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Kommentar KatholikentagKeine Schäfchenherde mehr

Kommentar von Philipp Gessler

In Leipzig zeigte sich eine moderne Kirche, die sich klar gegenüber der AfD positioniert. Auch deshalb muss sie wieder ernstgenommen werden.

Direkter Draht nach oben: Die katholische Basis zeigte sich in Leipzig emanzipiert von ihren Oberhirten Foto: dpa

W enn es um die Bilanzen von Evangelischen Kirchentagen oder von Katholikentagen geht, wird die Sache gern etwas mystisch. Da wird eine Stimmung beschrieben, deren Stimmigkeit aber kaum nachzuweisen ist – gute, schlechte, langweilige, aufgehitzte, trostlose … Bei meist über 1.000 Veranstaltungen pro Christentreffen ist das schwer zu belegen.

Dennoch kann man sagen: Der am Sonntagmorgen in Leipzig zu Ende gegangene Katholikentag war ein gelungener. Das lag auch am Wetter, klar, vor allem aber daran, dass jene elende Konfrontation im Großen und Ganzen beendet zu sein scheint, die in den vergangenen Jahren so häufig die Katholikentage bestimmt hatte: hier die engagiert-liberalen Laien, die das große Treffen ja regelmäßig organisieren – dort die bremsend-konservativen Bischöfe, über die man sich ärgert.

Auch dank Papst Franziskus und seiner neuen, barmherzigeren und offeneren Kirchenpolitik fühlt sich die katholische Basis nicht mehr abgestempelt als blökende Herde von Schafen, die brav ihrem Oberhirten hinterher trotten sollen. Nein, sie wird wieder ernst genommen, wirkt selbstbewusster. Und eine überraschende Folge kann sein, dass die klassischen Podien nicht mehr so attraktiv zu sein scheinen. Man muss sich von oben nicht mehr alles erklären lassen.

Hinzu kam: Der Katholikentag hatte ein tragendes Thema, nämlich die Flüchtlingskrise, und einen gemeinsamen Gegner, den überall in Europa um sich greifenden Rechtspopulismus, namentlich die hiesige AfD, die die Kirchen hierzulande und ihr Flüchtlingsengagement mehrfach zynisch und unflätig beschimpfte. Erst am Sonntag, zum Ausklang des Katholikentages, hat AfD-Chefin Petry den Kirchen erneut vorgeworfen, mit der Flüchtlingshilfe eine moderne Form des Ablasshandels zu betreiben.

Die Empörung darüber war, ebenso wie die Befürwortung des Engagements für Flüchtlinge, in Leipzig deutlicher Konsens. Nirgends, auch nicht aus dem Publikum, war anderes zu hören. Damit hat sich in Leipzig erneut bewahrheitet, was der große (evangelische) Märtyrer und Theologe Dietrich Bonhoeffer schon vor mehr als 70 Jahren sagte: „Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.“

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15 Kommentare

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  • "In Leipzig zeigte sich eine moderne Kirche, die sich klar gegenüber der AfD positioniert."

     

    Verstehe: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. War da mal ein Missbrauchsskandal bei den Katholen? Ist der aufgeklärt? Nein, aber egal, solange "die" auch gegen "die anderen" sind.

  • Hab das Lied oft gehört, aus vollem Kinderherzen mitgesungen - hab aber eigentlich DIESE Strophe nie so recht BEDACHT:

     

    "Wir stolze Menschenkinder sind eitel arme Sünder und wissen gar nicht viel. Wir spinnen Luftgespinste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel.“

     

    Also „Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius, die Melodie von Max Reger. So hörte ich es gestern in einem schönen Konzert in einem Evang. Kloster in Sachsen-Anhalt.

     

    Schön, aber was wird da schon seit Generationen „transportiert“? Eine von vielen Varianten des „Schuster bleib bei Deinen Leisten“, bleib wo Du bist, armer Sünder der du bist. Und von den Künsten, da halt dich fern.

     

    Eine Gebrauchsanweisung für die Herstellung von willigen Untertanen. Für Kanonenfutter und die treue Pflichterfüllung der tägl. Konsumentenpflichten.

     

    Im Namen des Herren.

    • @Gion :

      Ja - Gaahrp - &

       

      Bin erstaunt bis entsetzt -

      Was die Enkelin im Münchener

      Speckgürtel für weit schrägeres - öh

      Liedgut aus dem Kindergarten mit -

      Nachhause gebracht hat!

      Dacht ich doch glattnaiv -

      Solches sei mal so bi lütten durch!

