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Kommentar NPDler aus Haft entlassenSymptom des Richtermangels

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Ein NPD-Politiker, der ein Asylbewerberheim angezündet haben soll, musste aus der U-Haft entlassen werden. Das hätte man vermeiden können.

Maik Schneider durfte vorerst gehen. Sein Fall ist kein Einzelfall Foto: dpa

M aik Schneider ist am Mittwoch zu seinem Prozess erschienen – obwohl er in der Woche zuvor aus seiner U-Haft entlassen worden war. Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hatte die U-Haft beendet, weil sie schon über drei Jahre andauerte und der Prozess nicht genug beschleunigt worden war.

Das OLG nahm damit zwar die Gefahr in Kauf, dass der NPD-Politiker, der ein Asylheim im brandenburgischen Nauen angezündet haben soll, vor der Urteilsverkündung untertaucht. Eine Strafe hat es Schneider damit aber nicht erlassen. Im Falle einer Verurteilung muss er eben länger sitzen.

Der Fall Maik Schneider ist allerdings kein Einzelfall. Immer wieder kommen Angeklagte wegen überlanger U-Haft zunächst auf freien Fuß. Ursache ist meist eine Mischung aus allgemeiner Überlastung der Justiz und vermeidbaren Verzögerungen durch das jeweils zuständige Gericht. Das OLG Brandenburg will seine Gründe im Fall Schneider erst in der kommenden Woche veröffentlichen.

Aber natürlich hat der Fall schon jetzt eine Diskussion über die Überlastung der Justiz in Brandenburg ausgelöst. Dafür sorgen schon die Richterverbände und die Opposition. Und man kann vermuten, dass auch die Richter des Oberlandesgerichts selbst nicht unglücklich sind, wenn ihre Entscheidung den Ruf nach mehr Richterstellen laut werden lässt.

„Pakt für den Rechtsstaat“

Dass bundesweit 2.000 Stellen für Richter und Staatsanwälte fehlen, ist allgemein anerkannt. CDU/CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag deshalb versprochen, mit den Ländern einen „Pakt für den Rechtsstaat“ zu schließen, der ebendiese 2.000 zusätzlichen Stellen für Richter- und Staatsanwälte vorsieht. In der kommenden Woche soll bei einem gemeinsamen Gipfel von Kanzlerin und Ministerpräsidenten verhandelt werden, wer dafür letztlich die Kosten tragen wird.

Entscheidungen wie im Fall Maik Schneider liefern die Begleitmusik zu diesen Verhandlungen. Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) musste sich jetzt im Landtag zwar unangenehmen Fragen stellen. Doch selbst er hat ein Interesse an der Empörung, weil sie vielleicht auch die Zahlungsbereitschaft der Bundespolitik erhöht.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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21 Kommentare

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  • @NICO FRANK Kenne zwei Staatsanwälte aus privatem Hobby-Umfeld. Wenn man mal so plaudert, wie man sich organisiert, ob der Schreibtisch ordentlich ist oder nicht, ganz privat.... haben sich BEIDE ähnlich und stolz geäussert: Mein Schreibtisch sieht schrecklich aus. Aber ich kenne mich in dem Chaos aus, kann sofort jede Akte finden!



    WAAAAS??? Die sind stolz darauf, die eigenen Akten zu finden, die sie selber untergearbeitet haben??? In keinem Unternehmen kämen sie damit durch! WAs, wenn Frau oder Herr Staatsanwalt plötzlich ins Koma fällt, einen Unfall hat, in Urlaub ist? WEr findet DANN die Akten? Ist das der Geist in der Justiz, ich finde meine von mir selbst verlegten Akten auf Anhieb? Na dann wundert mich nichts.

    • @Maria Burger:

      Ha noi. Nur wer das Chaos beherrscht -

      Kann einen Stern gebären!;) o.s.ä.

      unterm——zur Arbeitsweise -



      Bin mit einem nahezu fotografischem Gedächtnis ausgestattet (böse:StAs too?



      &



      Akten sind foliert. Was meinen Sie - wieviele (unerledigte “Pferdewechsel im Fluß“) Akten - ja einmal eine ganze Kammer aus einem anderen DunkelschLand -;)( - ich übernommen habe.

