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Kommentar Neonazis aus HoyerswerdaDas Urteil ist nicht das Problem

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Die Bewährungsstrafe für die tyrannisierenden Neonazis ist durchaus hart. Was in der Stadt Hoyerswerda passiert, ist hingegen eine Kapitulation.

Offenbar herrscht in Hoyerswerda ein Klima, das den Neonazis freie Bahn signalisiert Bild: dpa

E s klingt erst mal ungeheuerlich: Stundenlang tyrannisiert eine achtköpfige Horde Neonazis im sächsischen Hoyerswerda ein junges Paar, randaliert vor deren Wohnungen, droht mit Vergewaltigung und Mord. Und selbst jetzt noch, im Gerichtssaal, feixen die Rechten. Und dann das Urteil: läppische Bewährungsstrafen. Wie bitte?

Schon spricht das Internationale Ausschwitzkomitee von einem „Skandal“, empfinden die sächsischen Grünen einen „faden Beigeschmack“. Und tatsächlich mutet es bizarr an, wenn der Richter von einer „günstigen Sozialprognose“ der mehrfach vorbestraften Rechten spricht.

Fakt aber ist: Das Gericht war in seinem Urteil durchaus hart, es schöpfte den Strafrahmen aus. Mit der gestellten Anklage – Bedrohung und Beleidigung – hatten die Rechten kaum mehr als Geldstrafen zu erwarten. Nach Hause gingen sie nun mit Freiheitsstrafen. Auch der Opferanwalt sprach von einem Urteil, mit dem seine Mandanten „leben können“.

Das Problem ist ein anderes. Beängstigend bleibt, wie selbstsicher sich die Neonazis gaben – nicht nur im Gerichtssaal, auch am Tattag. Stunden brauchte die Polizei, um deren Randale unter Kontrolle zu bringen. Am Ende empfahl ein Beamter den Opfern gar den Wegzug, statt die Neonazis in die Schranken zu weisen. Das Paar kam dem nach.

Was in Hoyerswerda passiert, ist eine Kapitulation. Offenbar herrscht in dem Ort ein Klima, das den Neonazis freie Bahn signalisiert. Nicht nur die Polizisten, auch die Nachbarn blieben regungslos. Für dieses Versagen nun eine Wiedergutmachung durch die Gerichte einzufordern, ist denkbar kommod. Um der gefährlichen Gleichgültigkeit etwas entgegenzusetzen, braucht es in Hoyerswerda – und nicht nur dort – keine anderen Urteile. Sondern Menschen, die sich der Verachtung offen entgegenstellen.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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56 Kommentare

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  • "Synagoge angezündet"

     

    Ja, lieber Gast, so wird es gewesen sein.

    Welche Synagoge haben die Deiner Meinung nach am 17./18.10.2009 angezündet?

    Ach so, das weißt Du nicht?

    Wie schade.

     

    Aber mit Synagoge war was in dieser Zeit in Dresden. Am 08.11.2009 hat ein Antisemit ein Hakenkreuz an die dresdner Synagoge geschmiert. Erst hat das große Wellen geschlagen. Als der Täter ermittelt war, hat es nur noch am Rande interessiert; wir wollen ja nicht islamophob sein.

     

    Davon ab, selbst wenn die drei Nazis Straftaten begangen hätten, wäre das kein Grund für diese Gewaltorgie. Dann hätte eine vorläufige Festsetzung bei gleichzeitiger Benachrichtigung der Polizei gereicht.

    Oder?

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Frank Naumann:

      Ich habe hier lediglich Fragen gestellt. Wenn Du versuchst mir meine Fragen als "Behauptungen" auszulegen, belegst Du damit nur Deine Unseriösität in der Argumentation.

       

      Aber daß Du einen vier Jahre alten Übergriff auf drei vermutlich Rechte durch offensichtlich Unbekannte thematisieren mußt, um der ständigen rechten Gewalt in Sachsen auch nur irgendetwas entgegenstellen zu können zeigt ja auch, wie armselig Dein Standpunkt im Grunde ist.

       

      Allein in Sachsen hat es 2009 über 260 rechtsextreme Anschläge gegeben, also etwa alle 17 Stunden eine Straftat mit rechtem Hintergrund. Und hierbei handelt es sich ausschließlich um Gewalt gegen Menschen, nicht um Propagandadelikte, wie etwa beschmierte Häuserwände. 446 Menschen waren in diesem Zeitraum von rechter Gewalt unmittelbar betroffen.

       

      Darunter Angriffe gegen "nicht eindeutig dem rechten Spektrum zuzuordnende" Jugendliche: 121

      Angriffe mit rassistischem Motiv: 66

      Angriffe gegen "politische Gegner" (z.B. Engagement gegen Rechtsextremismus): 49

       

      Zusammengefasst wurden nur in Sachsen 2009 pro Woche etwa 5 rechte Terrorakte verübt, zumeist gemeinschaftlich, dabei waren etwa zwei bis dreimal nicht-rechte Jugendliche und einmal Migranten das Ziel, außerdem einmal pro Woche gezielt Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, z.B. Pfarrer, Mitarbeiter in Beratungsstellen, Kommunalpolitiker, etc.

       

      http://raa-sachsen.de/images/Statistiken/statistik_2009.pdf

       

      Als herausragendes Ereignis rechtsmotivierter, antimuslimischer Gewalt im Jahr 2009 nicht nur für Dresden und Sachsen war sicherlich der Mord an der aus Ägypten stammenden Marwa El-Sherbini am 1. Juli 2009. Sherbini, eine studierte Pharmazeutin, war weder religiös noch politisch aktiv.

       

      Und daß man eben nicht mehr davon ausgehen kann, daß die "Festsetzung bei gleichzeitiger Benachrichtigung der Polizei gereicht" hätte, zumindest solange es sich um rechtsextremisten handelt, das ist ja nun auch Gegenstand des Artikels.

  • HB
    Harald B.

    Nach Durchlesen vieler Kommentare würede ich der taz empfehlen mal einen Crashkurs für ihre Leser und Forenschreiber über unser Rechtssystem zu machen und zu erklären, wie Strafverfahren funktionieren. Und dass Nazis, Rechte, Linke und Mittlere vor dem Gesetz gleich sind.

  • Die Bewährungsstrafe - hart?

    Hä? - die lachen sich doch ins Fäustchen.

    EMPÖÖÖREND!

     

    HOYERSWERDA ist für lange Zeit nicht mehr aus dem Gedächtnis zu löschen, steht für beängstigende Fremdenfeindlichkeit, für johlenden Mob - für halbherziges

    Vorgehen gegen Kriminelle -

    statt für Mitmenschlichkeit ...

     

    Man war ja schon viel zu lange auf dem rechten Auge blind. Kein Grund also, auf diese Nachlässigkeit (den Rechten weiterhin mit Milde zu begegnen) mit neuer Nachlässigkeit zu reagieren. Die Folgen sonst wären noch unmenschlicher.

     

    Man hat sich mit dem Gerichtsurteil gegen das junge Paar entschieden statt seinen Mut zu würdigen, hat es hingenommen, daß es für seine Zivilcourage aus d. Stadt weichen mußte - Oberwasser aber verschafft man so immer wieder den Nazis.

    Ja, es klingt ganz nach Kapitulation!

    Wo aber soll das bloß noch hinführen??

     

    Deshalb: Durchsetzung des

    NPD-VERBOTS wenigstens JETZT - und Härte gegen Rechts so schnell wie möglich, bevor vollends alles aus dem Ruder läuft!

  • Das Urteil ist nicht das Problem, sondern wie wir mit solch einer Situation umgehen!

     

    Wir finanzieren lieber Schmuseprojekte für die(se) "körperlichen Mißbildungen" und die geistigen Störungen ebenso, wie für die immer häufigeren brutalen Angriffe der psychisch Gestörten. Wo Mörder mit der vollen Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen werden, da mildern Richter bei ...-lern sofort die Urteile ab, weil diese ja extrem häufig "psychisch gestört" und nicht voll zurechnungsfähig sind.

     

    Mörder werden von MP Tillich begnadigt.

  • André Schulz (Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter): „Ich frage mich wie viel Dummheit oder Weltfremdheit in einem Polizeibeamten stecken darf, ohne dass er aus dem Dienst entfernt wird."

     

    Yonas Endrias (Menschenrechtler aus Berlin): "Die meisten Übergriffe kommen nicht von Skinheads, sondern von scheinbar ganz normalen Menschen". Und was macht solche "ganz normale" Menschen zu Massenmördern?

  • Das Urteil ist nicht das Problem, es ist die Mentalität!

