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Kommentar Handelskrieg und StrafzölleEin Angebot für Trump

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Der deutsche Handelsüberschuss ist ein Problem, fand schon Obama. Dabei müssten die Exporte nicht reduziert werden – die Importe aber erhöht.

Sogar das Bundeswirtschaftsministerium gibt zu, dass der deutsche Exportüberschuss ein Problem ist Foto: dpa

W as haben Barack Obama und Donald Trump gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel, in der Handelspolitik jedoch einen wichtigen Punkt. Der ehemalige und der aktuelle US-Präsident störte und stört sich am bundesdeutschen Exportüberschuss – jetzt wieder zentrales Thema im Handelsstreit zwischen den USA und Europa. Unabhängig davon, dass die USA der EU zusätzliche Zölle aufbrummen und wie die hiesige Antwort darauf ausfällt – dieses Problem muss die Bundesregierung angehen.

Man braucht Trump nicht zu mögen. Seine Handelspolitik hat dennoch eine gewisse Berechtigung – wenn auch unter befreundeten Staaten der Zoll-Hammer kein Instrument sein sollte. Bereits 2013 warnte Obama die Bundesregierung davor, andere Länder in Europa quasi kaputtzuexportieren. Theoretisch räumt sogar das Bundeswirtschaftsministerium ein besorgniserregendes Ungleichgewicht ein.

Dort trägt man die eindeutige Vorgabe der EU mit, dass der Außenhandelsüberschuss nicht höher als 6 Prozent der Wirtschaftsleistung sein sollte. Wir aber schaffen über 7 Prozent. Gut für uns, denn wir profitieren von den Arbeitsplätzen, Umsätzen, Gewinnen und Steuereinnahmen. Schlecht für Griechenland, Italien oder die USA.

Langfristig geht es nicht unbedingt darum, die Exporte zu verringern. Man könnte für mehr Importe sorgen. Die Mittel dazu sind höhere Löhne, mehr Investitionen und eine großzügigere soziale Sicherung, die Hartz IV überwindet. Der stärkere Binnenkonsum steigerte die Nachfrage nach ausländischen Waren.

Kurzfristig wäre es schlau, wenn EU-Kommission und Bundesregierung der US-Administration ein vernünftiges Angebot machten. Eine Festlegung auf einen Export-Deckel wäre kein Teufelszeug. Dann würden einige der hiesigen Unternehmen insgesamt auf gewisse Einnahmen verzichten müssen – ein Zugeständnis, das sie angesichts der gut laufenden Wirtschaft wohl nicht umbrächte.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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17 Kommentare

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  • Import ist was nettes, aber was sollen wir den importieren? Autos, Schnaps usw.

    .

    Außerdem ist "Exportübercshuss" EINES EU Landes ein Witz.

    Rechnen wir die mit Californien usw auch einzeln ab.

    .

    Wenn DT versucht einezelne Staaten der EU auseinander zu bringen, müssen wir hier in Europa nicht über dieses Stöcken springen.

    .

    So würde mMn. ein "Paar Schuhe" drauss

    .

    Gr Sikasuu!

  • Na, gehts noch?

     

    "Der stärkere Binnenkonsum steigerte die Nachfrage nach ausländischen Waren"

     

    Wir sollen _noch_mehr_ konsumieren? Jedes Jahr ein neues Smartphone, noch größere SUVs, am Besten drei Mal statt zwei Mal in den Urlaub fliegen?

     

    Wir konsumieren diesen Planeten schon kaputt. Mehr Konsum kann wohl kaum die Lösung sein.

  • Wenn Frankreich oder Spanien den deutschen Exportüberschuss kritisieren, dann ist das ein rationales Argument. Immerhin sitzen wir im selben Euro-Boot.

     

    Wenn die USA aber den "deutschen" Exportüberschuss kritisiert, ist es kokolores, welches man, auch als journalist der dem deutschen Exportüberschuss kritisiert, als solchen benennen muss.

     

    Deutschland ist Teil der Eurozone. Die USA kann sich nur über den Exportüberschuss dieser beklagen.

     

    Und das die Eurozone ein Exportüberschuss hat, ist ein neues Phänomän. Das liegt daran das viele Anleger aus dem Euro fliehen. Wegen dingen wie man jetzt neuerdings in Italien sehen kann. Und Kapitalbinanz ist eben gleich der Handelsbilanz (Bei unterschiedlichen Währungen).

