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Kommentar MautpläneMinister im Rückwärtsgang

Kommentar von Richard Rother

Alexander Dobrindt selbst zweifelt am Erfolg seiner Maut. Jetzt schiebt er die Verantwortung an den EuGH in Luxemburg ab.

Das Luxemburger Gericht hat Dobrindt eine Chance zum Exit gegeben. Er hat sie ergriffen. Foto: dpa

S age noch einer, Brüssel habe keine Macht. Zwar gelingt es den Chefeuropäern bislang nicht, einen modernisierungsunwilligen Pleitestaat zum Einlenken zu bewegen – aber den deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) aus Bayern lassen sie ziemlich alt aussehen. Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren in Sachen Pkw-Maut ein, und schon legt Dobrindt sein umstrittenes Vorhaben auf Eis.

Der ungewöhnliche Vorgang zeigt: Dobrindt selbst zweifelt am Erfolg seiner Maut. Wäre er sich sicher, könnte er die Maut einführen – und ruhig etwaige Gerichtsprozesse abwarten.

So läuft es ja normalerweise: Das Parlament verabschiedet ein Gesetz, und die Regierung setzt es um, so umstritten es auch sein mag. Zweifler mögen dann vor Gericht ziehen – aber erst einmal gilt es. Anders bei der europarechtlich fragwürdigen Maut: Aus Angst, letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu unterliegen, legt Dobrindt jetzt den Rückwärtsgang ein.

Natürlich könnte Dobrindt nun die Mautpläne komplett zurückziehen, wie es die Opposition bereits fordert. Aber das tut er nicht, aus einem einfachen Grund. Es wäre ein Zeichen von Schwäche, so lange auf dem falschen Dampfer gewesen zu sein. Deshalb schiebt Dobrindt nun die Verantwortung nach Luxemburg. So gewinnt er Zeit – so viel, dass eine künftige Bundesregierung das Projekt klammheimlich beerdigen kann.

Bleibt er im Amt, gibt es zwei Optionen: Entweder das Gericht billigt die Maut, dann steht Dobrindt als Sieger da. Oder das Gericht kippt die Pläne, was wahrscheinlicher ist, dann kann Dobrindt die Schuld am Scheitern von sich weisen. Seine Hoffnung: Die Mautgegner könnten dann über das Ende des Spuks so glücklich sein, dass niemand mehr daran denkt, wer das Ganze auf den Weg gebracht hatte.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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8 Kommentare

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  • Das gehört alles zum Plan, die KFZ Steuer zu erhöhen UND die Maut für alle einzuführen....warten Sie ruhig ab, noch gibt es Geld in Ihrer Brieftasche, die unabkassiert vergammeln...wäre ja schade drum, wo es doch so viele Lobbyinteressen zu bedienen gilt...

  • Kaum 2 Monate, nachdem Dobrindt seinen Gesetzentwurf in Bundestag und Bundesrat hat verabschieden lassen, stellt sich bereits heraus, dass der Einführungstermin nicht haltbar ist. Man darf gespannt sein, was sich noch alles als unhaltbar herausstellen wird.

    Sigismund Ruestig lacht sich ins Fäustchen:

    "Doch der bayrische Löwe hat immer M(l)aut gebrüllt..." http://youtu.be/-5X2P5J6MiA

    "Bevor mit Blupp, Blupp, Blupp versinkt das lästige Smartphone im Pool,

    schickt es mit Pling, Plang, Plung eine letzte Eilmeldung - cool.

    'Aus der Maut werden entnommen', man kann's erahnen, 'Landstraßen, Bundesstraßen und Autobahnen' ..." http://youtu.be/CCHQA68Eqd4

    Und Dobrindt wird zusehends nervös.

  • Dobrindt & Co, die sind doch keine Dummköpfe, denen war schon immer klar, dass eine sog. 'Ausländermaut' in der EU keine Chance haben kann und haben wird. Aber, die Idee war gut für den Wahlkampf und gleichzeitig kann man so, quasi über die Hintertür, eine Maut für alle, ganz ohne Kfz-Steuer-Senkung, einführen.

    • @Fotohochladen:

      Sie stellen hier zwei Behauptungen auf, deren zweite die erste voraussetzt. Mir erscheint aber schon die erste ziemlich abwegig...

  • Man könnte platzen... Monatelang wurden das Verkehrsministerium mit dieser Maut beschäftigt und es war von Anfang an klar, dass sich die EU das nicht gefallen lassen wird.

     

    Na immerhin kann man jetzt den schwarzen Peter der EU zuschieben und vor den eigenen Wählern das Gesicht wahren... Absicht?...

    • @Andy B.:

      Naja, was heißt "der Kommission nicht gefallen"? Es verstößt nicht gegen die politische Ausrichtung der Kommission, die stark von den Konservativen dominiert wird, sondern gegen das bestehende Europarecht, das nicht erst gestern vom Himmel fiel. Aufgrund bestehenden Rechts von "Einmischung Brüssels" zu sprechen, so wie es Dobrindt jetzt tut, ist einfach nur albern. Bayern hat selbst pausenlos gestänkert, weil bayrische, pardon, deutsche Studenten in Österreich anders behandelt wurden. Und diesen Antidiskriminierungsgrundsatz wollen sie nun aussetzen. Für mich als Norddeutschen, der diskriminierungsfrei nach Polen, Holland und Dänemark fahren kann, ist das einfach nur peinlich. Wenn der CSU die österreichische Maut so sehr ein Dorn im Auge ist, hätte sie deren Maut-System ja übernehmen können. Es wär auch ohne Zweifel rechtskonform. Aber man wollte einen kuriosen Sonderweg, den kein Land bisher ging und wo jedem klar war, dass die "Ausländermaut" so nicht funktionieren wird.

  • Der Mautbürger

    kennt einen wirklich toller Trick.

    Wer rückwärts fährt, kriegt Geld zurück.

  • Wie gesagt - das war alles schon einkalkuliert, um am Ende eine Kfz.-Steuererhöhung zu präsentieren.

    Mit dem Geld, das Dobrindts Maut-Hobby schon gekostet hat, wäre die ein oder andere Brücke wohl längst saniert. Ein Volk, das sich so eine Regierung noch leistet, schwimmt geradezu im Geld und muss doch gleichzeitig sehr arm genannt werden.