     

    "So what?" - so beschrieb der Soziologe Heinz Bide bei ZEIT ONLINE die Reaktion vieler Westdeutscher auf diesen Prozess der Entzivilisierung.

     

    Ich trauere immer noch um den kleinen 6-jährigen Joseph aus Sebnitz. +++ Er hatte nicht die geringste Chance +++

     

    Der Hallesche Universitätsprofessor Marneros schreibt in seinem Buch (Blinde Gewalt): „Wenn aus purer Lust an sinnloser Gewalt getötet wird". Er schreibt nicht über Kampfhunde, Hyänen oder Kojoten, nein, er schreibt über ...-ler.

  • Am Morgen des 18.10.2009 stand eine Gruppe von drei Leuten, die am Outfit als Nichtlinke erkennbar waren, an der Straßenbahnhaltestelle.

    Dahin kam eine Herde von 15 notorischen Gewalttätern (sog. "Antifaschisten), die sofort den "friedlichen Widerstand" couragiert aufgenommen hat.

    Die 3 erlitten diverse Prellungen, einer einen Schädelriss.

     

    Wie die Verbrecher, die Antifaschisten, bestraft werden, muss ich hier sicherlich nicht erklären.

    Aber seltsam, keiner hier findet es sonderbar, dass die Verbrecher, die Antifaschisten, nicht nur keine Bewährungsstrafe kriegen, sondern gar nicht bestraft werden.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Frank Naumann:

      Wann wurde denn vor welchem Gericht gegen die Täter verhandelt, bzw. hat man überhaupt irgendjemand wegen der (Mit-)Täterschaft in dieser Sache vernommen, verhaftet, angeklagt?

       

      Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das "Outfit als Nichtlinke"? Beinhaltet das z.B. auch das Zeigen von Abzeichen und Emblemen verbotener Organisationen und wenn ja, wieso schreitet da die Polizei in Dresden nicht ein?

       

      Und woher kamen die "drei Leute" denn? Kamen sie von der Spätschicht? Waren sie auf dem Heimweg von einem Nazi-Konzert oder von einem Überfall auf ein linkes Kulturzentrum? Haben sie vorher ein paar Punks zusammengeschlagen, ein Asylbewerberheim oder eine Synagoge angezündet oder "nur" einen Obdachlosen?

       

      Manchmal ist es so einfach wie es aussieht. Manchmal aber auch nicht.

    • @Frank Naumann:

      Sorry, den Tatort vergessen: Dresden, Stadtzentrum, Haltestelle Ringstraße

  • T
    tro

    Kapitulation?

     

    Leider hat die TAZ vergessen zu berichten, dass dort gerade eine neue Unterkunft für Asylanten hergerichtet wird. Zusätzlich hat sich eine Initiative gegründet, die darüber hinaus einiges vor hat, was viel Kraft und Mut erfordert.

     

    http://www.tagesspiegel.de/politik/23-jahre-nach-dem-angriff-neue-unterkunft-fuer-bis-zu-120-fluechtlinge-in-hoyerswerda/9386864-2.html

  • JD
    John Doe

    Was ist bitte das »Internationale Ausschwitzkomitee«?

  • G
    genervt

    Nein, das Gericht hat sich eben darin verrannt, dass die Nazis keine Nazis seien und deswegen auch nicht fremdenfeindlich agiert haben können. Das hat was mit Blindheit auf dem rechten Auge zu tun, oder mit Inkompetenz. Ist aber in unserem Justizapparat doch beides keine Seltenheit ;)

    Wer bei mehrfach vorbestraften Nazis von einer "günstigen Sozialprognose" ausgeht, der sollte vielleicht lieber Mathematik in der Baumschule unterrichten – aber nur erste und zweite Klasse, alles andere könnte dann überfordern.

    Man sollte eben nicht jeden Mist nachplappern, den einem die Obrigkeit eintrichtert ;)

    • G
      Grast
      @genervt:

      Die "günstige Sozialprognose" stößt mir auch übel auf. Allerdings wurden die Nazis hier nicht dafür angeklagt das sie Nazis sind, sondern wegen Beleidigung, etz. Sie werden als ganz normale Menschen angeklagt und dafür sind sie hart bestraft worden.

  • G
    gast

    liebe taz, wenn ihr glaubwürdig sein wollt, dann messt doch bitte gewaltandrohung nicht mit zweierlei maß

     

    in diesem fall rollen die tränen der empörung.

     

    bei gewaltandrohung gegen die nachmieter von besetzten häusern, die mit dem eigentlichen streit, der räumung und dem politischen hintergrund überhaupt nichts zu tun haben kommt von euch ein augenzwinkernder "selber schuld" kommentar - natürlich ganz ohne bibbernde empörung wie im kommentar oben (stichwort liebigstrasse)

     

    sorry, aber das kann man dann leider nicht ganz ernstnehmen, entweder gilt gleiches recht für alle oder nicht

     

    und wenn gleiches recht für alle nicht gilt, dann seid ihr der gegenseite näher als euch lieb ist

    • G
      genervt
      @gast:

      Oooooohhhh eine Runde Mitleid bitte für die Verständnislosen – was, ist aus? Na sowas!

      Das ist ein Kommentar. Der Sinn liegt darin, dass der Autor oder die Autorin in einem Kommentar seine oder ihre Meinung frei artikulieren darf. Da kann es schonmal vorkommen, dass in einer Zeitung, die keinem Diktat oder keiner Tyrannei unterliegt zwei Autoren zwei unterschiedliche Standpunkte haben und die Texte trotzdem nicht zensiert und auf eine Linie gebracht werden. Und das schlimmste ist, zumindest, wenn man so leicht zu verwirren ist wie Sie: bei drei Autoren kann es drei Meinungen und – jetzt halten Sie sich bitte fest – bei noch mehr Autoren auch noch mehr Meinungen geben. Das ist es, was eine überparteiliche unabhängige Tageszeitung von einem gleichgeschalteten Propaganda-Blatt irgendeiner wie auch immer gearteten Gesinnung unterscheidet.

      Schwer zu verdauen oder? Und ja, wenn jemand angegiftet wird, weil er mit seiner Finanzierung der sogenannten Gentrifizierung und Vertreibung weniger betuchter Vorschub leistet, dann ist das etwas anderes, als wenn Menschen Tod, Gewalt ja sogar Vergewaltigung angedroht wird nur weil sie anders aussehen. Jeder kann sich über seine Wohnung informieren, jeder kann auch seinem Vermieter sagen "das geht so nicht", aber niemand kann sich sein Aussehen oder seine Herkunft aussuchen und sollte trotzdem die Freiheit habe, zu leben wo er oder sie will. Vor allem dann, wenn dadurch keine anderen Menschen vertrieben oder benachteiligt werden. Ist aber schön, dass die, die für ihre Herkunft und ihr aussehen angegriffen werden bereit sind, umzuziehen und den braunen Vollidioten das Feld zu überlassen – die Bonzen, die Wohnraum unnötig verteuern und Vielfalt und Kultur immer mehr aus den Städten verdrängen bleiben komischerweise feist in ihren Buden sitzen. Also, wo genau war jetzt ihr Problem? Achja, Sie verstehen es einfach nicht ...

      Aber schön zu wissen, welcher Ideologie Kind Sie sind.

      • G
        Grast
        @genervt:

        Das mit dem "gleiches Recht für alle" ist bei Ihnen noch nicht angekommen oder?

    • H
      Hans
      @gast:

      Natürlich kann man das, das tut und tat der Gesetzgeber/Justiz auch.

       

      Bitte informieren Sie sich doch über unsere Gesetze, bevor Sie so subjektives Wissen von sich geben.

  • Als jemand der häufig bei Strafverfahren anwesend ist kann ich nur sagen, das Strafmaß bewegt sich im Rahmen des allgemein üblichen.

    Es kann ja wohl nicht angehen, dass ein rechter Straftäüter härter bestraft wird, als beispielsweise ein enttäuschter Liebhaber, der das Objekt seiner Begierde mit Todesdrohungen verfolgt.

    • C
      cosmopol
      @mir-kommen-die-tränen:

      DIeser Kommentar steht dann unter einem mit "Das Urteil ist nicht das Problem" überschriebenen Text. Glanzleistung. ^^

      • @cosmopol:

        wenn auch die TAZ die Angemessenheit des richterlichen Urteils sehr wohl erkennt, so doch viele Leser nicht, siehe

        @genervt,: man kann nicht Leute für Straftaten einsperren, die sie noch nicht begangen haben und deren Begehung so absolut sicher nicht ist, da ist Bewährung und eine gewisse "Gängelung" durch Auflagen angemessener.

        Fazit: Sonst sind alle hier so liberal wenn's ums Strafrecht geht, wenn's sich aber um Rechte dreht, hängt man selber gerne den Fascho raus.

    • G
      genervt
      @mir-kommen-die-tränen:

      Doch könnte es sehr wohl. Der Nazi ist eine Gefahr und ein Problem für viele Menschen. Der enttäuschte Liebhaber bedroht genau eine Person. Gefällt mir auch nicht, ist aber sonst auch gerne mal ein Argument für härtere Strafen.

  • RP
    Roman P.

    "Fakt aber ist: Das Gericht war in seinem Urteil durchaus hart, es schöpfte den Strafrahmen aus." (Konrad Litschko, taz)

     

    Herr Litschko, bitte erklären Sie mir das:

     

    § 185

    Beleidigung

     

    Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

     

    § 241

    Bedrohung

     

    (1) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

    • @Roman P.:

      Bei den Handlungen der Täter ist von Tateinheit gem. § 52 I, II StGB auszugehen, was bedeutet, dass eine Gesamtstrafe gebildet wird. Diese richtet sich nach § 54 StGB. In Absatz 2 dieser Norm ist geregelt, dass die Gesamtstrafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen darf. Das Tatbestandsmerkmal "mittels einer Tätlichkeit" ind § 185 StGB war hier nicht erfüllt, da sich diese Tätlichkeit unmittelbar gegen den Körper des Opfers hätte richten müssen, etwa eine Ohrfeige. Damit haben wir einen Maximalstrafrahmen von einem Jahr für die Beleidigung sowie von einem Jahr für die Bedrohung. Das bedeutet folglich, dass sich die Gesamtstrafe UNTER zwei Jahren bewegen muss. Bis zu zwei Jahren KANN eine Strafe gem. § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, und wird dies sehr häufig auch. Um vernünftig zu beurteilen, ob letztlich auch eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung angebracht wäre, müsste man allerdings die Akten kennen und die Verhandlung miterlebt haben. Das lässt sich anhand von Zeitungsartikeln nur unzureichend beurteilen. Bauchmäßig stimme ich allerdings mit dem Autor überein, das Urteil ist für Beleidigung und Bedrohung im Vergleich mit anderen Fällen durchaus kein weiches.

      • BB
        Butter bei die Fische
        @belleforet:

        Bewährung gibt es meines Wissens nach nur, wenn keine Vorstrafen bzw. Bewährungsauflagen aus vorangegangenen Urteilen vorliegen. Und die Herren waren ja bereits polizei- und gerichtsbekannt und mit einschlägigen Urteilen belastet, oder irre ich mich?

  • Was soll das sein, Strafvereitelung im Amt? Das war keine aus dem Ruder gelaufene private Auseinandersetzung, sondern politisch motivierte Gewalt. Pathetisch formuliert: ein Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, denn die hört auf zu existieren, wenn man mit so etwas rechnen muss.

     

    Man könnte natürlich auch mal das StGB lesen und merken, dass hier nicht Bedrohung und Beleidigung angesagt sind, sondern Geiselnahme und Bildung einer terroristischen Vereinigung:

     

    http://dejure.org/gesetze/StGB/129a.html

     

    http://dejure.org/gesetze/StGB/239b.html

     

    Und da reden wir dann, wie überraschend, nicht mehr über Geldstrafen.

     

    So, und nun dürfen die Ordnungsmacht und die Justiz sich wieder mit der Härte des Gesetzes den Raubmordkopierern und Falschparkern widmen.

    • A
      ama.dablam
      @Hauke Laging:

      Entsprechend Ihren Subsumtionsfähigkeiten werden dann Aufrufe zum Schottern auch nach § 129a (2) StGB zu verfolgen sein oder wie jetzt?

      • @ama.dablam:

        Wenn eine möglichst dumme eigne Bemerkung als Argument gegen andere herhalten muss, weil man sonst nix zu bieten hat, dann hat man es üblicherweise mit Juristen zu tun.

        • @Hauke Laging:

          Die Bemerkung war nicht dumm, sondern zutreffende Kritik. Wer argumentiert mit "auch mal das StGB lesen", nimmt für sich ja letztlich in Anspruch, rechtskundiger zu sein als das Gericht. Und das wirkt bei einer derart abstrusen Behauptung wie der Ihren einfach lächerlich und provoziert daher solche Aussagen. Das Verhalten der Täter fällt nunmal NICHT unter die von Ihnen genannten §§, Punkt. Eine analoge Anwendung der Normen wäre erstens von deren Inhalt her absurd und verbietet sich zweitens im Strafrecht sowieso von vornherein. Man sollte das StGB eben nicht nur gelesen, sondern auch verstanden haben, wenn man sich derart weit aus dem Fenster lehnt...

  • C
    cosmopol

    Ich finde das garnicht so weltfremd. Das sagen nämlich so gut wie alle Leute die aus der Gegend kommen. Hoyerswerda ist seit mindestens einer Generation als Nazihochburg verschrien.

  • B
    Brennessel

    Man hätte ergänzend zur Bewährungsstrafe ruhig noch reichlich Sozialstunden verhängen können. Abzuleisten zum Beispiel in Alten- oder Behindertenheimen. Oder sogar in Aylbewerberheimen. Da hätten die JUngs dann ihre positive Sozialprognose bestätigen können. Wie gesagt hätte man...

  • F
    FRanke

    Man kann sich darüber aufregen, aber man sollte dabei sehr gründlich nachdenken.

     

    Das Problem wird im Text ja angesprochen: "Das Gericht ... schöpft aus."

     

    Und nicht nur die gesetze sind nunmal sehr 'liberal' geworden - und somit halt auch gegenüber Nazis, sondern eben auch die Polizei und Co. - Und damit kommt eben dann 'dudu, das macht man nicht!' heraus anstatt der wohl hier in diesem Fall angebrachte Schlagstock.

     

    Und ja, die Opfer sidn die Opfer dieser Aktion, denn im Grunde war die zynische Antwort des Polizisten, dass doch die Opfer wegziehen sollen, das wohl vernünftigste, denn der Staat kann (und will) sie nicht schützen, da er die Maßnahmen die dafür nötig wären, nicht einsetzen kann und will. Denn die Maßnahmen wären (physisch) Gewalt und ein hartes Durchgreifen der Polizei inc. dem Risiko, dass der Täter bleibende Spuren behält, ohne das deshalb der Polizist groß belangt werden kann.

    Wer so was nicht will, der darf sich dann aber auch nicht über solche Fälle wie in Hoyerswerda wundern.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @FRanke:

      Achso, der Staat kann zwar das Recht auf Meinungsfreiheit partiell aussetzen und seine Knüppelgarde sich selbst ihren Anlass schaffend auf tausende friedlich demonstrierende Bürger loslassen, er kann im Wendland Fahrzeugscheiben einschlagen, Traktorreifen aufstechen und blutig geschlagene Bauern aus ihren Führerhäusern zerren, er kann im Stuttgarter Herrengarten Kinder und Rentner mit Wasserwerfern vom Gehweg schiessen und wie Kammerjäger mit Pfefferspray aus dem Rucksacktornister eindecken, in Frankfurt und Hamburg hunderte über einen halben Tag hinweg einkesseln, erkennungsdienstliche Maßnahmen mit Quarzsandhandschuhen und Verreiben ätzender Salben in die Augen vornehmen lassen, er kann, weil das alles ja offenbar noch nicht reicht, schonmal seine aufsässigen Bürger als "Abschaum" bezeichnen, rechtsextreme Internetportale hofieren und ob ihrer polizeifreundlichen Kommentare mit "öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten" gleichsetzen und er kann - rein präventiv - die pauschale Legitimation für den Gebrauch von Schusswaffen und scharfer Munition nach eigenem Ermessen bei zukünftigen Demonstrationen mit Teilnehmerzahlen im fünfstelligen Bereich einfordern...

       

      Nur mit acht besoffenen Nazis, da wird er einfach nicht fertig, der Staat und seine Ordnungsmacht. Die dürfen leider weiter randalieren, dagegen ist nunmal kein Kraut gewachsen.

      • D
        DaW
        @Butter bei die Fische:

        Ihre Argumentation harkt an einer entscheidenden Stelle: Sachsen ist nicht Hamburg. Weil Hamburg unter Lukaschenko II. anscheinend genug Polizisten hat, um eine Gefahrenzone durchzusetzen, heißt das nicht, dass es in Sachsen, insbesondere in Hoyerswerda, auch genug Polizisten gibt. Sie reden hier schließlich von der LANDESpolizei.

        • BB
          Butter bei die Fische
          @DaW:

          Erstens ist "meine Argumentation" nicht zum Jäten im Gemüsebeet bestimmt, zweitens würde ich die Verhältnis in Hamburg eher mit denen in Istanbul und Scholz mit Erdogan vergleichen, drittens aber spielt in der Argumentation von Franke, auf die ich mich beziehe die bloße Anzahl der Ordnungshüter ja überhaupt keine Rolle. Er behauptet vielmehr, ohne repressive Gesetzgebung und massenweise Richter im Schill-Format keine staatliche Handlungsmöglichkeit im Kampf gegen was-auch-immer. Und das ist ein ganz stumpfes Stammtischargument. Denn "der Staat" hat - auch in Sachsen mit rund 14.000 Landespolizisten (HH: rd. 10.000) - genügend Instrumente um gegen das Nazipack konsequent vorzugehen. Er will es aber nicht. Und das in Sachsen vielleicht noch ein bisschen weniger als anderswo, und das hat natürlich auch mit der dortigen Bevölkerung zu tun.

           

          Ich bin selbst ein paar Jahre nach der Maueröffnung mehrmals für ein paar in Dresden und Umland gewesen und dort auf eine extrem heterogene Gesellschaft gestossen, zwischen den linken Punks und Studenten der Neustadt bis zu den unverhohlenen Nazis im bürgerlichen Gewand in den südöstlichen Gefilden gab es nicht viel "politische Mitte", wohl aber damals schon viel politisches Desinteresse, gerade den Rechtsextremisten gegenüber. Die hatten aufgrund der SED-Erfahrungen einen "Bonus", obwohl in den Führungskadern nicht wenige nach der Wende einfach nur die Seite gewechselt hatten.

          • BB
            Butter bei die Fische
            @Butter bei die Fische:

            Zweiter Absatz, zweite Zeile sollte "ein paar WOCHEN" heissen...

  • ND
    nazi durchfall

    der scheiß muss aufhören!

  • K
    Kaboom

    Möglicherweise kann man den "Freistaat Sachsen" dazu bewegen, aus Deutschland auszutreten. Was da abgeht hat mit Deutschland an Beginn des dritten Jahrtausends nichts, aber auch gar nichts zu tun.

    Alternativ könnte man allerdings auch wieder eine Mauer bauen. Und dieses Mal ist es ganz real ein antifaschistischer Schutzwall.

    • I
      Irrlicht
      @Kaboom:

      …damit dann auch die Opfer im Sachsemsumpf eingesperrt sind? Na, was ne tolle Idee...

    • D
      DaW
      @Kaboom:

      @ Kaboom: Möglicherweise kann man User wie "Kaboom" auch mal bewegen, ihr Hirn zu nutzen. Ich fühle mich als Sachse, der (wenn es die Zeit neben anderen gesellschaftlichen Engagements zulässt) ehrenamtlich Hausausgabenhilfe in einer Moschee leistet, von diesem idiotischen Kommentar zutiefst verletzt. Die Wörter, die ich ihm/ihr gern an den Kopf knallen würde, kann ich hier leider nicht wieder geben. Sie würden sich nicht allzu sehr von denen unterscheiden, die ich den Hoyerswerdaer Neonazis und ihren Unterstützern gern zurufen würde. Wahrscheinlich kapiert Kaboom selbst noch nicht einmal, dass er der Ideologie der Nazis näher ist als er glaubt. (Kleiner Denkanstoß: es geht um das Muster, das Fehlverhalten einzelner zu verallgemeinern und eine kollektive Strafe der ganzen Menschengruppe zu fordern.)

      • FU
        Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit
        @DaW:

        Also, also da muss ich Ihnen leider widersprechen:

        Faschistische Ansichten, rassistische Ansichten, wohlwollendes Wahlverhalten pro NPD sind häufig im Erzgebirge zu finden und an den Rändern des Erzgebirges. Und die Behörden, wenn Sie die denn meinen, existieren nicht am Rande der sächsischen Gesellschaft, sondern sind Nachbarn von Otto-Ottilie-Normalverbraucher_innen und betätigen sich gemeinsam in Vereinen und Verbänden, wo dann eine Gleicheit der Sachsen vorgegaukelt wird.

      • C
        cosmopol
        @DaW:

        Könnte aber auch sein, dass er die sächsischen Institutionen, Gerichte, Landesregierung, Polizei meint... anstatt die Bevölkerung. Ich würde zwar nicht so weit gehen, und behaupten der Rest Deutschlands wäre wirklich Naziunfreundlich, aber "sächsische Demokratie" ist nicht umsonst zum geflügelten Wort geworden...

