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Kommentar „Hooligans gegen Salafisten“Frischzellen für Neonazis

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die Hooligans marschierten gegen Andersdenkende und Ausländer, nicht gegen Salafisten. Sie wurden unterschätzt – das passiert nicht noch mal.

Blut und Boden: „HoGeSa“-Shirt. Bild: dpa

F ür die deutsche Naziszene war die Kölner Demonstration der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) ein Glücksfall. Einen Aufmarsch dieser Größenordnung mit nahezu ungehinderter Bewegungsfreiheit hat die extreme Rechte seit Jahren nicht erlebt. Der Kreislauf ständiger Frustration durch antifaschistische Blockaden und strikte polizeiliche Maßnahmen wurde – zumindest dieses Mal – durchbrochen. Das neue Selbstbewusstsein zeigte sich in einer lange nicht gesehenen Aggressivität und offensiv vorgetragenen Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“.

Es sind keine unpolitischen Fußballrowdys, die da auf die Straße gingen, auch wenn viele Teilnehmer nicht organisiert sein mögen. An der ideologischen Richtung, besonders ihrer Anführer, besteht kein Zweifel. Schon der Name der „Bewegung“ spielt bewusst mit Szenecodes. Die Chemnitzer Hooligangruppierung „HooNaRa“, also „Hooligans, Nazis, Rassisten“, dürfte sich von den „HoGeSa“ angesprochen fühlen.

Der vorgebliche Kampf gegen radikale Islamisten dient dabei nur als Deckmantel für die Zurschaustellung aggressiver Deutschtümelei. Gesprochen wird von „Salafisten“, gemeint sind Ausländer, Linke und alle, die nicht in ihr begrenztes Weltbild passen. In den Stadien der Republik haben rechtsoffene Hooligangruppen ihre einstige Vormachtstellung längst eingebüßt; ihr Comeback auf der Straße scheint wie ein Ausweg aus der eigenen Bedeutungslosigkeit.

Das rechtsextreme Politikspektrum erhofft sich von dem Mob die lang ersehnte Frischzellenkur. Endlich raus aus der Defensive, das ist die Hoffnung von NPD über Die Rechte bis zur freien Kameradschaftsszene. Sie alle waren in Köln mit auf der Straße und werden um jeden Preis versuchen, die Dynamik aufrechtzuerhalten. Geplant ist bereits die nächste Provokation: eine Demonstration am 9. November in Berlin, dem Tag der Reichspogromnacht.

Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass die Ereignisse von Köln einen anhaltenden Aufbruch einläuten. Zwei vor sich hin siechende Szenen haben lediglich die Chance genutzt, die sich ihnen durch die Unterschätzung vonseiten der Staatsmacht und des politischen Gegners bot. Doch damit wird es nun vorbei sein. Sobald die Handlungsfähigkeit auf den Demonstrationen durch Polizei und Blockaden auf ein Minimum reduziert wird, wird sich der weniger ideologische, aber gewaltaffine Teil der Hooligans verabschieden.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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17 Kommentare

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  • Hoffentlich siechen die Nazis bald wieder und die Hools kriegen Kopfschmerzen vom Nachdenken.

  • Was für ein Popanz. Verglichen mit der Gewalt und Zerstörung bei jedem normalen linken Randale-Event a la Schanzenviertel oder RevolutionärerErsterMai ist es erstaunlich, wie wenig mehrere tausend Hools zustande gebracht haben. Die meisten Verletzten gab es ja durch Glassplitter in Folge des polizeilichen Wasserwerfereinsatzes.

    • @Heide Gehr:

      Dein Gesülze muss man nicht kommentieren, das entlarvt sich von selbst als Blödsinn aus der Ecke der rechtskonservativ Verblendeten.

      • @tazzy:

        Aber du hast es ja gerade kommentiert??! Bussi!

        • @Heide Gehr:

          Der Unterschied zwischen dummen Krawall von gelagweilten Bonzenkindern am 1.Mai oder sonstwo, unterscheidet sich qualitativ gewalig von der Gewalt einer Gruppe, die sich eine gesellschaftliche geächtete Minderheit als Feindbild ausgesucht hat.

           

          Während ersteres Phänomen eher unpolitisch ist, ist letzteres hochpolitisch und sehr gefährlich!

          • @Dhimitry:

            Hm, I agree, was die politische Einschätzung angeht. Aber mir ist die Aufregung in der Berichterstattung dennoch zu alarmistisch. Weil, wenns nur um das angeblich "noch nie gesehene Ausmaß an Gewalt" geht, war das am Sonntag doch erstaunlich harmlos.

  • Also wie weit die rechtsoffene Holligangruppen ihre Vormachtstellung verloren haben kann ich nicht beurteilen, aber in der Kurven ist, trotz medienwirksamer Bekundungen gegen Homophobie und ähnliches, immer noch jede Menge rechtes Gedankengut zufinden.

     

    Außerdem finde ich es gefährlich, jetzt schon feststellen zu wollen, dass sich dieses Phänomen schon erledigt hätte.

