Kommentar Olympia in Sotschi: Kritik perlt ab
Am Freitag werden die Spiele mit viel Tamtam eröffnet. Einwände westlicher Kritiker berühren Russlands Elite kaum – Dissidenten hingegen schon.
W as interessieren einen Wladimir Putin schon SchriftstellerInnen wie Günter Grass, Salman Rushdie, Orhan Pamuk oder Elfriede Jelinik? So nobel deren „offener Brief“ an den Präsidenten Russlands auch gemeint sein mag, wie moralisch akkurat gesinnt auch ihr Appell wider Homophobie, für Meinungsfreiheit und die Einhaltung der Menschenrechte auch gelesen werden könnte: Es hieße den Einfluss von arrivierten AutorInnen ein wenig zu überschätzen, glaubte man wirklich, dass sie einem Politiker wie Putin irgendetwas abverlangen könnten.
Letztlich kann sich die russische Politikelite desinteressiert zurücklehnen: Was müssen sie schon öffentliche Mitteilungen von Gutmeinenden angehen? Die ökonomische Elite Russlands hat ihre Schäfchen längst ins Trockene gebracht. Einwände von westlicher Seite gegen die Art des Kapitalismus, die Missachtung der Menschenrechte und die Inszenierung von Homophobie perlen an ihr ab.
Putins Prestigeprojekt, die Olympischen Winterspiele in Sotschi, die am Freitag Abend am Schwarzen Meer eröffnet werden, wird natürlich funktionieren. Mit allem pompösen Tamtam, mit dem Einzug der Länder, (Mein-)Eidformel eines Athleten und den letzten FackelträgerInnen mit der sogenannten Olympischen Flamme: Sicherheitsmaßnahmen inklusive. Was es am Ende Putin und den Seinen bringt, ist einerlei.
Der wichtigste Ertrag dieser Olympischen Winterspiele ist ja längst eingebracht: dass die westliche Welt intensiver als sonst monatelang über das fragwürdige politische System in Russland diskutiert hat. Und dass dies viele Menschen zwischen Kaliningrad und Wladiwostok mitbekamen: Sie haben Gleichgesinnte im Westen, die wie sie eine Demokratie wollen. Sie opponieren nicht allein. Sie hoffen auf den Westen. Also auf uns.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!