Kommentar Kartellamt und Facebook: Jetzt braucht es Kontrolle
Indem das Kartellamt Facebook Vorgaben macht, verbindet es Datenschutz mit Wettbewerb. Gut so. Das stärkt die NutzerInnen.
N ach über zwei Jahren Verfahren hat das Bundeskartellamt heute eine Entscheidung getroffen, die die Marktmacht von Facebook in Deutschland empfindlich treffen und den Datenschutz stärken könnte – vorausgesetzt, dieser Beschluss wird richtig umgesetzt. Denn das Geschäftsmodell von Facebook baut auf einer Methode auf, die zuallererst zulasten des Datenschutzes und der NutzerInnen geht.
Wer auf Facebook angemeldet ist, sollte wissen, dass die Plattform dort massenhaft Daten sammelt. Dass der Konzern das auch über seine Tochterunternehmen WhatsApp und Instagram tut, ist für viele wohl nicht überraschend. Doch dass Facebook darüber hinaus auf externen Webseiten NutzerInnendaten sammelt, etwa wenn dort ein „Gefällt mir“-Button installiert ist oder im Hintergrund ein Analysedienst mitläuft, das dürfte nur wenigen bewusst sein.
Der Konzern hat so jahrelang NutzerInnen bewusst im Unklaren darüber gelassen, was mit ihren Daten passiert. Facebooks Verfahren dabei: möglichst viele Daten über die sogenannten Drittanbieter sammeln, diese mit dem Facebook-Profil verbinden und so ein dichtes Netz an wertvollen persönlichen Informationen knüpfen. Das Ziel: immer weiter wachsen und noch mehr Daten sammeln. Daten sind das Kapital des Konzerns.
Gut, dass das Bundeskartellamt einschreitet. Damit wird Datenschutz mit Wettbewerb verknüpft. Das zeigt, welche wirtschaftliche Bedeutung Nutzerdaten haben. Leider hat das Kartellamt die Datenzusammenführung nicht komplett verboten. Künftig sollen sich User aber dagegen entscheiden können, Facebook braucht ihre Einwilligung. Das stärkt die NutzerInnen.
Dafür braucht es jetzt aber auch geeignete Kontrollmechanismen: Wie genau soll festgestellt werden, dass Facebook die Daten nicht doch zusammenführt? Mit einem weiteren Häkchen unter einem komplizierten Kauderwelsch, das – mal ehrlich – ohnehin kaum einer liest und versteht, ist es jedenfalls nicht getan.
Facebook hat jetzt vier Monate Zeit, bei der Behörde ein Konzept einzureichen. Mit Einsicht und Kooperation hat der Konzern allerdings in der Vergangenheit nicht gerade geglänzt. Facebook hat denn auch schon angekündigt, gegen den Beschluss des Kartellamts Beschwerde einzulegen. Deshalb braucht es dringend gesetzliche Vorgaben, die Datenschutz ernst nehmen. Katarina Barley muss mit ihrem Justizministerium verbindliche Kontrollmechanismen erarbeiten. Sollte sich Facebook nicht daran halten, müssen empfindliche Strafen drohen. Sonst bleibt der Beschluss eine schöne Idee, die leider an der Umsetzbarkeit scheitert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen