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Kommentar Hans-Olaf Henkels RückzugAlternative ohne Alternative

Michael Bartsch
Kommentar von Michael Bartsch

Inzwischen wundert man sich, dass der Liberal-Konservative und frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel so lange als Bundesvize bei der AfD blieb.

Bild aus besseren Tagen: Hans-Olaf Henkel nach der Landtags-Wahl in Potsdam Bild: reuters

M ancher wunderte sich vor eineinhalb Jahren, dass sich ein Mann wie Hans-Olaf Henkel ganz und gar der „Alternative für Deutschland“ verschrieb und als Spitzenkandidat zur Europawahl antrat. Ein Erzkapitalist und ein Sturkopf zwar, aber doch bei Verstand. Inzwischen wundert man sich, dass der Liberal-Konservative und frühere BDI-Präsident so lange als Bundesvize dabeiblieb. Bis zu den Konsequenzchen, die er zum Wochenende zog: Aufgabe des Parteivizevorsitzes. Nach aller Erfahrung kommt ein solcher Schritt einem Austritt auf Raten gleich.

Die Auseinandersetzungen zwischen dem Flügel einer stockbürgerlichen, aber gemäßigten AfD-CDU und einer Partei auf dem Weg zu nationalistischer Pegidisierung könnte man als die üblichen Startprobleme einer jungen Partei belächeln. So, wie es die Union mit dem neuen Konkurrenten lange tat.

Erst mal schauen, wie die sich sortieren und wie sich die Emporkömmlinge benehmen. Was Henkel als Insider über die „Karrieristen, Rechtsideologen, Spinner und Pleitiers“, konkret über das Triumvirat Petry, Gauland und Adam im Vorstand äußert, klingt tatsächlich nach Allzumenschlichem. Die angeblich Neuen, Unverbrauchten, Ritualfrustrierten bieten eben alles andere als eine Alternative zu den „Altparteien“.

Die Richtungskämpfe folgen aber auch aus dem diffusen Gründungsverständnis der AfD. Wenn man im Grunde nichts anderes will als bisherige rechte Parteien und Strömungen, muss man sich nicht wundern, dass Etikettierungs- und Abgrenzungsprobleme eintreten. Eine Partei, die gegen das angebliche Zerstörungswerk der Moderne und Toleranzdiktate wettert, vor dem „Zangengriff von ausufernder Sozialindustrie“ warnt und anachronistische nationale Alleingänge propagiert, saugt folgerichtig Potenzial von rechts außen an.

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Michael Bartsch
Inlandskorrespondent
Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.
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3 Kommentare

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  • Jetzt rächt sich das Fehlen eines Programmes. Sah lange Zeit clever aus, schliesslich konnte sich jeder Anhänger der AfD die Positionierung zusammenphantasieren. Aber das Liberale nicht mit dem, was sich da auf dem rechten Flügel zusammengerottet hat klarkommen würden, war von Beginn an klar.

  • Was die Fans der AfD fühlen:

     

    "Wir haben recht!!"

     

    Was die AfD meint:

     

    "Wir haben rechts!!"

  • "Die Richtungskämpfe folgen aber auch aus dem diffusen Gründungsverständnis der AfD".

     

    Für die Wähler der AfD ist die Partei wie Lotto spielen. Man weis überhaupt nicht, wann der nächste Richtungswechsel oder Streit kommt und ob überhaupt das versprochene jemeils umgesetzt wird. Man ändert halt stets eigene Meinung. Warum blos? Zweifelt man etwa an sich selber und daran, ob es überhaupt richtig sei, was man den Wählern erzählt und verspricht?

     

    Hat jemand von den Wählern der AfD je in seinem Leben im Lotto gewonnen?

     

    Ist das, was die AfD Politiker versprechen, nur gespielt?

    http://www.taz.de/Extra3-persifliert-AfD-Wahlspot-/!148626/