Kommentar Hollandes Rede: Ohne selbstherrliche Phrasen

Nicht jeder Präsident ist ein General de Gaulle oder ein zweiter Napoleon: Hollande will für seine Resultate, nicht für seine Reden bewertet werden.

PARIS taz | Fade, ohne ambitiöse Vision oder Utopie und desillusionierend pragmatisch fanden französische Zeitungskommentare das Fernsehinterview von Staatspräsident François Hollande, der wie versprochen in einer halbjährlichen Zwischenbilanz vor der Kamera Rechenschaft ablegte.

Die Medien, und mit ihnen auch viele von Hollandes Wählern, hatten etwas anderes erwartet. An dieser frustrierenden Diskrepanz sind sie selber schuld. Hollande ist ganz einfach so „normal“, wie es auch in seinem Programm stand.

Vor zehn Monaten hatten viele darunter bloß verstanden, dass Hollandes ihnen weniger auf den Nerv gehen wolle als der omnipräsente Nicolas Sarkozy zuvor. Hollande ist „nur“ ein Präsident, und nicht ein absoluter Monarch. Die Bürger sollen begreifen, dass sie vom Chef an der Spitze des Staates nicht alles erwarten sollen. Nicht jeder Präsident ist ein General de Gaulle oder ein zweiter Napoleon.

„Urteilt über mich nicht aufgrund meiner Reden, sondern meiner Resultate“, forderte Hollande die Fernsehzuschauer auf. Die Präzisierung ist notwendig in einem Land, in dem schwungvolle Worte und ein Autorität heischendes Auftreten meist mehr zählt als banale Regierungsgeschäfte, die verächtlich „Realpolitik“ genannt werden.

Hollande sprach wie ein Mechaniker von seiner „Werkzeugkiste“ mit den nötigen Instrumente zur Bewältigung der Krise, mit denen nun gearbeitet werden müsse. Wer lieber neue selbstherrliche Phrasen von einem Chef hören wollte, der alles für sie denkt und macht, musste sehr enttäuscht sein. Die Landung auf dem Boden der Realitäten eines „normalisierten Frankreich“ ist zwar hart, aber unausweichlich.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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