Kommentar Handys von Flüchtlingen: Prüfen? Ist doch nur legitim
Die Identität von Flüchtlingen über ihr Handy zu überprüfen, ist weder neu noch verfassungswidrig – sondern kann helfen.
E in noch nicht veröffentlichter Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Telefone, Tablets und Laptops von Asylantragstellern untersuchen darf, wenn diese (wie häufig) keinen Pass vorlegen können oder wollen. So soll deren Identität und Staatsbürgerschaft festgestellt werden.
Ganz neu ist die Maßnahme nicht: Ausländerbehörden dürfen das schon heute, um Abschiebungen zu erleichtern. Künftig soll das BAMF aber gleich bei der Registrierung der Flüchtlinge zugreifen. Man hofft, dass auf den Geräten dann noch eher Informationen zum Reiseweg und zu Kontakten in der Heimat zu finden sind. So soll erschwert werden, dass sich Nordafrikaner und andere als Syrer, Iraker oder Ägypter ausgeben.
Verfassungsrechtlich ist dagegen nichts einzuwenden. Telefone und Computer dürfen schon immer beschlagnahmt werden. Wenn dies offen und nicht heimlich geschieht, hat auch das Bundesverfassungsgericht keine Probleme damit. Bei der Auswertung der Daten muss zwar der Kernbereich privater Lebensgestaltung beachtet werden. So steht es auch im Gesetzentwurf. Informationen über Name und Herkunft gehören allerdings wohl kaum zum Kern der Intimsphäre.
Ob die geplante Bestimmung praktisch relevant wird, wird sich erst zeigen. Von großen Erfolgen der Ausländerbehörden bei der Handy-Auswertung hat man bisher aber noch nichts gehört. Beim BAMF stellt sich die Situation insofern etwas anders dar, als hier der Asylantragsteller etwas von der Behörde will, nämlich seine Anerkennung als Flüchtling. Wer dann zur Registrierung ohne Handy erscheint oder mit einem frisch gekauften Ersatzhandy, macht sich bei der Identitätsprüfung nicht glaubwürdiger.
Der tunesische Berlin-Attentäter Anis Amri hatte sich zunächst als Ägypter ausgegeben. Das fiel auf, ohne dass dafür eine Handyprüfung nötig war.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird