Kommentar Kohlekommission: Dieser Konsens ist Nonsens
Wenn die Regierung die Kohlekommission länger tagen lässt, sollten die Umweltverbände aussteigen. Und für das Kohle-Aus auf der Straße kämpfen.
D ie „Kohlekommission“ ist tot. Oder besser: Sie hat nie gelebt. Eigentlich wollte das Gremium der Bundesregierung schon nächste Woche einen Plan für den Kohleausstieg vorlegen. Jetzt soll sie länger tagen – darauf drängen die ostdeutschen Ministerpräsidenten. Wenn die Regierung dem jetzt nachgibt, dann begräbt sie damit die Hoffnung auf einen vernünftigen Kompromiss zum Ausstieg aus der Braunkohle.
Deshalb sollten die Umweltverbände, die beteiligten WissenschaftlerInnen und alle, denen der Klimaschutz wichtig ist, in diesem Fall die Kommission verlassen.
Es geht dabei um mehr als zwei Monate Verlängerung. Und auch um mehr als die nächste Peinlichkeit für Deutschland auf der anstehenden Klimakonferenz in Kattowitz, wo der Ausstiegs-Konsens vor der staunenden Welt verkündet werden sollte. Es geht um das Signal: Erst Jobs, dann Wachstum, dann lange nichts und vielleicht irgendwann als grüne Garnitur ein bisschen Klimaschutz.
Die Bundesregierung, das muss man ihr lassen, hat daran nie einen Zweifel gelassen. Von Beginn an hat sie von einer „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ gesprochen. Der Titel „Kohlekommission“ war Wunschdenken aus der Öko-Ecke.
Nächstes Jahr sind Wahlen in Brandenburg und Sachsen
Die Forderungen der ostdeutschen Länderchefs sind überzogen. Sie wollen 60 Milliarden Euro als Strukturhilfen, haben aber keine gute Idee, wofür. Straßen bauen, auf denen niemand fährt? Betriebe ansiedeln, die nicht von selbst kommen? Jetzt Jobs in 15 oder 20 Jahren garantieren, ehe über das Kohle-Aus geredet werden darf?
Sie tun so, als müsse die Bundesregierung für alle Strukturprobleme ihrer Regionen gerade stehen. Das ist falsch. Die Kommission soll nur einen Ausgleich dafür finden, wenn Kohlekraftwerke früher als geplant vom Netz gehen. Aber in Sachsen-Anhalt zum Beispiel laufen die Tagebaue ohnehin 2035 aus, bis dahin wird es keinen Ausstieg geben. Wie kommt das Land also dazu, nach Finanzhilfen wegen eines vorgezogenen Kohle-Ausstiegs zu rufen?
Manche ostdeutschen Regionen wie die Lausitz brauchen (wie andere arme Gegenden auch) dringend neue Investitionen, neue Ideen und milliardenschwere Strukturhilfen, keine Frage. Auch ist nachvollziehbar, dass die Länderchefs diesen Hebel nicht aus der Hand geben wollen. Nächstes Jahr sind Wahlen in Brandenburg und Sachsen, da wollen sie punkten, vor allem auch gegen die AfD. Da stört ein Umweltthema nur. Und die Bundesregierung schiebt wieder mal eine Entscheidung beim Klimaschutz auf die lange Bank.
Das ist ihr schlechtes Recht. Aber alle Kommissionsmitglieder, die an eine gute Zukunft jenseits der Kohle glauben, sollten sich dafür nicht hergeben. Sondern die Ostdeutschen mit der Regierung ihren Kuhhandel machen lassen. Und dann auf der Straße, vor Gericht, durch Druck auf die Unternehmen und in den Parlamenten dafür sorgen, dass neben den Strukturmilliarden auch der Kohleausstieg kommt. Und zwar deutlich schneller, als ihn ein fauler Kompromiss in der Kommission bringen würde.
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