Kommentar Kohlekommission: Wen kümmert schon das Klima?
Das Bundeskabinett hat die Entscheidung über die Kohlekommission erneut vertagt – ein Anzeichen dafür, wie unwichtig ihm das Thema ist.

A llmählich wird die Sache mehr als peinlich: Nach wochenlangem Streit und wiederholtem Verschieben hat das Bundeskabinett die Entscheidung über die Kohlekommission am Mittwoch erneut vertagt – originellerweise mit der Begründung, dass es nicht genug Zeit gab, alle Details mit allen Beteiligten zu klären.
Nun kann es für eine Verzögerung durchaus gute Gründe geben. So ist es dem Umweltministerium – gestärkt durch den Druck von Umweltverbänden und Grünen – in harten Verhandlungen gelungen, die Kommission etwas ausgewogener zu gestalten als zunächst geplant: Nun findet sich auch eine Klimaexpertin unter den Vorsitzenden, und zwei Vertreterinnen von Initiativen gegen den Braunkohletagebau sind unter den Mitgliedern.
Die jüngste Vertagung ist aber kein Anzeichen dafür, dass innerhalb der Bundesregierung intensiv um Klimaschutz und Strukturwandel gerungen wird, sondern dafür, dass diese Themen weiten Teilen der Koalition schlicht egal ist. Im zuständigen Wirtschaftsministerium ist der Posten des Energiestaatssekretärs noch immer unbesetzt. Die Kanzlerin hält sich aus dem Streit komplett heraus. Dafür darf nun auch Innenminister Horst Seehofer über den Kohleausstieg mitentscheiden und – wie am Mittwoch geschehen – alles aufhalten, wenn ihm etwas nicht passt.
Dieses Kompetenzgerangel wird noch zunehmen, wenn die Kommission erst einmal tagt: In dem Gremium, das die Arbeit der Kommission koordinieren soll, ist inzwischen über die Hälfte der Bundesregierung vertreten. Und nach den bisherigen Erfahrungen mit der Groko ist nicht damit zu rechnen, dass diese Einbindung möglichst vieler Ressorts den Klimaschutz stärken wird.
Keinesfalls darf die erneute Verzögerung dazu genutzt werden, die zumindest einigermaßen ausgewogene Personalliste der Kommission noch einmal aufzumachen. Wenn diese hingegen so zusammentritt, findet sich dort zumindest mehr Klimakompetenz als in der Regierung.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden