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Kommentar Offshore-LeaksDie Lohnschreiber des Kapitalismus

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Viele deutsche Journalisten trauen den Menschen keinen verantwortungsvollen Umgang mit Enthüllungs-Webseiten wie Offshore-Leaks zu. Wie falsch!

D er Konflikt um die Datenbank „Offshore-Leaks“, in der Namen und Daten von mehr als 100.000 Treuhandgesellschaften und Firmen in Steueroasen ins Internet gestellt wurden, ist anschaulich und verrät etwas über nationale Anstandsregeln und soziale Normen.

Ein internationales Journalistenkonsortium hat einen Teil der Rohdaten veröffentlicht, der bislang nur JournalistInnen zur Einsicht vorbehalten war. Das Auffällige: Während die Zeitung La Nacion in Costa Rica gleich mehrere JournalistInnen freistellte, um die Datenbank zu erstellen, reagieren deutsche KollegInnen sehr zurückhaltend auf die Veröffentlichung. Sie fürchten Vorverurteilungen und halten an ihrer Rolle als Gatekeeper fest. Wie falsch.

Ist es zu verantworten, dass einer breiten Öffentlichkeit Rohdaten „einfach so“ massenhaft zur Verfügung gestellt werden? Schon die Frage ist arrogant. Sie beinhaltet, dass eine unmittelbare Öffentlichkeit etwas strukturell Minderbemitteltes sein muss.

taz
Martin Kaul

ist taz-Redakteur für Politik von unten und twittert unter @martinkaul.

Solche Informationen, das unterstellt diese Frage auch, sollten weiterhin versierten Wirtschaftsjournalisten vorbehalten bleiben. Tatsache: Davon gibt es in Deutschland einige. Aber die Mehrheit bilden nun doch jene, die in der Vergangenheit mit ihrem engen Fokus auf DAX-Werte und Unternehmensbilanzen den kritischen Blick für Gesamtzusammenhänge allzu oft verloren haben.

Die Offshore-Daten haben im Verhältnis zu ihrem Umfang nur begrenzt skandalöse Einzelfälle offenlegen können. Dass nun auch die Öffentlichkeit mal reinschauen darf, ist eher eine Verlegenheitslösung als ein mutiges Zeichen.

Die Selbstverständlichkeit, mit der in anderen Ländern die Veröffentlichung mutmaßlicher Profiteure dieser strukturellen Schattenwirtschaft begrüßt wird, ist vorbildlich. Sollen wir hierzulande wirklich darauf vertrauen, dass es – um ein scharfes Bild zu benutzen – die Lohnschreiber des Kapitalismus sind, die diesen für uns begreifen sollen?

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Martin Kaul
Reporter
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3 Kommentare

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  • FE
    Franz Eher

    Welche Redaktion sägt sich gerne den eigenen Ast ab? Wäre doch peinlich wenn der eigene Verlag in den Offshore Leaks auftaucht.

     

    Die deutschen Medien und ihre Tradition wurden ntgegengesetzt zur Genfer Konvention(Kriegsschuld) bis 2099 fixiert.

    „Der Geheime Staatsvertrag vom 21. 5. 1949 wurde vom Bundesnachrichtendienst unter ‚Strengste Vertraulichkeit‘ eingestuft.

    Danach wurde der Medienvorbehalt der alliierten Mächte über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien‘ bis zum Jahr 2099 fixiert. Deutsche Medien sind also gezwungen das was sie veröffentlichen, nur so publizieren wie es die USA, Grossbritannien und Frankreich vorbestimmen.

    http://www.schweizmagazin.ch/news/ausland/4783-Deutsche-Medien-Verlacht-verhhnt-verspottet.html

     

    "Die deutsche Karte: Das verdeckte Spiel der geheimen Dienste. Ein Amtschef des MAD berichtet"

    Was soll man ernsthaft von den ÖR und anderen erwarten wenn auch noch der Widervereinigungsvertrag geheim ist?

  • V
    vjr

    Genau, Martin Kaul! Und danke!

  • D
    Detlev

    Ja - genau das ist es ja.

     

    Die Medien sind für echte Probleme und Konflikte nicht mehr da. Bis auf ein paar extreme (linke) Blätter, die allesamt immer Nieten im Anzeigenmarkt gewesen sind, gibt es in Deutschland keine Pressefreiheit mehr, jedenfalls nicht, wenn es um möglicherweise mächtige und reiche Steuerhinterzíeher geht.