      & Däh! Start: Letzte Seite - “Bin ich überhaupt zuständig*¿!*“ Ja s’icher dat!



      Quod non est in actu - non est in mundi



      Wußten schon die alten Römer - “Was nicht in den Akten - ist nicht in der Welt.“ Gellewelle. & das ist gut so!

      Denn - entre nous - selbst gut gemeint beigelegte Entwürfe Schmierblätter etc:



      Regelmäßig - ab in den Papierkorb.



      (Ausnahme - bekannter Überflieger - aber selbst da!)



      &



      Das hat in Zeiten - 0/1&Textbausteine -



      Verschärft seinen Sinn! Aber Hallo!



      Selber - Denken - macht fett! Newahr.



      Normal.



      &



      Dazu mal dess. Post Erprobung MS eine Überfliegerin: “Ja Ja - 'fix aber falsch‘!



      Du kennst die höchst&erster! dieser Sorte im Haus. Jede! - aber auch jede Akte - mit spitzesten Fingern & klar von Anfang an - von A bis Z - in der eigenen Birne neu! Sonst kämste in Deubels Küche & den Namensvetter aus D-doof kennste ja ausreichend selber!“

      So weit mal

      kurz - Ball mal was flach halten & dess -



      Jau. Richter - sind halt keine Beamte &!



      Werden nicht für ihren Arsch bezahlt •

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Überlastung der Justiz ? Im aktuellen Fall offenkundig selbstverschuldet. Man geht als Vorsitzender eben ein hohes Risiko ein, wenn einem aus dem Ruder gelaufenen Schöffen nicht konsequent Einhalt geboten wird. Wer als Laienrichter eine Aussage eines Angeklagten als "Quatsch" bezeichnet, gibt mehr als deutlich zu erkennen, dass er nicht an die Unschuldsvermutung und nicht an ein faires Verfahren, vielmehr an eine sichere (Vor-) Verurteilung glaubt.



    Dies geschah zudem wohl eher in einem frühen Verfahrensstadium, anlässlich der Erstvernehmung des Haupttäters. Es wäre dringend erforderlich - und auch ohne nennenswerte Verzögerung möglich - gewesen, die Verhandlung von Neuem mit unvoreingenommenen Richtern zu beginnen.



    So muss man annehmen, dass die Kammer voreingenommen war und der Haupttäter mit seiner am oberen Ende des Strafrahmens ausgeurteilten Strafe einen - wohl bekannten - Nachschlag erhalten hat. Für seine und seiner Anwälte "Unbotmäßigkeit".



    Statt nun das Urteil in angemessener Zeit abzufassen (der insoweit nicht rechtskräftig Verurteilte befand sich seit dem Urteil seit fast einem Jahr in U-Haft), ließ sich der Vorsitzende Zeit und begründete dies mit Arbeitsüberlastung.



    Allein die Zustellung des Urteils habe mehr als ein halbes Jahr gedauert, was sich auch der brandenburgische Justizminister nicht erklären kann.

    www.rbb24.de/polit...aik-schneider.html

    Das Brandeburgische Oberlandesgericht spricht in seinem den Haftbefehl aufhebenden Beschluss von mehreren vermeidbaren Verzögerungen durch den Vorsitzenden.

    Diese angebliche Arbeitsüberlastung hat sich der pflichtvergessene Vorsitzende selbst, der brandenburgischen Justiz und dem BGH in gehäuftem Maße beschert. Durch eigene Versäumnisse und krass rechtswidrige Verfahrensgestaltung.

    Gut, dass nun wieder über angebliche Arbeitsüberlastung diskutiert wird, statt über Unfähigkeit.

  • Super, dann kann er ja munter weiter machen. Sind ja schon jede Menge von der Sorte untergetaucht oder sind ins nahe "Ausland" geflüchtet.



    Da fragt man sich was das noch für ein Rechtsstaat sein soll. Eher eine Bananenrepublik.



    Die Gerichte werden mit Asylklagen drangsaliert - verursacht durch unsachgemäße Fehlentscheidungen ungeschulter BAMF-Mitarbeiter, die Entscheidungen in völliger Willkür und nach Tagesform getroffen. Immerhin geht es hier um Menschenleben und das schimpft sich "Rechtsstaat". Wenn es jemals einer war, dann hat er sich längst verabschiedet.

  • Vorweg, ich bin kein Nazi-Freund. Aber eine U-Haft von drei Jahren ist eine Frechheit, hat weder mit einem Rechtstaat noch mit unserem Grundgesetz was zu tun. Der Normalfall ist der, dass jemand bis zu seiner Verurteilung als unschuldig gilt und die U-Haft im Grunde die Ausnahme stellt, die nur dann anzuordnen ist, wenn bestimmte Voraussetzungen (z.B. Flucht-und Verdunklungsgefahr) vorliegen.

    Ich empfehle mal allen taz-Lesern, in die Justizgebäude unseres Staates zu gehen und die Atmosphäre dort wahrzunehmen. Vor allem ab 14:30 die ruhige Wohlfühlatmosphäre, als sei man in einer Mediations – Lounge, zu fühlen und zu genießen. Dieses Gejammere von der Überlastung der Justiz d.d. jeweiligen Lobbygruppen. Anwesendheitspflicht einführen, freie Zeiteinteilung aufheben und eine strenge Fallzahlenkontrolle für die Richter und Staatsanwälte einführen, statt nach noch mehr Beamten für unseren Staat zu rufen. Vergleicht man man die Leistungen der Richter und Staatsanwälte in unserem Staat mit anderen OECD Staaten, dann liegen sie im Hinblick auf die Fallzahlenerledigungen im unteren Drittel, obwohl die Bezahlung unter den Top10 von 193 Staaten liegt.



    Mit erhobenem Zeigefinger auf Missstände in der Justiz in Italien, Griechenland und der Türkei zeigen und hier Menschen drei Jahre ohne Anklage einsperren, geht’s eigentlich noch?

    Wer kann den auf eine solche Justiz noch stolz sein?

    • @Nico Frank:

      „Ohne Anklage“ wäre der Mann doch gar nicht in Haft genommen worden. An der Anklage mangelt es hier also nicht - am Willen und an der Urteilsfähigkeit der Gerichte schon.

      „...Da steh'n 3 Nazis auf dem Hügel und finden keinen



      zum Verprügeln in Brandenburg, Brandenburg.



      Ich fühl' mich heut' so leer, ich fühl' mich brandenburg.



      In Berlin bin ich einer von 3 Millionen in Brandenburg kann ich bald alleine wohnen, Brandenburg...“ (Rainald Grebe, aus Brandenburglied)

  • Das Ereignis birgt vor allem eine Frage nach dem Sinn der U-Haft: Diese hat ausschlie0ßlich der Verfahrenssicherung zu diesen. Wenn der Angeklagte (zu Recht) bei deren überlanger Dauer entlassen werden muss und trotzdem im Verfahren erscheint ist das bei Anordnung der U-Haft vorgebrachte Argument einer Fluchtgefahr hinfällig - die U-Haft müßte, falls es keine anderen Haftgründe gab, für rechtswidrig erklärt und entschädigt werden; ein die U-Haft aufsaugendes Strafurteil hätte den faden Beigeschmack eines juristischen Pragmatismus bzw. die vollzogene U-Haft den Charakter einer ohne Urteil vorweggenommenen Strafe.

  • anschließe mich.

    unterm——& nochens —



    Die eigentlichen Gründe liegen aber tiefer.



    Es ist offensichtlich - daß auf der Ebene



    BVerfG - EuGH - der Dritten Gewalt -



    Art 20 Grundgesetz - GG - zunehmend eine politisch steuernde Funktion zugekommen ist. Bedingt durch hinkende Parlamente & über die Zäune fressende Exekutive.



    Daher wird seit längerem versucht, die Justiz zu instrumentalisieren durch eine Kombination von Austrocknung & Funktionsentzug.



    Dabei sind Vorsichherschieben eines - wie hier erkennbar - Stellentorsos & Senkung der Attraktivität via Abhängen vulgo Gehältereinfrierens - da noch die eher “flacheren“ Dreibastigkeiten.

