Kommentar Österreichs Asylpolitik: So werden Notlagen geschaffen

Die österreichische Asylpolitik macht aus Flüchtlingen Problemfälle. So scheint ein immer schärferes Vorgehen gegen sie legitimiert.

Eine österreichische Landschaft mit Bergen, blauem Himmel und Wolken

Manchmal ist Österreich ja ganz schön… Foto: dpa

Österreich brüstet sich damit, in den letzten Monaten mehr Flüchtlinge abgeschoben zu haben als irgendein anderer EU-Staat. Schwierigkeiten bereiten Asylbewerber aus Ländern, die ihre Staatsbürger nicht aufnehmen wollen, und jene, deren Asylgründe zwar nicht anerkannt wurden, die aber eine Rückkehr zu riskant finden. Nicht zu vergessen sind auch diejenigen, deren Familien sich hoch verschuldet haben, um sie nach Europa zu bringen.

Bei all jenen helfen weder Rückkehrberatung noch finanzielle Anreize. Also greift der Staat zu Zwangsmaßnahmen, die auf individuelle Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen: Strafen und Entzug der Fürsorge.

Amnesty International hat im Begutachtungsverfahren zur bevorstehenden Asylrechtsnovelle gewarnt, es würden dadurch „humanitäre Notlagen geschaffen“ – zu Recht. Sichtbare Konsequenz, vor allem in den Städten, wären dann obdachlose und bettelnde Nichtösterreicher. Wenn nicht gar kriminelle Banden, die keine andere Überlebenschance finden. Für viele, die bisher die Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben, würden damit die Asylsuchenden nicht nur sichtbar, sondern als Problemfälle auffällig. Das wiederum begünstigt die Akzeptanz von Zwangsmaßnahmen, die vor Kurzem noch als unmenschlich oder übertrieben abgelehnt worden wären.

Bisher war es folgendermaßen: Wer sich gut benimmt, kann nicht eingesperrt werden. Das soll sich jetzt ändern. Die Regierung schafft sich auf diese Weise die Voraussetzungen, die ein immer schärferes Vorgehen gegen Fremde zulassen.

Warum die SPÖ, die bisher bemüht war, gewisse humanitäre Standards nicht zu unterschreiten, die von Innenminister Sobotka (ÖVP) ersonnenen Verschärfungen brav abnickt, ist leicht zu erklären. Es ist ein Signal an all jene Wähler, die sie an die FPÖ verloren hat. Damit begibt sie sich fahrlässig in eine Spirale immer härterer Asylpolitik, an der die FPÖ lustvoll dreht.

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*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

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