        • D
          DaW
          @cosmopol:

          Das mag sein. Und es ärgert mich als Bewohner dieses Landes auch. Kaboom hat aber eindeutig nicht zwischen den Institutionen und den über 4.000.000 Individuen, die hier leben, unterschieden.

  • Hoyerswerda ist national befreite Zone. Heimat der Nazis vor und in den Häusern, den Amtsstuben, den Polizeirevieren.

    • T
      Tommy
      @vic:

      Weltfremde Antwort! Die Neonaziwlle ist im Osten am abklingen, die Stimmenzahl für die NPD ist klar am Fallen, sie wird bei der Bevölkerung nicht angenommen und wird aus dem Landtag fliegen. Wo bitte soll eine national befreite Zone sein?

      • H
        Hans
        @Tommy:

        Die haben natürlich genug von der NPD. Das ist eine konfuse Partei von V-Männern. Die gehen jetzt alle zu den Freien Kräften/Nationalen Autonomen

      • PH
        Peter Haller
        @Tommy:

        Weltfremde Antwort ?

        Hast du den Artikel nicht gelesen ? Und war da nicht noch was mit Hoyerswerda ?? Und waren damals nicht viele Einheimische dabei und haben zugeschaut ? Hat sich was geändert ?

        Fragt sich nur, wer da wohl weltfremd ist ?? Eine andere Beschreibung deines Textes verkneife ich mir.

        • T
          Tommy
          @Peter Haller:

          Ich kenne zufällig Hoyerswerda, habe Verwandete in der Nähe und wohne in Sachsen. Neonazis gibt es dort nicht mehr als anderswo.

          • I
            Irrlicht
            @Tommy:

            ...seltsam, daß meine dort wohnenden Verwandeten auf diese Begebenheit, auf die der Artikel sich bzieht, mit "Ja klar, ist typisch für die Gegend" kommentierten. Vllt gibt es dort nicht mehr Nazis - aber weniger Leute, die sich an ihnen stören? Denn genau darauf will der Kommentar hier hinaus!!

          • H
            Hans
            @Tommy:

            Es geht nicht nur darum, ob jemand NPD wählt oder ein Neonazi ist, es geht auch um Gewaltbereitschaft und Wille der Justiz und Polizei, dies zu verfolgen. Und da hat Sachsen leider in der Presse einen schlechten Ruf. Und ich kann diesen Ruf nach Besuchen in Sachsen, besonders in der sächsischen Schweiz bestätigen.

      • D
        DaW
        @Tommy:

        Ich würde das nicht unbedingt an der NPD festmachen (bzw. nicht aus hohen Wahlergebnissen): zum einen sind in einigen sächsischen Dörfern zweistellige Prozentergebnisse in absoluten Zahlen so um die 15 Wähler (während zugleich 50 Briefwähler in der benachbarten Kleinstadt eingerechnet wurden). Zum anderen dürfte nun die AfD, die bei der Bundestagswahl in Sachsen die 5-Prozent-Hürde übersprungen hat, viele Protestwähler von der NPD weglocken. Das soll natürlich nichts rechtfertigen, die NPD zu wählen ist auch aus Protest selten dämlich, und davon gibt es in Sachsen viel zu viele.

         

        Dennoch glaube ich, dass es außerhalb Sachsens eine verzerrte Wahrnehmung der hiesigen Situation gibt. Ist ja auch kein Wunder: Sachsen kommt ja eigentlich nur in Verbindung mit Nazis in einer breiteren, bundesweiten Berichterstattung vor. So wie Polen leider auf Autodiebstähle und Kaczynski reduziert wird. Und dann kommen Leute daher und meinen zu wissen, wie es "dort" ist. Aber was soll man von Medien erwarten, die von Berlin, Hamburg und NRW aus Pressemitteilungen auswerten? (Die Ostausgabe der "Zeit" ist ja wohl nichts weiter als ein Feigenblatt, um in der gesamtdeutschen Ausgabe ungestört mit seinem Dunkeldeutschlandhorror weitermachen zu können.)

        • I
          Irrlicht
          @DaW:

          "...Und dann kommen Leute daher und meinen zu wissen, wie es "dort" ist."

           

          ...manchmal langt es auch zu wissen, wie es bei einem selbst daheim NICHT ist.