Die schönsten Steueroasen (3): Heim für Chinas Bonzen

Hongkong hat sich zu einem der größten Anlegerparadiese der Welt entwickelt. Peking hält eine schützende Hand über die einstige Kronkolonie.

Beste Aussichten für Investoren: Hongkong mit Regenbogen. Bild: dpa

PEKING taz | Die Enthüllung hatte für Bloomberg ein übles Nachspiel. Journalisten des Nachrichtendienstleisters hatten im vergangenen Jahr das Familienvermögen von Chinas inzwischen amtierenden Präsidenten Xi Jinping in der südchinesischen Finanzmetropole Hongkong herausbekommen.

Das Einkommen von Xi selbst thematisierten die Bloomberg-Journalisten nicht, wohl aber das Vermögen seiner Verwandten - es soll sich auf umgerechnet rund 302 Millionen Euro belaufen. Prompt blockierten die Zensurbehörden daraufhin die Webseite von Bloomberg in China.

Ein herber Verlust für den Dienstleister, dessen Geschäftsmodell vor allem darauf beruht, die Finanzindustrie mit Nachrichten zu beliefern. In der inzwischen zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hat Bloomberg inzwischen viele Kunden. Was im Zuge des Bloomberg-Scoops unterging: Warum Xis Verwandte ihr Vermögen überhaupt in Hongkong gebunkert haben.

Seit ihrer Rückgabe an die Volksrepublik vor 15 Jahren hat sich die einstige britische Kronkolonie nicht nur zu einem wichtigen Finanzplatz, sondern auch zu einer der größten Steueroasen der Welt entwickelt. Hongkong genießt bis heute einen Sonderstatus mit eigener Währung, Gesetzgebung sowie eigenem Staatsbürger- und Steuerrecht – und ist damit ein beliebtes Schlupfloch vor allem für Chinas Vermögende geworden.

Jeder Finanzstrom wird streng kontrolliert

Während der Finanzsektor sehr stark reguliert wird, die chinesische Währung international nicht frei handelbar ist, der Staat seinen Bürgern überhaupt nur wenig Anlagemöglichkeiten bietet und jeden Finanzstrom streng kontrolliert, ist Hongkongs Finanzsektor das absolute Gegenteil. Das Bankgeheimnis ist gesetzlich verankert. Einkünfte und Erträge werden nur dann besteuert, wenn diese in Hongkong entstanden sind. Alle anderen Einkünfte sind steuerfrei, das heißt: Wer sein Vermögen in Hongkong anlegt, muss nicht Kapitalertragssteuer zahlen.

Zudem gibt es weder eine Quellensteuer noch irgendein Doppelbesteuerungsabkommen. Auf der Liste der größten Steueroasen des Netzwerks für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) liegt Hongkong inzwischen auf Platz 4. Das meiste Geld fließt vom chinesischen Festland nach Hongkong. Dabei handelt es sich oft um schwarz erworbenes Vermögen korrupter Beamter und Parteisekretäre. Sosehr Chinas Führung beteuert, im eigenen Land gegen illegale Kapitalströme vorzugehen - die Schließung des Steuerschlupflochs Hongkong interessiert sie bislang nicht. Wohl aus Eigeninteresse.

Der internationale Druck hält sich bislang in Grenzen. Mit China will sich offensichtlich niemand anlegen. Längst haben aber auch die internationalen Finanzplayer Hongkong für sich entdeckt. So gut wie jedes an den Börsen in London oder an der Wall Street registrierte Unternehmen hält mindestens eine Briefkastenfirma in Hongkong.

Und auch für die Banken ist Hongkong ein Paradies. Von den 100 weltweit größten Instituten sind 70 hier vertreten. Superreiche aus aller Welt haben laut Tax Justice Network 2010 zwischen 21 und 32 Milliarden US-Dollar gebunkert. "Hongkong profitiert von den verschärften Bedingungen für die bisherigen Steueroasen in Europa und Nordamerika", sagt Finanzexperte Niels Johannesen von der Universität Kopenhagen.

Wer in Hongkong nicht in der Finanzbranche arbeitet, leidet unter dem Kapitalzufluss aus aller Welt. Die Preise vor allem für Immobilien sind ins Unendliche geschossen, die Stadt gilt als eine der teuersten der Welt. Viele Hongkonger mussten in den letzten Jahren aus dem Zentrum ziehen, viele haben die Stadt verlassen. Auch Geschäfte und Restaurants mussten wegen hoher Ladenmieten schließen. Dabei stand Hongkong lange vor allem für eins: seine Garküchen. Der Finanzsektor hat sie weggefegt.

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