    Die “Arschlöcher in Karlsruhe“ werden zwar zähneknirschend hingenommen. Wie aber gerade geschehen - wird die Besetzung immer stärker regierungskonform slimfunktionalisiert. Die Folgen liegen auf der Hand. Die Wächterfunktion wird tendenziell stärker ausgehebelt.

    Im Bereich z.B. der mißliebigen Verwaltungsgerichtsbarkeit - ist den Ansinnen des Wirtschaftlichindustriellen Bankenkomplex auf Verkürzung des Rechtsschutzes zu Lasten der Bürger & des Gemeinwohls - zugunsten aber einer Beschleunigung im Verwertungsinteresses voll entsprochen worden. Die Großverfahren sind zu den Oberen - ja Obersten Gerichten(Atom) gezogen worden. Flankiert von Siggi Plopps dreistem ÖPP-Desaster mit satter Rechtsschutzverkürzung & gerade - Versuch der Klagerechtsaustrocknung - Umwelthilfe.

    Dieses Szenario läßt sich beliebig & noch weit breiter - Fortstricken.



    Ziel ist die Reduktion auf 1877 - daher rührt noch heute das Gerichtsverfasssungsgesetz - GVG - 27. Januar 1877 (RGBl. S. 41) Inkrafttreten am: 1. Oktober 1879 (§ 1 EGGVG a. F.)



    Neubekanntmachung vom: 9. Mai 1975



    (BGBl. I S. 1077) - Liggers nich to glöben

    Mit der bekannten Formel “Was schert mich die Unabhängigkeit von Richtern.



    Solange ich über Einstellung Beförderung & Gehälter entscheide!“

    ff aber ja

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Seit es Richter gibt, klagen diese über angebliche Überlastung und zu schlechte Bezahlung (orientiert wird sich an den doch viel besser entlohnten Rechtsanwälten, selbstredend an den Spitzenverdienern in der Branche (wobei das Interesse der Richterschaft an einer 60 Stunden Woche dann doch eher gering ausgeprägt ist).

      Eine großzügige Alimentierung und Altersversorgung, weitreichende Narrenfreiheit unter dem Deckmantel des Dogmas der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) - es gibt keinerlei Weisungsrechte der Vorgesetzten selbst bei Arbeitsverweigerung, wird seitens der Richterschaft dabei gerne übersehen.

      Rechtsbeugung, durchaus oft zu beobachten, wird nicht verfolgt, der angeblich grundgesetzlich verbürgten Narrenfreiheit wegen. Nicht ein Richter des NS-Staates hat sich deshalb verantworten müssen, da waren und sind die Kollegen davor. Dies und die entsprechende Kontinuität in der BRD hat der Verteidiger Rolf Bossi, dessen Vater im 3. Reich von einem Nazi-Standgericht wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, beredt und völlig zutreffend scharf kritisiert und sich vergeblich für eine Sühne belasteter Richter aus der NS-Zeit und für eine angemessene Bestrafung von rechtsbeugenden Richtern in der BRD eingesetzt. Völlig vergeblich, selbstredend.

      Halbgötter in Schwarz. Deutschlands Justiz am Pranger. Eichborn, Frankfurt am Main 2005.

      Wenn Richter etwas nicht können, dann ist das Fehlerkorrektur. Sie richten lieber.

      Die Wächterfunktion der Verwaltungsgerichte dürfte ebenfalls gering ausgeprägt sein. Im Ausländer- und Asylrecht war und ist das Bundesverwaltungsgericht williger Vollstrecker einer restriktiven Politik oder handelt im stets vorauseilendem Gehorsam. Da ist es in der Tat gut, dass es weitere Gerichte auf europäischer Ebene gibt, insbesondere den Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg, die doch sehr oft justizielle Missstände in Form von Menschenrechtsverletzungen deutscher Gerichte halbwegs korrigieren.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        “Halbgötter in Schwarz.“*¿*

        Ja - da hatte ich Glück.



        Als ich Schützenfestmontag in NRW den dienstlichen Schrank aufmachte. &



        “Is ahls wigger Karneval*¿*“ - dachte.



        Eine blaue Robe hing da. Fein raus - hm

        unterm—- zur “Arbeitszeit“ - mal dess.



        “Du arbeitest ja eigentlich gar nicht richtig!“ - befand meine 12jährig Älteste. Kein Wunder - sprang ihre Mutter doch knapp vor sieben aus den Federn&Haus - um um 7 Uhr am O-P-Tisch zu stehen & gegen fünf halb sechs wieder zu erscheinen.



        (…heute - selber Ärztin & nicht zu kanpp - sieht sie das sehr anders “…echt - könnt ich in deiner Intensität nicht!“)

        Anyway. 60-Stunden Woche - als Regelfall - Rad ab. Die meisten Fehlentscheidungen - & ich könnte Ihnen klass. Referendar-Fehler bis Karlsruhe nennen - doch doch!



        Kommen - durch nicht ausschlafenem Kopp.

        Sach mal so. Wer regelmäßig täglich länger als fünf Stunden als Richter am Schreibtisch sitzt - hat seinen Job nicht im Griff.



        EndeGelände

        unterm——&nochens —



        Messen von Arbeitszeit - hab mich mal ne Weile wissenschaftlich mit beschäftigt - ein Faß ohne Boden - schwammiges Terrain. Die meisten Einschätzungen - für die Tonne.



        &



        Richterliche Unabhängigkeit & “Narrenfreiheit“ - sorry - aber dann erübrigt sich alles weitere.



        Blinder von der Farbe. No way.

        So weit mal

        • 6G
          60440 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Diskursverweigerung, wenns ans Eingemachte geht ? Die Reihen fest geschlossen, gellewelle ?



          Wenn Sie den Bossi nicht zur Kenntnis nehmen wollen, vielleicht den Hannover, Heinrich:

          Die Republik vor Gericht 1954–1975. Erinnerungen eines unbequemen Rechtsanwalts. Aufbau Verlag, Berlin 1998.



          Die Republik vor Gericht 1975–1995. Erinnerungen eines unbequemen Rechtsanwalts. Aufbau Verlag, Berlin 1999.

          Eine Aneinandereihung richterlicher Farcen und Rechtsbeugungen zum Schaden Unschuldiger.

          Selbstredend in jeder Hinsicht ungesühnt.

          Narrenfreiheit eben.

          Was sich Hannover oder Bossi bei entsprechender Kritik oder Anzeige dieses Justizunrechts einhandelten, waren Standesverfahren vor ihren Kammern wegen ungebührlichen Verhaltens etc.

          Der Himmel überm Landgericht ist bekanntlich blau. In erstinstanzlichen Verfahren in Strafsachen dort gibts kein nenneswertes Protokoll, eine Überprüfung der Tatsachen findet in der Revision nicht statt.



          Rechtsbeugung ist Tür und Tor geöffnet, gerade da, wo es wehtut, bei der schwereren Kriminalität mit empfindlichen Strafen.



          Und wenn der brave Hannover mitstenografieren liess, um den Wahrheitsgehalt in die nächst höhere Instanz zu retten, weil der jeweilige Vorsitzende das, was in der Verhandlung gesagt und bewiesen wurde höchst eigenwillig, einseitig und parteiisch ins Urteil setzte, wurde dies unberücksichtigt gelassen.



          Man nennt dies in Richterkreisen, ein Urteil "wasserdicht" machen. Öhm ?

          Richter können dies tun, weil sie hierzulande keinerlei Konsequenzen für ihr Tun zu befürchten haben.

          Staatshaftungsklagen, eigene strafrechtliche Verantwortung sind im Rahmen richterlichen Unrechts undenkbar. § 339 StGB oder Art. 34 GG iVm. § 839 BGB gelten nicht.

          Warum bloss ?

          Im hier diskutierten Fall dürfte der Anfangsverdacht einer Freiheitsberaubung im Amt durch den offenbar absichtlich schludrig arbeitenden Vorsitzenden stehen, dies wird nicht einmal angedacht, geschweige denn zur Anzeige gebracht.

          Naja, Narrenfreiheit.

    • @Lowandorder:

      ff



      Das Grundgesetz ist zwar mal deutlich anders angetreten. Weg vom Richter als dem “kleinen Justizbeamten“ der Nazi-Zeit.



      Dieser Anspruch wird aber zunehmend “nach schüchterner Blüte“- im reaktionären roll back verfehlt - so je von den Politikastern & zwar quer durch die Parteien über Mullen hinaus - ernsthaft anvisiert.

      kurz - Die Dritte Gewalt - gilt es endlich zu entfesseln* - wie in Italien**Spanien Portugal France - Niederlande***



      —-



      * “Die gefesselte Gewalt“ by van Aaken AöR Bd? - OLG-Präsident beklagte bereits in den 60ern(?) genau diese Mißstände



      &



      ** der “Oberste Rat der Gerichtsbarkeit“ bzw. „Oberste Gerichtsrat“ (Consiglio Superiore della Magistratura, CSM).



      Diesem fallen alle wesentlichen, für die interne Organisation der Gerichtsbarkeit notwendigen Entscheidungen zu, wie etwa Einstellungen, Zuteilungen, Versetzungen, Beförderungen und Disziplinarmaßnahmen. Dem Justizminister steht es lediglich zu, ein Disziplinarverfahren einzuleiten; weiter obliegt ihm lediglich Einrichtung und Betrieb der Dienststellen der Rechtspflege zu.

      Der Oberste Gerichtsrat besteht aus 24 gewählten Mitgliedern: zu zwei Dritteln werden diese von der Richterschaft gewählt, zu einem Drittel vom Parlament in gemeinsamer Sitzung ernannt, die restlichen drei Mitgliedern sind es von Rechts wegen: der Präsident der Republik, welchem der Vorsitz innerhalb des Rates zusteht, der Erste Präsident des Kassationshofes und der Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichtshofes.

      Für die Richter gelten neben dem Grundsatz der Unabhängigkeit auch die der Unparteilichkeit, der Unvoreingenommenheit, der Unabsetzbarkeit und der Unversetzbarkeit.

      Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt es ein ähnliches Selbstverwaltungsorgan; analog zum CSM wird er als „Rat der Verwaltungsgerichtsbarkeit“ (Consiglio di giustizia amministrativa) bezeichnet.

      de.wikipedia.org/w...htswesen_(Italien)







      ***



      e-justice.europa.e...states-16-nl-de.do

      So geht das

      • @Lowandorder:

        So ähnlich war es aber früher zumindest in Schleswig-Holstein auch, als in den Richterwahlausschüssen noch überwiegend Richter saßen und nicht Landtagsabgeordnete. Aber da bestand ein Demokratieproblem, weil eine Entscheidungsmacht der Richterschaft über Einstellungen etc. dazu führt, dass die Gerichte nicht einmal mehr mittelbar durch Wahlen demokratisch legitimiert sind. Und eine sich selbst ihren Nachwuchs aussuchende und damals äußerst konservative Richterschaft sorgte für eine CDU-konforme Rechtsprechung.

        Inzwischen wird die Unabhängigkeit der Richter in erster Linie dadurch konterkariert, dass die Erledigungssstatistiken alles beherrschen. Es wird häufig in die Richtung entschieden, die dem Gericht am wenigsten Arbeit macht, damit das Dezernat nicht absäuft oder damit der Richter gut beurteilt wird, was Voraussetzung einer Beförderung ist. Und damit entsteht ein Druck, in eine bestimmte Richtung zu entscheiden. Viele Entscheidungen müssen nicht oder nicht eigenständig begründet werden, wenn das Gericht dem Antrag stattgibt, aber es ist eine eigenständige Begründung erforderlich, wenn der Antrag abgelehnt wird. Das führt dazu, dass vielen Anträgen nahezu blind stattgegeben wird und eine richterliche Prüfung gar nicht mehr stattfindet.

      • @Lowandorder:

        Nachklapp - wenn mich mein trüber Hirnskasten nicht allzusehr täuscht -

        Ist das feine Teil von van Aaken im Archiv für öffentliches Recht - sogar bereits von 1956 - Däh!

        kurz - “Die gefesselte Gewalt."

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Liebe Taz,

    Leider findet man auch bei euch vielfach eine tendenzielle Meinung in den Artikeln.

    Allein die schwach versteckte Empörung, dass dieser NPD Politiker NICHT untergetaucht ist, ruft bei mir schon ein Kopfschütteln hervor.

    Mein Problem an dieser Situation ist NICHT die Entlassung. Sondern die 3 Jahre U-Haft.

    Oder anders gesagt...wäre die Empörung das er frei gelassen wurde genauso groß, wenn es sich um einen G20 Störer gehandelt hätte, der noch immer in U-Haft wäre?



    Wenn nein, dann habt ihr das mit der Gleichbehandlung nicht verstanden.

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Um die Empörung um seiner Freilassung nachvollziehen zu können muss man sich wohl vor Augen führen, dass er in Kauf genommen hat, dass Mitmenschen bei dem Brand ums leben kommen oder sogar beabsichtigte, dass dies geschiet.

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Tendenzielle Meinungen sind doch per se nichts Schlimmes, sondern in einer Zeitung wie der TAZ sogar wünschenswert.

      Allerdings ist das hinter diesem Artikel stehende Rechtsempfinden schon erschreckend. Demnach sollen alle Rechten und "Nazis" (oder gleich alle politisch anders Orientierten?) möglichst lange in den Knast, egal wofür und egal ob es verhältnismäßig ist. Das gab es in Deutschland und Europa schon mal - auch vor 1933 und nach 1945.

      So bereitet man den Boden für neue Diktaturen, denn die Rechten werden diese Vorarbeit irgendwann dankbar aufnehmen und irgendwann vollenden. Nehmt Euch lieber ein Beispiel am Umgang in Norwegen mit dem Massenmörder Breivik.

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @TazTiz:

        Ich persönlich finde nüchterne Berichterstattung deutlich angenehmer. Ich bilde mir meine Meinung gerne selbst, Artikel die mir in ihren Formulierungen vorgeben wie ich darüber zu denken habe wirken auf mich "fremdbestimmend".

        Ihren weiteren Punkten gibt es nichts hinzuzufügen. Diese Zweigleisigkeit ist es die mir letztlich aufstößt. Im Prinzip hat der Mann 3 Jahre ohne Anklage in Haft verbracht. Wenn der Fall so eindeutig wäre, dass es fest steht das er es war, hätte das doch längst abgeschlossen werden können.

        @Lowander:



        Damit ist meinem Verständnis nach die zwischen den Zeilen geforderte Ungleichbehandlung des Angeklagten gemeint. "Er ist ein NPD-Politiker, darum hätte er nie freikommen dürfen" ...



        Thats not how it should work.

      • @TazTiz:

        Sorry - steh ich grad aufm Schlauch*¿*

        “…Allerdings ist das hinter diesem Artikel stehende Rechtsempfinden schon erschreckend.…“ & der Rest.

        Wie meinen?

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    "Das hätte man vermeiden können."

    Diese Formulierung habe ich nach dem Lesen des Artikels nicht verstanden, nicht nachvollziehen können. Mehr noch, hat Berlin (auch andere Bundesländer?) offensichtlich das gleiche "Problem":

    www.tagesspiegel.d...ufen/23001480.html

    Ok, in diesem Tagesspiegel-Link geht es primär um eine andere Tätergruppe, der Hintergrund scheint jedoch auf den gleichen Gründen zu basieren, wie hier thematisiert.

    Mehr noch, wenn dieser Maik Schneider demonstrativ zu "seinem" Prozess erscheint, "obwohl er in der Woche zuvor aus seiner U-Haft entlassen worden war" (warum sollte er dem fern bleiben?) so ist er möglicherweise der Meinung, dass die Beweislage für eine Verurteilung nicht ausreichend ist.

    Kann mir nicht vorstellen, dass die vorzeitige Entlassung aus der U-Haft einfach dem "first come, first go" geschuldet ist, der zuständige Richter dahingehend keinen Blick in die jeweilige Akte wirft.

    • @90857 (Profil gelöscht):

      Wie meinen*¿*