Kommentar Handelskrieg USA-China: Scheingefecht eines Egomanen
US-Präsident Donald Trump bekämpft nur vordergründig die Fehler der Globalisierung. Tatsächlich hat er nur seine Anhängerschaft im Auge.
D onald Trump hat seine Drohung wahr gemacht und Strafzölle auf die Hälfte aller Importe aus China erhoben. Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar sind betroffen. China drohte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen. Damit ist der Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt endgültig ausgebrochen.
Doch auch wenn gefährliche Konsequenzen drohen: Das apokalyptische Geschehen ist in Wirklichkeit nur eine große Show. Trump sucht vor allem äußere Feinde, um Wählerstimmen zu fangen und um von den immer heftigeren innenpolitischen Angriffen abzulenken.
Nicht nur in Peking, Schanghai und Shenzhen, sondern auch bei Apple in Cupertino, bei Starbucks und Boeing in Seattle und Redmond, aber auch in vielen deutschen Firmenzentralen herrscht Panik. Sie alle haben in den letzten Jahren von der globalen Wertschöpfungskette profitiert, in der Arbeitnehmer in gnadenlose Konkurrenz getrieben wurden. Wenn es Trump wirklich darum ginge, diese Systemfehler der Globalisierung zu bekämpfen, dann hätte er mit den Strafzöllen den Stein durchaus im positiven Sinne ins Rollen gebracht. Tatsächlich aber gehören Firmen wie Apple mit ihrer kosmopolitischen Kultur, ihrem Kampf gegen Diskriminierung und ihren komplexen Geschäftsmodellen zu seinen erklärten Feinden. Ihm sind weiße männliche Stahlarbeiter lieber: seine Wähler.
Trump bekämpft nur vordergründig die Globalisierung, in Wirklichkeit verfolgt er ganz andere Interessen. Wenn es ihm wirklich um eine bessere Ordnung für die Weltwirtschaft ginge, könnte er sich besserer Instrumente bedienen als eines egomanischen Angriffskriegs auf die Volkswirtschaften anderer Länder – er könnte etwa einen globalen Konsens dafür suchen, die Exzesse des Finanzkapitalismus durch gezielte Besteuerung anzugreifen. Stattdessen schafft er Unfrieden, senkt der Großindustrie die Steuern und schweißt die Befürworter des Freihandels weltweit zusammen.
Trump braucht den Konflikt mit den bestehenden Mächten – und mit dem Ausland, aus dem in den Augen seiner Wählerschaft ohnehin nichts Gutes kommen kann. Ein Demagoge sammelt im Kampf mit vermeintlichen finsteren Mächten die größten Pluspunkte. Und wer eignet sich dafür besser als ein Land in Fernost, das ohnehin kein sonderlich gutes Image hat?
China wünscht sich zwar eine Lösung des Handelskonflikts im Dialog, begräbt aber inzwischen die Hoffnung darauf – und setzt selbst auf Gegenmaßnahmen. Mit der Einschätzung, dass Verhandlungen hoffnungslos sind, hat China völlig recht: Trump sucht keinen Kompromiss. Er lebt von Kampf und Konflikt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer