Kommentar Oz-Verfahren: Den Wandel verpasst

Wer triste Betonpfeiler oder schmutziggraue Hauswände mit Graffiti verziert, trägt zur deren Verschönerung bei.

Auf den Punkt brachte es Martin Kowalske, Anwalt des Sprayer-Oldies "Oz", indem er auf einen kleinen, aber feinen Unterschied hinwies: Wer eine frisch restaurierte, schneeweiße Statue mit bunten Tags besprüht, zerstört den Charakter des Kunstwerkes. Wer es an einen verrotteten, grauen Verteilerkasten tut, der mit Plakaten und Graffiti übersäht ist, verändert dessen Erscheinungsbild nicht - zumindest nicht zum Schlechteren. Auch wer triste Betonpfeiler oder schmutziggraue Hauswände mit Graffiti verziert, trägt eher zur deren Verschönerung bei, als dass er irgend etwas beschädigte.

Bunte und bemalte Wände gehören in ganzen Regionen mittlerweile zum Stadtbild. Polizei und Justiz aber gehen immer noch nach "Schema F" vor: Schon wer das Aussehen eines Objektes verändert, begeht eine Sachbeschädigung - auch wenn diese Veränderung nur vorübergehend ist: Graffiti können ja auch wieder entfernt werden.

Keinen Niederschlag findet, wie sehr sich vielerorts die Sicht der Dinge verändert hat: Wer Tags und Smileys noch vor Jahren als Schmiererei bezeichnet hätte, findet sie heute möglicherweise akzeptabel - und so mancher findet sie sogar toll. Und Geschmacksfragen mal ganz außen vor gelassen: Anders, als es Polizei und Justiz behaupten, beeinträchtigen Oz Sprühereien niemanden in seinem Sicherheitsempfinden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.