar noch niedriger als gewöhnlich, das stimmt. Wobei es beim Ort auch lokale Gegebenheiten gibt, die darauf Einfluss haben.

      Eine Erklärung dazu ist, dass Odessa eine große Sonderolle als wichtigster Hafen und urbanes Zentrum einnimmt, in dem lokale Wahlen wichtiger sind als nationale Wahlen. Von Jung&Naiv gibt es ein schönes Interview, in dem die Rolle der Stadt und ihre Sicht auf sich selbst erklärt wird. (www.youtube.com/watch?v=kYIzLgexWZk)

      Vereinfach gesagt: Nationale Wahlen sind uninteressant für die Menschen, Bürgermeisterwahlen umso wichtiger.

      Bei der letzten Parlamentswahl 2012 war Odessa bereits das Schlusslicht (zusammen mit AR Krim und Sevastopol mit je ca. 49,X %)

       

      zum Wahlkampf: Da hat jemand versprochen in der BRD, dass es keine Autobahnmaut geben wird und wurde gewählt und im Koalitionsvertrag steht sie doch. Man muss einfach abwarten was passiert im Bezug auf die Reformen.

       

      Ich glaube der Vergleich ist nicht passend. Auf alle Fälle rechnet sich die Ukraine die Wahlbeteiligung so schlecht und nicht gut.

      • @Halusky:

        Danke für den Link.

         

        Die geringe Wahlbeteiligung in Odessa könnte natürlich auch daran liegen, dass die freiheitlichen Kräfte aus Kiew im Sommer dort ein großes Grillfest veranstaltet haben. Evtl. ist ja deshalb ein Teil der Bevölkerung sauer...

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Nichts zu danken.

          Ich vertraue weniger Unterstellungen als Untersuchungen. Der Human Rights Commissioner der UN hat seinem Lagebericht zur Ukraine die Ereignisse dort chronologisch aufgestellt und sieht die Verantwortung vorrangig bei der Polizei.

          Im Dokument ab Seite 9: http://www.ohchr.org/documents/countries/ua/hrmmureport15june2014.pdf

          Der Umgang dort mit dem zustädigen Polizeichef: Verhaftung, dann (vermutlich auf Parteidruck (er soll der Partei Timoshenkos nahe gestanden haben, hab ich gelesen)) wieder freigelassen für "Hausarrest" mit anschließender Flucht des Polizeichefs nach Transnistrien, von Odessa ist das nur ein Katzensprung. Neben der Korruption (wenn man das nicht auch darunter sieht) liegen im mangelhaften und ineffizienten Justiz- und Polizeisystem der wichtigste innenpolitische Reformbedarf, das ist offensichtlich.

          • @Halusky:

            Entweder ist mein Englisch plötzlich schlechter geworden, aber da ist recht ausführlich die Rede davon, dass "Selbstverteidigungskräfte", der Rechte Sektor und andere "Brohters in love" mit allen möglichen Dingen (auch Schusswaffen) agiert haben. Das der Polizeichef dabei eine dubiose Rolle gespielt hat, ist auch schon lange bekannt.

             

            Ich glaube auch kaum, dass der Bericht für die Menschen in Odessa eine große Rolle spielt. Die haben die Ereignisse schließlich miterlebt und sich ein eigenes (durchaus subjektiv geprägtes) Bild gemacht. Die Bilder von "Demokraten" die auf Menschen schießen, die aus einem brennenden Haus flüchten wollen, haben sich bestimmt nicht nur mir eingebrannt.

             

            PS: In dem von Kiew beherrschten Teil der Ostukraine lag die Wahlbeteiligung bei ~30%. Im Westen bei ~70%. Das ist schon eine bedenklich verschiedene Sicht auf die Wahl.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Das war eigentlich @HALUSKY gedacht.

  • Was mir an dem Artikel auch auf den Magen schlägt:

    Wo in der gesamten deutschen Journalie fragt eigentlich mal jemand nach der Zündelei der NATO/EU?

    Warum durchleuchtet die angeblich linke TAZ nicht auch mal die Aktivitäten der Adenauer-Stiftung, wo bleiben die Fragen und die journalistische Recherche zu den Scharfschützen des Maidan, den Mördern der ins Gewerkschaftshaus in Odessa Geflüchteten, oder danach, wer denn nun den Malaysian Airlines-Flug abgeschossen hat?

    Wo sind denn die großen investigativen Journalisten von der TAZ?

     

     

    Link entfernt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette.

  • Chapeau @ warum_denkt_keiner_nach?

     

    Du schreibst dasselbe wie der Kommentator der Neuen Zürcher Zeitung in seinem letzten Satz:

     

    "Für die Politiker gilt es, das Vertrauen einer Bevölkerung zurückzugewinnen, von der am Sonntag nur jeder zweite Wahlberechtigte auch an die Urne gegangen ist."

    http://www.nzz.ch/international/starkes-proeuropaeisches-uebergewicht-1.18412609

     

    Preisfrage: Gibt es in Deutschland noch eine Tageszeitung, die vergleichbar liberal / aufgeklärt berichtet, wie es selbstverständlich sein sollte. Anders gefragt: Wie weit nach rechts sind die Tageszeitungen Deutschlands gerückt?

    • @Rosmarin:

      Hängen Sie das jetzt nicht ein bißchen arg hoch?

      Die Wahlbeteiligung als Gradmesser für die Demokratisierung der Ukraine? Und dazu noch die übliche Schelte für die deutschen Tageszeitungen, denen Sie ja offenbar gezieltes Verschweigen unterstellen.

      Die Wahlbeteiligung in der Schweiz liegt bei den nationalen Wahlen seit Jahrzehnten um die 50%.

      • @Schalamow:

        @ Schalamow - Ich hänge es sogar viel zu tief:

        - Wann ist die Schweiz denn letztmals bombardiert worden? Wann gab es Schweizer Kriegsflüchtlinge?

        - Unter welchen Umständen wurden in Schweizer Kantonen kriegsflüchtige Bürger zu Wahlen aufgerufen oder davon abgehalten?

         

        Mit anderen Worten: Die Demokratie der Ukraine wird "proeuropäisch" mit Füßen getreten, aber in Deutschland wird darüber geschwiegen. Es gibt in Deutschland noch nicht mal die nötige Aufklärung darüber - wofür Ihr Beitrag einer von vielen Beweisen ist!

  • Das klingt, bis auf die Überschrift, ja schon nüchterner. Natürlich haben mit der Wahl vor allem die Oligarchen ihre Machtstellung gefestigt. Und mit Jazenjuk und Poroschenko stehen zwei Leute an der Spitze, die sich schon immer für die Interessen des "Geldadels" eingesetzt haben.

     

    Interessant ist, dass die niedrige Wahlbeteiligung nicht erwähnt wird. So um die 50%. Da sieht die Zustimmung dann doch nicht sooo machtvoll aus, wie es der Schokohase getönt hat.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich behaupte einfach mal das Gegenteil und sage, Jatsenjuk hat bisher gute Arbeit geleistet, ein Antikorruptionsgesetz verabschiedet, eine jahrelang aufgeschobene Bildungsreform verabschiedet, die Forderung vieler Stundeten auf dem Maidan war und durch seine zurückhaltende und bescheide aber auch zupackende Art viel Zustimmung bei der Bevölkerung und wurde deswegen gewählt. Es hat was in einem Land, das sparen muss, wenn der Ministerpräsident Linie und Economie-Class fliegt.

       

      Und die Wahlbeteiligung ist bei ca 51.5 %. 2012 bei der letzten Wahl, als die Krim und teilweise ostukrainische Regionen nicht von russischen und prorussischen Kämpfern besetzt waren, wie hoch lag da die Wahlbeteiligung, als alle ohne Einschränkung teilnehmen konnten? Bei 58%. (Quelle: http://www.kyivpost.com/content/politics/cec-turnout-in-ukraines-parliamentary-elections-5799-315149.html)

      Aber hinter jeder Ecke steckt eine Verschwörung der deutschen Presse...

      • @Halusky:

        Ich nehme an, mit dem Antikorruptionsgesetz meinen Sie das „Lustrationsgesetz“?

        Vereinfacht gesagt bedeutet es, dass alle, die unter Janukowytsch ein Amt bekleidet haben, dies künftig nicht mehr tun dürfen. Begründung ist Korruption. Allerdings gibt es für die Ausführung keine unabhängige Behörde. So ist die selektive Anwendung durch die Regierung gewährleistet. Schließlich fällt streng genommen Poroschenko auch unter das Gesetz. Er war unter Janukowytsch kurz Außenminister und dann 2012 Wirtschaftsminister. Außerdem müssen die Oligarchen in Zukunft nicht mehr so oft bestechen. Schließlich sind sie bzw. ihre Familienmitglieder ja mittlerweile selbst in hohe und höchste Regierungsämter aufgerückt. Das Taschenfüllen geht also mit etwas anderen Methoden munter weiter. Aber das werden die Wähler recht bald bemerken.

         

        Ich glaube nicht an eine Verschwörung der Presse, aber Journalisten sind auch nur Menschen. Und da lässt man schon mal Dinge unter den Tisch fallen, die nicht ins Bild passen. Mir ist auch nicht ganz klar, warum Sie die Menschen auf der Krim (russische Staatsbürger) hier mit rechnen. Aber irgendwie muss man ja die niedrige Beteiligung erklären. Wir reden hier von einer wichtigen Wahl, die die Richtung des Landes für Jahrzehnte bestimmen sollte. Zum Vergleich. 1990 sind in der DDR bei so einer Wahl 93,4% hingegangen. Und hier etwas mehr als 50%? Das ist einfach nicht viel. Offenbar erwartet fast die Hälfte der Ukrainer Nichts von den angetretenen Parteien. Für Parteien, die gegen die „Westanbindung“ sind, war der Wahlkampf auf Grund der aktuellen Gesetzeslage ja nicht einfach. So bekommt die Ukraine jetzt eine Regierung, die sich auf ca. 25% der Wahlberechtigten stützt. Das kann gut gehen. Muss aber nicht. Die Stimmung kann jederzeit umschlagen.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Zum Lustrationsgesetz habe ich in einem anderen Beitrag bereits was geschrieben, das war aber garnicht gemeint sondern die Antikorruptionsbehörder und der Antikorruptionsplan der verabschiedet wurden. Bevor ich mir ein Urteil über das Gesetz erlauben will, da der Erfolg von der Implementierung abhängt und die Implementierung bei ca 2 Millionen Betroffenen lange dauern kann, kann ich es nur begrüßen, dass aus Ministerien und Ämter endlich ehemalige KGB-Mitarbeiter entfernt werden sollen. Ich glaube auch ehemalige Stasimitarbeiter gibt es in der BRD nicht mehr so viele "in Amt und Würden". Der nächste Punkt beim Lustrationsgesetz: die Trennung von Amt und Mandat (wie wir sie auch in Deutschland kennen) die Lustration betrifft nicht gewählte Abgeordnete oder den gewählten Präsidenten (das betrifft sowohl Poroshenko, als auch und vor allem Mitglieder des Oppositionsblocks z. B. Bojko und Ljovoshkin) wohl aber Beamte, Polizei, Geheimdienst, Mitarbeiter und Management von Staatsunternehmen, der Nationalbank usw. bevor man sich hierüber ein Urteil macht warte ich die Umsetzung ab. Die ehemaligen Naftohaz Vorstände konnten sich mächte Villen bauen, woher wohl das Geld kam?