     

    Wir können nur hoffen, dass die Bilder von Menschen die Opfer unseres Bildungssystems und Wirtschaftssystems sind, dies aber auf Grund der mangelnden Einsicht in die Verhältnisse nicht erkennen und sich deshalb nach einfachen Lösungen "Ausländer raus " suchen, die die in ihren Hirne noch nicht mit Bier und Korn vergewaltigt haben abschreckt, sich solchen Horden anzuschließen.

     

    Und natürlich hat die Polizei die Situation falsch eingesetz, ob wissentlich oder nicht mag dahin gestellt sein. Auch was das Ziel war ist fraglich. Aber bei 7000Anmeldungen bei -Gesichtsbuch- und dem allgemein bekannten gewaltpotential in der HooliganSzene sind 1300PolizistInnen im Einsatz mal echt zuwenig und es war Glück das nichts schlimmeres passiert ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass die PolizistInnen ja nicht alle direkt im Bezug zum Aufzug standen... Deshalb konnte diese Horde ja auch einfach losziehen.

     

    Was in Köln passiert ist, hat nichts aber überhaupt nichts, mit politischen roits zutun, sondern ist blinde Zerstürungswut gepaart mit Rassismus und Nationalismus.

     

    Was die IS und die Salafisten nicht schaffen, dass schaffen unsere Nazi.... Terror und Angst auf unseren Straßen.

     

    Kampf der IS!

    Kampf den Nazis!

  • Kein Argument, nur Meinung, nur Phrasen aus einem Das-weiß-doch-jeder heraus. Der Schlaf der Unvernunft gebiert Monstren. Die Monströsität der HoGeSa ist Resultat einer Antigesinnung, dessen Bezeichnung als 'Gutmenschentum' sich auch bei Linken wie mir zu verfestigen beginnt.

  • Nazis welche sich mit Polizisten prügeln, da kann man schonmal schelmig grinsen.

    Und umgeschmissene Transporter, 13 Polizisten von 14 verletzten Personen, wenn man die Polizei Präsens und Handlungsweise mit linken schwarzer Block demos vergleicht, so scheint die Polizei nicht wirklich auf die Lage vorbereitet gewesen zu sein.

    • @Wandel:

      oh,die zahlen stimmen nicht, nicht 13 sondern 49 verletzte Polizisten, aber weiterhin nur 1 nicht Polizist

  • Was erwartet ihr von der Polizei eines Bundeslandes (NRW), deren Polizei zu 68% ausländerfeindlich eingestellt ist? Wissenschaftliche Studie aus dem Jahre 2000! Interessant wäre jetzt die Stellungnahme des Innenminsters NRW, der beim Ansturm der Nazis ins dortmunder Rathaus damals die Polizei und die Rechten gleichermaßen verteidigte?

  • Unterschätzt?

    Jeder, der mal das Missvergnügen hatte, mit den biersaufenden, grölenden Primitivlingen in einem Zug sitzen zu müssen und deren Pöbeleien gegen alle Mitreisenden anhören konnte, die nicht "deutsch" oder nach "alternativ" aussahen, hätte dem Innenminister und der Einsatzleitung sagen können, in welcher politischen Himmelsrichtung dieses Pack anzusiedeln ist.

    Und ich zweifle mal, dass der Kölner Einsatzleiter tatsächlich sich dessen nicht bewusst war. Überraschend war für ihn höchstens, dass die vereinigten Sturmtrüppler mangels Salafisten ihre Prügellust an Polizisten ausließen.

    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

    • @Reinhard Wartenhorst:

      Falls Sie "alternativ" aussehen und das nächste Mal im Zug mit solchen Leuten in Konflikt geraten, zeigen Sie einfach Ihren Personalausweis vor. Bei Ihrem guten Namen werden die meisten Silvios, Enricos und Dennys dieser Szene bestimmt ehrfürchtig und selbstzweifelnd ;-)

    • @Reinhard Wartenhorst:

      Wieso sollte sich die Polizei nicht der ernst der Lage bewusst gewesen sein. 1000 Polizeibeamte waren bei der Demo vor Ort. Was finden Sie so schelmisch lustig an prügelnden Nazen & Hools?

      • @Arcy Shtoink:

        Was daran schelmisch ist? Man setzt schon mehr als Tausend Polizisten bei ein paar Hundert friedlichen Blockupy-Demonstranten ein. Hier hat man lumpige 1000 Polizisten eingesetzt gehen zweieinhalbtausend rechte Schläger. Man könnte also unterstellen, daß die Polizei ursprünglich nur anwesend war, um dabei zuzuschauen, wie die Nazis Ausländer verprügeln. Jetzt verstanden?

        • @Stefan Löser:

          Das ist genauso hirnrissig wie die behauptung dass die lediglich 500 (!=) Gegendemonstranten nur anwesend waren, um dabei zuzuschauen, wie die Nazis Ausländer verprügeln. Jetzt verstanden?

        • @Stefan Löser:

          Leider sind viele Salafisten schon längst keine Ausländer mehr.

           

          Und würde Ihre Unterstellung zutreffen, dann hätte man den 1000 Polizisten lieber das freie Wochenende bei der Familie gegönnt, als die Perspektive, sich ggf. von Berufs wegen von einer Horde ...(Nettiquette) körperverletzen lassen zu müssen.