  • LIEBER HERR KOCH...

    nicht erst obama hat die bundesregierung gemahnt, ihre jahrezehntelangen exportüberschüsse abzubauen. als sie gerade das erste mal zur schule gingen hatten "plisch und plum" in der ersten grossen koalition 1967 das stabilitätsgesetz aufgelegt, das die regierung im "magischen viereck" zu einer keynsianischen fiskalpolitik anhielt: preisstabilität, wachstum, vollbeschäftigung und - man höre und staune - aussenwirtschaftliches gleichgewicht. aber die bleiernen monetaristen und ordoliberalen haben sich bereits unter den reagonomics und erst recht unter "new labour" von dieser strategie verabschiedet: unser reichtum macht die andern arm - deshalb ist es ökonomisch geboten, bei uns die löhne an der wertschöpfung des bip auszurichten - experten schätzen uns um 30 % unterbezahlt -, damit die importe der anderen gegen unsere exporte mithalten können, wenn wir schon nicht mehr dank des euro aufwerten müssen. die regierung - und das ist der eigentliche skandal - müsste nur - wie beim dieselskandal - ihre eigenen gesetze einhalten. aber das werden die neoliberalen lobbyisten der regierung schon austreiben....

    • @hanuman:

      "hat die bundesregierung gemahnt, ihre jahrezehntelangen exportüberschüsse abzubauen"

       

      und wie soll das gehen? der Industrieanteil wird wohl so bleiben?

      Noch mehr "deutsche Autos" im Ausland fertigen? Wir haben hier immer noch gute 5 Mio Arbeitslose wenn man die Schönungen der Statistik rausrechnet

      Und selbst wenn man mal endlich dem Arbeiter einen kräftigen Schluck aus der Lohnpulle gibt, was soll der aus den USA kaufen? die USA stellen doch kaum was her, was hier stark nachgefragt ist...

  • Erstklassiger Komentar! Danke dafür!

     

    „Die Mittel dazu sind höhere Löhne, mehr Investitionen und eine großzügigere soziale Sicherung, die Hartz IV überwindet.“

     

    Richtig. Aber die deutsche Politik sollte grundsätzlich darauf hinarbeiten - völlig egal was die USA so treibt.

     

    Die Bundesregierung könnte den Handelskonflikt entschärfen, indem sie Rüstungsgüter in den USA einkauft, die in der EU nicht in der entsprechenden Qualität hergestellt werden.

    Vorteile: Die Handelsbilanz mit den USA würde sich angleichen; die marode Bundeswehr wird wieder einsatzfähig; Deutschland würde seiner Vertragsverpflichrung gegenüber der NATO nachkommen.

    • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      "Rüstungsgüter in den USA einkauft, die in der EU nicht in der entsprechenden Qualität hergestellt werden."

       

      Welche (von brauchen mal abgesehen) wären denn das? Kampfflugzeuge die bei zugegeben 10% mehr Effektivität mehr als das doppelte pro Stück kosten (und ohne Code den man JEDES MAL von den Amis holen muss, nicht mal die Turbinen hoch fahren)?

       

      Sorry in dem Fall ist selbst entwickeln immer noch das Beste & billigste... das einzige was wegfällt ist das jedes noch so kleine EU Land alle seine Sonderwünsche durchdrücken kann...

      • @danny schneider:

        Nehmen sie z.B. die F35: ungeheuer teuer aber auch unübertroffene Flugeigenschaften. Würde die EU ein vergleichbares Flugzeug entwickeln wären die Kosten wesentlich höher als beim Kauf.

         

        Das mit dem Code ist mir neu. Haben sie dafür eine Quelle? Sollte es aber tatsächlich so sein macht ein Kauf wirklich keinen Sinn.

        • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

          Die F35 ist eine totale Fehlentwicklung.

           

          Der Datenhelm funktioniert noch immer nicht richtig, das Wartungscomputersystem ebenso wenig, durch die Anforderungen von 3 Teilstreitkräften musste man bei der Reichweite starke Kompromisse machen, das Stealthdesign ist zwar gut, aber die Waffenlast ohne Außenstationen unbrauchbar und moderne Radare erkennen inzw. auch Stealthfighter - das schützt nur vor Armeen mit veraltetem Material. Kurz: der Eurofighter könnte natürlich hier und da verbessert werden (z.B. Vektorschubdüsen), aber alles in allem kann eine F35 nur weniges besser und vieles schlechter - zu einem Abartigen Preis.

           

          Warum man jetzt doch darüber nachdenkt diese zu beschaffen? A.) haben unsere Verbündeten sie: England, Niederlande, Italien,... B.) bei der F35 braucht man keine (teure) Integration der Atombomben - welche man braucht für die nukleare Teilhabe nach dem Tornado. Bei europäischen Modellen ist man auf good Will der USA angewiesen dafür die notwendigen Daten raus zu rücken (wobei ich mich frage was weis man nicht, denn für den Tornado hat man die Daten ja...)

           

          Das mit dem Code habe ich mal gelesen... weis aber nicht mehr wo.

          • @danny schneider:

            Danke für die ausführlichen Infos.

             

            "Die F35 ist eine totale Fehlentwicklung."

             

            Soweit würde ich nicht gehen aber sie haben recht das die F35 wirklich sehr umstritten ist. Aber selbst die glühendsten Befürworter geben zu das sie wirklich abartig teuer ist. Insofern: mein Beispiel war schlecht gewählt.

  • Importe erhöhen?

     

    Nun die Relation Importe-Exporte wird bestimmt durch: fantastische deutsche Produkte, unser billiger DM-Ersatz und unsere fantastischen Reformen A2010 die den Anteil der Hälfte der Bevölkerung an dem Kuchen um ein Viertel gesenkt hatten.

     

    Mehr Importe gehen nur, wenn Leute mehr Geld haben um die Waren zu kaufen. Ich weiß, dass ständig Kauflaune ausgerufen wird, aber bei den Einzelhandelsumsätzen sind wir real auf dem Niveau von 1991 - diese Nation kauft nicht mehr als vor einem Vierteljahrhundert.

    • @agerwiese:

      Nun, die Pointe fehlt, nämlich, dass man höhere Importe (=mehr Binnenkonsum) grundsätzlich durch höhere Löhne für *alle*, bzw. für die 50%, die einkommensmäßig abgehängt wurden (https://twitter.com/mfratzscher/status/942416498743750656) bekommt. Das kann unmöglich ohne Auswirkungen auf Exporte bleiben. Und das ist gut so.

  • Weche Waren sollte man denn aus den USA wollen? Die sind bis auf Aushnahmen werde besser noch billiger. Gilt im Beruf wie Privat.

     

    Der Exportüberschuss ist einfach Begründet das deren Scheiß hier niemand will.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...sprechen wir hier über Deutschland, oder die EU?

    Das gleiche Problem hat die BRD auch innerhalb der EU, will sagen, Exportüberschuss.

    Wenn wir hier über die USA sprechen, so sprechen wir auch über die EU.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Was am eigentlichen Grundgedanken des Kommentars ja nichts ändert. Es ist ja keine neue Forderung, dass in Deutschland die Binnennachfrage angekurbelt werden sollte, aber leider werden Themen wie Lohnerhöhung sofort vom kreischenden Verzweiflungsschrei der Wirtschaft übertönt, dass dadurch Milliarden an Arbeitsplätzen in Deutschland vernichtet würden.

  • Wenn wir ein möglichst hohes Wohlstandsniveau wahren wollen, müssen wir möglichst viel exportieren und möglichst wenig importieren. Und wer will denn schon Produkte aus den USA? Es wird schon seinen Grund haben, warum sowenig Produkte aus den USA importiert werden. Bei zuvielen ist die Qualität schlichtweg erheblich schlechter.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ich bezweifle dass die Deutschen mehr Harley Davidsons importieren nur weil Hartz4 um 20€ erhöht wird. Man darf auch nicht nur auf den Handel schielen, Deutsche Touristen tragen auch viel Geld in den Süden Europas, Deutsche Firmen investieren hier das muss auch berücksichtigt werden.

    Der Grundtenor ist aber richtig Deutschland muss nicht weniger exportieren sondern mehr importieren, die frage ist nur was stellt Süd-Europa und USA her was wir dringend brauchen? Wenn da die Produktpalette nicht gegeben ist wie kann Deutschland diesen Ländern helfen Inudstriezweige zu entwickeln die auf den Deutschen Konsum zugeschnitten sind (präziser wäre Nord-europäischen, das Ungleichgewicht ist ja ein Nord-Süd Problem und kein singulär Deutsches Problem.