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Kommentar Macrons Ökosteuer auf FlügeZu kleine Schritte

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die französische Regierung plant die Einführung einer Ökosteuer auf Flugtickets. Doch die Preise werden nur sehr moderat steigen – leider.

Klimaschutz: Für Flüge, die in Frankreich starten, soll 2020 eine Ökosteuer fällig werden Foto: ap

D er Vorstoß ist richtig, geht aber nicht weit genug: Frankreich will ab dem kommenden Jahr eine Ökosteuer auf Flugtickets einführen. Sie soll für alle Flüge gelten, die aus Frankreich abgehen. Die französische Regierung will nicht warten, bis die anderen Staaten sich in langwierigen Verhandlungen auf ein Instrument verständigen, um dem rasant wachsenden Flugverkehr Einhalt zu gebieten. Sie will Fakten schaffen. Das ist gut. Hoffentlich hat die deutsche Regierung den Mut für eine ähnliche Initiative. Die sollte aber konsequenter sein.

Denn die französische Steuer wird die Preise für Flugtickets nur moderat erhöhen – nach Angaben der französischen Verkehrsministerin Élisabeth Borne werden sie aufgrund der Abgabe zwischen 1,50 Euro und 18 Euro mehr kosten. Der höchste Satz wird für Langstrecken für Geschäftsreisende fällig. Dass die Ökoabgabe eine steuernde Wirkung hat und Menschen zum Umstieg vom Flieger auf ökologische Verkehrsmittel oder gar zum Verzicht auf eine Reise bewegt, ist unwahrscheinlich. Doch gerade um die steuernde Wirkung muss es gehen, nicht in erster Linie um zusätzliche Einnahmen.

Die französische Regierung erwartet durch die neue Steuer Zuflüsse von 180 Millionen Euro. Das Geld soll der französischen Bahn zugutekommen. Das ist ein schönes Signal – mehr nicht. Die Bahninfrastruktur in ganz Europa muss massiv ausgebaut werden. Dafür sind viele Milliarden nötig, in Deutschland ebenso wie in den meisten Nachbarländern.

Heute existiert für Reisende kein europäisches Bahnsystem, das diesen Namen verdient und Fliegen in Europa überflüssig machen könnte. Schon der grenzüberschreitende Ticketkauf ist ein Abenteuer. Es ist heute beschwerlicher als im vergangenen Jahrhundert, mit dem Zug durch Europa zu reisen. Daran ist auch die Deutsche Bahn schuld, die etwa die Schlafwagen abgeschafft hat. Soll der Zug eine Alternative zum Flieger sein, dann muss in ganz Europa das Bahnfahren bequemer und viel billiger werden. Mobil sein ist ein Grundrecht. Und das darf nicht Wohlhabenden vorbehalten sein.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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4 Kommentare

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  • Nun ja. Dass Emmanuel Macron „dem rasant wachsenden Flugverkehr“ mit 1,50 bis 18,00 Euro mehr pro Ticket „Einhalt zu gebieten“ wird, kann ich mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.

    Was der Mann da treibt, ist eher Symbolpolitik. Denn die Preise steigen sowieso permanent. Welche Preissteigerung welche Ursache hat, wird nirgendwo ausgewiesen, schon gar nicht auf dem Preisschild. Wie also soll sich der gemeine Fluggast gelenkt fühlen von Macrons symbolischer Geste? Ich meine: Wenn er erst einmal wieder vergessen hat, dass da mal eine Zeitung was geschrieben hatte...

    Wobei – nichts gegen Symbole. Dass „La Grande Nation“ nicht warten will, bis der letzte Trottel kapiert hat, sondern mit gutem Beispiel vorangehen möchte, kann ja schlecht jemand beanstanden. Schon gar nicht, wenn das eingetriebene Geld „einem guten Zweck“ dient und die „edlen Spender“ nicht mal was merken von ihrer Spende. Nur: Wer garantiert eigentlich, dass die Bahn nicht wieder Schindluder treibt mit den Millionen?

    An Geld hat es der Bahn schließlich noch nie gefehlt. In Deutschland nicht und sicher auch nicht bei unseren französischen Nachbarn. Gefehlt hat es eher an vernünftigen Ideen. Die Attraktivität der Bahn durch permanente „Preisanpassungen“ bei gleichzeitiger Qualitätsminderung (Abschaffung Schlafwagen, Ausdünnung Netz und Takte etc.) zu minimieren, war jedenfalls nicht hilfreich im Konkurrenzkampf mit einem „moderneren“ Transportmittel, das von prestigesüchtigen Regierung mit Blick auf ebensolche Wähler jahrelang nach Kräften bevorteilt wurde.

    Übrigens: Mobil sein ist ein Grundrecht. Jeder soll gehen dürfen, so weit ihn seine Beine tragen – oder sein Drahtesel. Darüber hinaus aber gibt es kein Grundrecht. Schon gar keins auf eine Mobilität, die das Klima ruiniert. Auch nicht für Wohlhabende. Für die schon gar nicht. Die haben nämlich Alternativen.

  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Geld, dass der Bahn zugute kommt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es in irgendeiner Form der Bahnkundschaft zugute kommt. Die DB ist dafür das beste Beispiel.

  • "Mobil sein ist ein Grundrecht."

    Solange über Verkehrsvermeidung nicht mal ernsthaft geredet wird, kann das nicht gutgehen.

  • "Der höchste Satz wird für Langstrecken für Geschäftsreisende fällig."

    Es wäre aber doch viel besser, wenn die Kurzstrecken am stärksten belastet würden. Für diese Flüge gibt es meist schon Alternativen und die sind deshalb besonders überflüssig. Zubringerflüge will M. sogar ausnehmen. Ich weiß nicht, wie es in Frankreich ist, aber in D gibt es ernsthaft Zubringerflüge von Nürnberg nach München!