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Kommentar Palästinas UN-PolitikTeure Ungeduld

Kommentar von Susanne Knaul

Palästinas Präsident Abbas muss sich entscheiden: zwischen neuer Gewalt und dem Kampf auf der internationalen politischen Bühne.

Glaubt nicht mehr an bilaterale Friedensverhandlungen: Palästinas Präsident Abbas. Bild: AP

N ur zwei Wochen länger hätten sich die Palästinenser gedulden müssen, um ihre Chancen für das Votum im UN-Sicherheitsrat über ein Ende der Besatzung bis 2017 zu verbessern. Seit gestern, dem 1. Januar, sitzen anstelle von Argentinien Venezuela im Sicherheitsrat, Malaysia ersetzt Südkorea und Ruanda wich Angola. Die drei Neulinge sind allesamt pro-palästinensischer als ihre Vorgänger. „Die Palästinenser lassen keine Chance aus, eine Chance zu verpassen“, kommentierte einst der ehemalige israelische Außenminister Abba Eban wiederholte Fehlentscheidungen der PLO. Genau dieser Eindruck erstellt sich auf den ersten Blick.

Umgekehrt ist der Preis für die Ungeduld so hoch, dass kluge Köpfe in Israel bereits darüber spekulieren, ob das erneute Scheitern in New York von den Palästinensern möglicherweise kalkuliert war, um die Rolle als Opfer zu pflegen. Wahrscheinlicher ist Rücksicht auf das Weiße Haus: der Termin wurde bewußt so gewählt, dass die Abstimmung noch vor dem Wechsel der nicht-ständigen Mitglieder stattfindet, was durchaus logisch wäre.

US-Präsident Barack Obama lehnt einseitige Schritte ab. Eine Mehrheit für die Petition der Palästinenser hätte ihn zum Veto gezwungen und damit erneut zur offenen Konfrontation mit Palästinenserpräsident Machmud Abbas. Das Weiße Haus hat noch nie ein anti-israelisches Votum im Sicherheitsrat durchgehen lassen.

Bleibt die Frage, warum die Palästinenser es trotzdem immer wieder versuchen. Die Antwort ist: Sie haben keine Wahl. Für Abbas gibt es seit dem Scheitern des Friedensdialogs nur zwei Möglichkeiten: neue Gewalt oder Kampf auf internationaler Bühne. Wer Gewalt ablehnt, sollte der PLO bei ihren diplomatischen Bemühungen unter die Arme greifen. Auch auf die Gefahr hin, Abschied von alten Gewohnheiten nehmen zu müssen.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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11 Kommentare

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  • Ich sehe nicht, dass die israelische Rechte tatsächlich eine Zwei-Staaten-Lösung anstrebt, sondern eher ein Israel mit ein paar palästinenischen Homelands unter totaler Abhängigkeit von Israel. Die Frage ist, ob es in Israel selbst derzeit eine politische Alternative gibt, welche ein anderes Ziel vor Augen hat. Denn seien wir uns bewusst: Die Zwei-Staaten-Lösung hat sich als fauler Formelkompromiss entpuppt, dessen Realisierung maximal einen weiteren "failed state" im Nahen Osten schaffen würde, in dem der altbekannte Gegensatz zwischen religiösen Extremisten und einer korrupten Machtelite den Alltag beherrschen würde. Das kann niemand wollen.

    • @Perdita Durango:

      sicher will die israelische rechte keine 2-staat-lösung. die heutige zentristische-linke (?) will sie allerdings auch nicht. und wenn man sich noch mal anguckt, was die lichtgestalt Rabin mit Oslo2 auf den weg gebracht hatte, dann muß man spätestens von heute aus sagen: der wollte sie im grunde auch nicht.

      inwieweit sie noch einen weiteren "failed state" geschaffen hätte, ist schwer zu sagen.

      leichter zu sagen ist, dass Israel sich auf dem besten weg in einen "failed state" befindet, "in dem der altbekannte Gegensatz zwischen religiösen Extremisten und einer korrupten Machtelite den Alltag" beherrscht.

  • wie's aussieht, werden im kommentariat die alten gewohnheiten weitergepflegt.

    fast kommt bei mir verständnis auf: rom-statut und humanitäres kriegsvölkerrecht ist schließlich nicht so ganz einfach. dagegen flutscht die eingeübte propaganda ganz von alleine auf die tastatur.

     

    Netanyahu jedenfalls wird an der ratifizierung des rom-statut durch Palästina noch seine helle freude haben. oder glaubt er etwa, er könnte diesen immer anerkannteren staat einfach wieder abschaffen?

    • @christine rölke-sommer:

      Es soll ja Drittwelländer geben, die nicht zwangsläufig mit der Arabischen Liga heulen, wenn es um Israel geht. Nigeria z.B., Zünglein an der Waage pro Israel bei der jüngsten Abstimmung im Sicherheitsrat.

      Öl ist eben nicht alles:

       

      "Over fifty Israeli companies operate in Nigeria in the spheres of construction, infrastructure, hi-tech, communications and IT, agriculture and water management."

      http://en.wikipedia.org/wiki/Israel%E2%80%93Nigeria_relations

      • @L'Occitane:

        ich find's immer wieder schön, wenn einer durch ein einfaches wiki-zitat die grenzen der souveränität von staaten - hier Nigeria - belegt.

        wie heißt's in Hamlet so schön?

        and thus makes conscience cowards of us all.

        • @christine rölke-sommer:

          Wie war das noch mal mit der Massenentführung der nigerianischen Schülerinnen? Israel leistet da praktische Hilfe zur Befreiung. Von den Staaten der Arabischen Liga gab es nur halbseidene Erklärungen. Kein Wunder, dass sich Nigeria nicht mehr für die üblichen Palästina-Resolutionen begeistern kann.

          • @L'Occitane:

            aha.

            erst öl, dann thrift thrift Horatio

            und nun also die befreiung.

            da sollen die nigerianer mal besser aufpassen, dass die Hannibal-direktive nicht zur anwendung kommt.

            • @christine rölke-sommer:

              Hannibal-Direktive? Wie kommen Sie jetzt da drauf?

              Egal, anderes Beispiel: Angola hat immer noch hunderttausende verbuddelte Landminen. Angola ist auch in der OPEC, folgt Nigeria für die nächsten Jahre im Sicherheitsrat und hat ebenfalls beste Beziehungen zu Israel. Warum? Weil die Arabische Liga zwar politisch daumenschrauben kann, aber Israel die Technologie für die Minensuche besitzt. Ist jetzt die Souveränität Angolas bedroht?

              • @L'Occitane:

                weil die so was befreiendes hat, die Hannibal-direktive.

                auch beim minensuchen....

  • Abbas vertritt eine Minderheit der Islamischstämmigen Palästinenser , er bekommt druck von denen, die Israel , in welchen Grenzen auch immer nie anerkennen werden .

    Die Hamas , der Islamic Jihad,al-Qaida ,al-Aqsa-Märtyrerbrigaden , Izz ad-Din al Qassam-Brigaden

    at-Takfir wa’l-Higra

    und was SIE besonders treffen wird ,

    Abu Nidal Organisation eine Revolutionäre Organisation der Sozialistischen Moslems) – militante Abspaltung der PLO...

    Und einige andere die es nicht wert sind sie zu erwähnen , oder die man allgemein kennt .....

    Sie lehnen Verhandlungen mit Israel ab , würden NIE auf Jerusalem als ganzes verzichten und ein Israel anzuerkennen kommt bei diesen Organisationen nicht in Frage .

    Die aber setzen dem Herrn Abbas die Pistole auf die Brust , sie wollen Ergebnisse , uund das schnell , oder ,,,, ja oder sie antworten mit Gewalt .

    Das versucht Abbas zu verhindern , und deswegen diese zweifelhafte Taktik des Herrn Abbas die für uns doch eher wirr und unüberlegt aussieht, was sie eigentlich auch ist , aber er hängt sicher an seinem Posten den er sicher nicht mehr lange hat .

    Ich darf in diesem Zusammenhang ein weiteres mal auf die

     

    -Gründungscharta der Hamas vom 18. August 1988 -

     

    verweisen , einen recht eindeutigen Auszug finden sie zB bei Wikipedia !!!

  • Oh, bitte nicht schon wieder. Herr Abbas als Friedensfürst. Haben Sie sich schon einmal mit den öffentlichen Verlautbarungen der PA beschäftigt? Oder schon mal was von der Friedenstruppe Hamas gehört, die wohl in einer Gemeinschaftsregierung sein soll?