Kommentar Homophobie in Italien: Gegen das imaginierte Sündenbabel
Vater-Mutter-Kind. Nur dies ist eine Familie – und dafür demonstrieren in Rom die Massen. Zum Glück ist das aber nicht mehr die Mehrheitsmeinung.
ußerst machtvoll präsentierten sich Italiens konservative Katholiken. Hunderttausende Menschen kamen zu ihrer Demonstration gegen die Ehe für alle und Gender-Erziehung, obwohl weder die Bischöfe noch die Rechtsparteien die Mobilisierung besonders unterstützt hatten.
Italien, so scheint es, bleibt ein Sonderfall. Nach dem Referendum in Irland ist es der einzige Staat Westeuropas, in dem Schwulen und Lesben die rechtliche Gleichstellung mit Heteropaaren verwehrt ist, der einzige Staat wohl auch, in dem eine Grassrootsbewegung ohne weitere Unterstützung von außen, ohne große Medienkampagnen enorme Demonstrationen zur Verteidigung der traditionellen Familie auf die Beine stellen kann.
Aber die da in sehr offensiven Tönen vom „Satan“ und von „Dämonen“ reden, kämpfen am Ende doch ein Rückzugsgefecht. Auch Italiens Meinungsklima hat sich geändert. Eine klare Mehrheit der Bevölkerung befürwortet heute eine gesetzliche Regelung für schwule und lesbische Paare; allein die Frage, ob sie auch das Adoptionsrecht genießen sollen, beantwortet eine Mehrheit noch mit Nein.
Und Italiens Politik hat das begriffen, nicht nur Ministerpräsident Matteo Renzi, der, selbst Katholik, endlich ein Gesetz durchbringen will, für das die deutsche Regelung die Blaupause sein soll. Begriffen hat es auch die Rechte im Land, die nicht umsonst keinerlei Lust zeigte, sich an der Demonstration in Rom zu beteiligen und sich damit selbst ins Eckchen einer Fundi-Minderheit zu stellen.
Insofern täuschten die Bilder von der Demo in Rom stark. Sie zeigten ein Mainstream-Italien, das sein Vater-Mutter-Kind-Setting (oft genug auch mit Opa und Oma dabei) fröhlich-verbissen gegen das imaginierte Sündenbabel verteidigte. Doch Mainstream ist, Gott sei Dank, dieses klerikal-konservative Italien nicht mehr.
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