      Gepfiffen!

  • Die katholische Kirche ist gegen die AfD, da die die Trennung von Staat und Kirche ernst meint. Das ist der Hauptgrund! Alles andere ist Gewäsch!

  • Alles, was maßgeblichen Einfluß auf das Geschehen in einem Staat nimmt, muß ernst genommen werden.

     

    Verantwortlich dafür, auf welche Weise man etwas ernst nimmt (sei es zwecks Förderung oder zwecks Bekämpfung) ist 1. die Bilanz über lange Zeiträume und 2. die gelebte "Logik" einer solchen Instanz.

     

    Damit stellt sich für mich gar nicht mehr die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Kirche. Für diskussionsbedürftig halte ich lediglich, wie ernst man diejenigen nehmen sollte, die (sinnbildlich) wegen ein paar bunter Glasperlen einen großen Berg Unrat völlig übersehen.

  • Überall, wo sie mächtig genug ist, befürwortet die katholische Kirche die staatliche Verfolgung von abtreibenden Frauen. Und in Deutschland war sie im letzten Jahr maßgeblich an dem Verbot der Sterbehilfe beteiligt. Ein Gesetz, das für viele Menschen den staatlichen Zwang zum Qualtod bedeutet.

     

    Das PR-Projekt Franziskus und die wohlfeile Abgrenzung von der AfD sind für mich daher keine Gründe, diese Organisation zu respektieren.

     

    Und was den Katholikentag angeht: Die Tatsache, dass die Aktionsgruppe "Das 11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen" vom Kirchentag ausgeschlossen wurde, zeigt, wie offen und liberal die Kirche wirklich ist. Man lässt sich von der überwiegend nicht-katholischen Bevölkerung aushalten, duldet aber keine Kritik.

    • @Thomas Friedrich:

      Ich weiß ja nicht ... würden Sie von der Antifa auch erwarten, dass die den innenminister als Antagonisten einlädt?

  • Alles ja ganz hübsch - Herr Gessler - aber & mit Verlaub -

     

    "...Auch deshalb muss sie wieder ernstgenommen werden..."

    "Muss" - Wirklich? Meinen sie das in echt ernst?!

    Lessing - Nathan der Weise - Die drei Ringe - Gewiß.

    Aber ~> ....NATHAN. Muss! Derwisch! - Derwisch muss?

    Kein Mensch muss müssen, und ein Derwisch müsste?

    Was müsst' er denn?...." &

     

    Sodenn - Frauman müßte nach Ihnen ".. ernst nehmen"?

     

    kurz - Wie wär´s denn mal mit einer irgendwie gearteten

    Form der Bescheidenheit? - Gar in einem Land - einer Republik -

    In der die Drei Betrüger zwar erneut lautstark medienüberpräsentiert sind -

    Aber das Pfeifen im Wald - & so auch hier - doch mehr als deutlich -

    Die eher dünne Realität beschwört.

    http://www.teachsam.de/deutsch/d_literatur/d_aut/les/les_dram/les_nathan/nathan_text/les_nathan_txt_1.3.htm

    • @Lowandorder:

      "Die drei Betrüger"

      jau, ganz meiner Meinung: alle in einen Sack und dann feste druff (wenn in dem Sack denn dann was drin wär...)

  • Dietrich Bonhoeffer (dt. ev. Theologe, 1906-1945):

    Gott ist nur eine Arbeitshypothese. Es zeigt sich, das alles auch ohne Gott geht und zwar ebenso gut wie vorher.

    • @Querdenker:

      Zitat: "Gott gibt uns zu wissen, daß wir leben müssen, als solche, die mit dem Leben ohne Gott fertig werden."

      Es wäre schön, wenn Ihr "Humanisten" nicht immer nur Bonhoeffers Sahnehäubchen naschen würdet, sondern auch den bitteren Trank darunter schlürftet ...

      • @Jäger Wolfram:

        Als Halbhumorist - sag ich mal -

        Erste Sahne - das Häubchen - aber -

        Sooo arg weit weg - vom Agnostiker -

        Is dett ja nu ooch wieder nich - wa!;()

        kurz - laßt uns denn denn - nunja

        Bittertrank schlürfen - wer's so mag!

        (An die Drei Essigkoster sei aber erinnert! - Pu - "So süß wie Honig?"

        "Na das wär etwas übertrieben!")

  • Eines brauch die katholische Kirche ganz bestimmt nicht: Gönnerhafte Kommentare der taz.

    • @FraMa:

      das ist gut, die alte Taz ist tot, es lebe die neue