piwik no script img

Kommentar Nato-TagungNotfalls ausbremsen

Kommentar von Otfried Nassauer

Geeint gegen Moskau – so die Strategie des scheidenden NATO-Generalsekretärs Rasmussen. Permanente Spannung liegt nicht im Interesse Europas.

Pappkamerad: Modellflugzeug auf dem Golfplatz des Hotels Celtic Manor, wo sich die Nato-Vertreter treffen. Bild: dpa

This is where the dragons play ... this is where dreams are made”. So wirbt das Celtic Manor Ressort in Wales um zahlungskräftige Gäste. Dort tagt die Nato und dort wirbt auch die Rüstungsindustrie für ihre Träume. Sorgfältig herausgeputzt stehen Panzerfahrzeuge auf den saftig-grünen Wiesen vor den Hotels, ein riesengroßes Eurofighter-Modell bildet den Hintergrund für den Auftritt des Nato-Generalssekretärs. Industrie und Nato lieben den Traum militärischer Muskelspiele.

Anders Fogh Rasmussmen, der scheidende Nato-Generalsekretär, wäre wohl lieber General als Sekretär. Er liebt den Auftritt als Scharfmacher und präsentiert seine Lieblingsargumente: Putin ist Schuld. Russland will nicht Partner des Westens, sondern Gegner sein. Es hat die Grenzen in Europa mit militärischen Mitteln verschoben. Seine Soldaten stehen in der Ukraine. Das darf nicht ohne Reaktion bleiben.

Die Nato muss sich wappnen und wehren, ihre militärischen Fähigkeiten ausbauen und Moskau deutliche Grenzen aufzeigen. Geeint gegen Moskau – das ist Rasmussens Überlebensstrategie für eine Nato, die nach Jahren in Afghanistan eine neue Kernaufgabe braucht. Die Ukraine-Krise soll die Nato retten.

Rasmussen steht keineswegs alleine. Das Baltikum, Polen und Rumänien sehen Russland ebenfalls lieber als Feind. Sicherheit vor Russland, nicht mit Moskau, so lautet das Credo. Diese Staaten wünschen schon lange Nato- und US-Truppen auf ihrem Territorium. Alles was Russland fürchten könnte, käme gerade recht. Selbst amerikanische Atomwaffen.

Soweit will und kann die Nato nicht gehen. Kleinere Verbände können stationiert werden. Die Infrastruktur, um schneller Verstärkungen aufnehmen zu können, soll entstehen, eine „Speerspitze“ von 4.-5.000 Soldaten sogar binnen Tagen. Eine Aufkündigung der Grundlagenakte mit Russland aber und eine Rücknahme der Verpflichtungen zu militärischer Zurückhaltung kommt dagegen nicht in Frage.

Otfried Nassauer

Es gibt auch andere Interessen in der Nato. Die westeuropäischen Kernländer der EU wollen keine Strategie der permanenten Spannung mit Russland. Im Gegenteil: Stabile, partnerschaftliche Beziehungen zu Moskau liegen im gegenseitigen wirtschaftlichen und politischen Interesse. Washington und London, die Europa gerne mit den Kosten einer Dauerkrise mit Russland belasten würden, muss man notfalls ausbremsen. Eine Strategie des Teilens und Herrschens auf Kosten Europas ist nicht im Interesse Europas.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Was geht uns eigentlich die Ukraine an ?

     

    Warum müssen wir unbedingt den Russen so auf die Pelle rücken und das korrupte Armenhaus im Osten in die Nähe EU und der NATO zu bringen ?

     

    Haben wir zuviel Geld fü Subventionen brach liegen ? Gibt es irgend etwas in der Ukraine was wir plötzlich dringend brauchen ? Oder ist das ganze nur ein perverses Spiel um eine Bedrohungskulisse zu erzeugen die die Umsätze der Rüstunmgsindustrie ankurbeln soll ?

  • Endlich ein taz-Kommentar zum Thema der nicht den Mainstream nachbetet.

     

    Gestern beim ZDBF Chat zu Maybrit Illner:

     

    Stefan Thiesen:

    Weshalb hat die europäische Politik Herrn Rasmussen nicht zurückgepfiffen, als der - als Vertreter der Executive - sich ständig in die Politik einmischte?

     

    Richard David Precht:

    Ich denke, Deutschland aber auch die EU spüren derzeit eine große Unsicherheit, wie weit sie gehen können, sich von der offiziellen Richtlinie der Nato zu entfernen. Ich gebe ihnen Recht, dass hier deutlich mehr Selbstbewusstsein erforderlich wäre und hoffe, dass Deutschlands dies in Zukunft auch zeigt.

  • "Anders Fogh Rasmussmen, der scheidende Nato-Generalsekretär, wäre wohl lieber General als Sekretär. Er liebt den Auftritt als Scharfmacher und präsentiert seine Lieblingsargumente:"

     

    Deutsche Wirtschaftsnachrichten:

    "Der EU Observer zitiert Rasmussen:

     

    „Ich werde mich nicht in die politische Diskussion der Ukraine einmischen. Doch lassen Sie mich daran erinnern, dass der Nato-Beitritt der Ukraine auf dem Bukarester Gipfel 2008 beschlossen wurde.“ http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/08/31/rasmussen-nato-beitritt-der-ukraine-bereits-2008-beschlossen/

     

    "MEMORANDUM FOR: Angela Merkel, Chancellor of Germany

    FROM: Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS)...

     

    You need to know, for example, that accusations of a major Russian “invasion” of Ukraine appear not to be supported by reliable intelligence...

     

    It appears to us that Rasmussen’s speeches continue to be drafted by Washington..." http://consortiumnews.com/2014/09/01/warning-merkel-on-russian-invasion-intel/

  • Bei den allgegenwaertigen TV-Diskussionen ueber die Ukraine und die - infantile - Reaktion der NATO merkt man mal wieder, wie weit die Gruenen von dem abgedriftet sind, was sie mal ausmachte. Als Marion van Haaren bei Phoenix davon sprach, die Logik des Drohens, des Militaerischen, des Kalten Krieges zu ueberwinden - Marina Weisband hat sich bei Beckmann aehnlich geaeussert - verstand Omid Nouripor ehrlich nicht, wovon sie sprach.

  • NATO ist nicht die Antwort auf die Konflikte in Osteuropa

    NATO-Gipfel in Newport beschließt schnelle Eingreiftruppe für Ukraine-Krise

    Statement von Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion GUE/NGL im Europaparlament, zum NATO-Gipfel in Newport:

     

    „Eine schnelle Eingreiftruppe in Osteuropa zu stationieren, ist mehr als ein weiterer Schritt der gegenseitigen Provokationen zwischen NATO und Russland. Es ist brandgefährlich. Die NATO ist nicht die Antwort auf die Konflikte und Probleme in Osteuropa.“

     

    Gabi Zimmer weiter: „Die fortgeschrittene Eskalationsspirale im Ukraine-Konflikt muss durchbrochen werden. Nur so wird eine politische Lösung möglich. Aber die NATO ist nicht auf Deeskalation und Zurückhaltung spezialisiert, wie die aggressiven Worte des scheidenden Generalsekretärs Rasmussen deutlich zeigen.“ Dieser hatte gestern Russland einen Angriff auf die Ukraine vorgeworfen.

     

    Wir rufen alle Beteiligten am heutigen Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe mit Nachdruck auf, alles zu tun, um einen sofortigen Waffenstillstand zu erreichen. Die diplomatische und politische Unterstützung dieser Gespräche ist aus unserer Sicht der bessere Weg als mit weiteren Sanktionen zu drohen.“

    DIE LINKE im Europaparlament

    • @Willi:

      Naja, eine Partei, die Milosevic den Hof macht... Waren schon seit ihrer Gründung Realitäten und bzgl. Ihrer SED-Vergangenheit verbohrt.

      • @Joe Montana:

        Wir können gerne über die CDU-Vergangenheit und die SPD-Vergangenheit sprechen. Ihr Beitrag ist abgedroschene Polemik.