          http://www.rferl.org/media/video/ukraine-elections-oligarchs-palaces-reissue/26653954.html

          Den Einfluss von Oligarchen gab es vor der Wahl und gibt es jetzt, nur m. E. ist er stark zurückgegangen, aber genaueres wird die Zukunft zeigen. Yanukovych "Familie" wie sein Clan bezeichnet wurde hat so gut wie nix mehr zu sagen, auch Akhmetov kuckt ziehmlich in die Röhre, aber dafür ist die Gaslobby mit Lyovoschkin und Vertreten von Firtash (Radikale Partei und Oppositionsblock) im Parlament vertreten, ebenso wie auch Leute von Kolomojskyj. Ob und wie sich das alles auswirken wird, wird die Zukunft zeigen.

          • @Halusky:

            Der Einfluss der Oligarchen ist zurückgegangen? Poroschenko ist wohl kein Oligarch?

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Es ist zu früh, wirklich Aussagen zu machen, aber wenn es eine Partei, die von keinem Oligarchen abhängt, von ihren Mitlgiedern (worunter auch erfolgreiche Unternehmer sind) nach ihren Möglichkeiten fördern und diese dann 11% in landesweiten Wahlen gewinnt, ist für mich weniger Einfluss von Oligarchen im Parlament. Poroshenko ist ein Oligarch, keine Frage, aber er wurde von der Bevölkerung als bester Kandidat angesehen und gewählt (vermutlich, weil man keine Angst haben musste, dass er "stehlen" wird, wie sein Vorgänger, er ist ja schon reich.

              Hier kommt es, wie bei allem darauf an was von den Gewählten aus der Situation und ihren Möglichkeiten gemacht. Allzu relevant im Spiel der Oligarchen war Poroshenko bisher nicht, wobei er auch keine Weiße Weste hat (Dazu hat der Kanadier und Ukrainekenner Taras Kuzio ein Kommentar gemacht, der Poroshenkos Karriere beleuchtet: (http://www.youtube.com/watch?v=YjBpWsUMnFs). Aber dabei sind eher Leute wie Firtash, Ljovoshkin, Akhmetov, Kolomojskiy und Yanukovychs "Family" (Yanukovych Junior I und II und der jüngste Milliardär der Ukraine mit 28 Jahren (nach Forbes) Sergij Kurchenko. Einen guten, unaufgeregten Überblick auf italienisch gibt es hier, googletranslate hilft dabei sicher über evtl. fehlende Sprachkenntnisse: http://www.eastjournal.net/ucraina-kolomoisky-akhmetov-firtash-e-gli-altri-le-infinite-trame-intorno-al-presidente/48769

              Für alle Aussagen muss man vorsichtig sein und eigentlich noch abwarten, aber ich würde derzeit trotzdem sagen, dass insgesamt der Einfluss der Oligarchen eher ab als zunimmt. Dass er in einer oder der anderen Form bestehen bleibt, ist sicher.

          • @Halusky:

            Ich finde, dass das Ämpfel mit Birnen vergleichen ist. In der ersten freien Wahl in der Ukraine gab es ähnliche Ergebnisse. Nach vielen "richtungsentscheidenen" Wahlen: 2004/2005, 2010, 2012, 2014 (Präsident und Parlament) ist das Argument nicht mehr sehr zugkräftig. Natürlich könnte die Wahlbeteiligung höher sein, aber sie war keinesfalls außergewöhnlich niedrig. Richtig ist beobachtet, dass viele Menschen, besonders ehemalige Wähler der Partei der Regionen und der Kommunisten (vergleicht man die Ergebnisse von 2012 und 2014) nicht zur Wahl gegangen sind. Da spielen m. E. Enttäuschung über Yanukovychs Regierung, Frustration über die gesamte Situation, ein Vertrauensverlust in die vormalige Elite und ein Mangel an Interesse der anderen Parteien eine Rolle. Diese Menschen wieder zum Wählen zu bringen geht am Besten über gute politische Arbeit im Parlament.

            Zu den Bewohnern der Krim: Diese gehört nach Internationaler Betrachtung und Beschluss in UN zur Ukraine und damit ihre Bewohner. Mit schön rechnen hat das nix zu tun, eher mit schlechtrechnen, warum? Weil ich dann die Zahl der Wähler insgesamt reduzieren müsste und so eine deutlich besser Verhältnis zu abgegebenen Stimmen hätte: z. B. 100 Wählen bei 200 Wahlberechtigten (50%) sind prozentual weniger als 100 bei 190 (52,6%).

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          @Halusky Verschwörung? Ganz falsch: nüchterne Analyse durch Vergleich! Welche deutsche Tageszeitung schreibt oder schweigt über die niedrige Wahlbeteiligung? Das ist die analytische Frage.

           

          Mein Vergleichsmaßstab: Die keinesfalls linke Neue Zürcher Zeitung. Sie schreibt über Demokratie, während das unter den Bedingungen der Remilitarisierung und Renationalisierung in Deutschland anscheinend tabu ist. Die NZZ ist aufgeklärt genug, sie kennt ihre Pappenheimer aus dem "Geldadel".

           

          Die Frage, über Demokratie und Kriegsflucht zu schreiben oder nicht zu schreiben, ist keine Verschwörung!

  • Wen und was genau legitimiert diese Wahl unter Kriegsbedingungen?

     

    824.000 Kriegsflüchtlinge in der Ost-Ukraine, von ihnen flohen 550.000 außer Landes

     

    erzeugt durch die "pro-europäische" Bombardierung von Wohngebieten

     

    Haben die Kriegsopfer auch nur einen einzigen Vertreter in diesem "pro-europäischen" Parlament?

     

    Aber selbstverständlich sind an alledem die Russen schuld.

    Und selbstverständlich verfügt der ukrainische Nationalismus, wenn er von seiner faschistischen Tradition befreit wird, über eine demokratische Tradition ... Er weiss es nur selber noch nicht ...

    • @Rosmarin:

      Dazu kommt noch, daß durch die Gewalt und den Terror rechter Gruppen (Abfackeln von Parteibüros, Verprügeln von Abgeordneten) einige Parteien faktisch in der Westukraine nicht mehr präsent sein können und damit an dieser "Wahl" auch nicht teilnehmen konnten.

      Damit ist diese "Wahl" alles andere, als entsprechend demokratischen Standards verlaufen.

  • die skeptische Tonart des Kommentars verrät die Ahnung?

     

    das oligarchische System hat sich politisch reloaded.

     

    nun muss dieses System Geld besorgen in der Art, was man "Reformen" nennt.

     

    um soziale Widerstände zu unterbinden, wird das System weiter Krieg führen und terrorisieren.

     

    und am Ende kann es sogar tatsächlich zu einer echten-echten Revolution kommen, so dass die Amerikaner Kiew verlassen, wie damals Saigon.

  • Liebe Frau Oertel,

    ich korrigiere Sie ungern, aber sie haben wohl etwas zu flüchtig über die Ergebnisse geschaut: Sowohl der Rechte Sektor, als auch die Partei Swoboda und die Radikale Partei von Ljashko werden im Parlament mit Abgeordneten vertreten sein. Die ersten beiden Parteien haben voraussichtlich je zwei Direktmandate gewonnen (sind aber nicht über die 5% Hürde gekommen und damit nicht als Liste vertreten). Die Partei Ljashkos hat ca. 7,5 % der Stimmen erhalten und ist damit voraussichtlich mit ca. 22 Abgordneten als Liste vertreten laut Ukrajinska Pravda, hat aber keine Direktmandate gewonnen. Insgesamt kann man so von 26 "radikalen" Abgeordneten sprechen bei insgesamt ca. 420 Abgeordneten.