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Kommentar Grüne und AbschiebungenMenschenrecht und Härte

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Annalena Baerbocks Zitat zu Abschiebungen für Straftäter klingt nach neuer Härte. Dabei ist das für die Grünen nichts Neues.

Können mehr als Kuscheln: Grüne Foto: dpa

D as Nebeneinander von Theorie und Praxis grüner Asylpolitik ließ sich in dieser Woche genau studieren: Am Mittwoch legte Parteichefin Annalena Baerbock im Interview mit der Süddeutschen Zeitung dar, wie die Grünen Menschenrechte und Härte am liebsten ausbalancieren würden. Wie durchsetzungsfähig sie damit sind, konnte man dann am Tag darauf im neuen schwarz-grünen Koalitionsvertrag für Hessen nachlesen. Das Ergebnis lässt daran zweifeln, dass die Partei in der Asyldebatte wirklich auf die richtige Strategie setzt.

In ihrem Interview erklärte Baer­bock beide Seiten der grünen Asylpolitik: Natürlich müsse Deutschland Geflüchtete aufnehmen und den Inte­gra­tions­willigen die Integration auch ermöglichen. In Kriegsgebiete, zum Beispiel nach Afghanistan, dürfe der Staat auf keinen Fall abschieben. Auf der anderen Seite müsse der Staat aber auch hart durchgreifen – heißt unter anderem: Straftäter nach der Haft konsequent abschieben, sofern es die Lage im Heimatland erlaubt. Verkürzt kam davon bei vielen an, Baer­bock wolle eine härtere Abschiebepolitik. Dabei entspricht ihre Position weitestgehend der geltenden Rechtslage und dem Kurs, den ihre Partei in der Asylpolitik schon lange fährt.

Aus einer radikal egalitären Per­spek­tive lässt sich diese Position natürlich kritisieren: Warum werden Täter mit unsicherem Aufenthaltsstatus durch Abschiebung ein zweites Mal bestraft, während allen anderen Tätern nach Verbüßung der Haft die Gelegenheit zur Resozialisierung eingeräumt wird? Dass die Grünen von dieser radikalen Position schon lange abgerückt sind und dass die Parteispitze die Bereitschaft zur Härte jetzt auch noch von sich aus kommuniziert, ist aber zumindest verständlich.

Da ist erstens das Bemühen, die Akzeptanz für das Asylsystem als Ganzes aufrechtzuerhalten. Das Grundrecht des einen Asylbewerbers verliert ja nicht dadurch an Wert, dass ein anderer Asylbewerber raubt oder mordet. Offenbar glauben die Grünen aber nicht, dass sie mit dieser Argumentation durchdringen können. Also schließen sie sich der populäreren Ansicht an, dass der straffällig gewordene Asylbewerber im Rahmen des Rechtsstaats mit größtmöglicher Härte bestraft werden müsse, damit die Bevölkerung nicht irgendwann dem Unbescholtenen sein Grundrecht verwehrt.

taz am wochenende

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Da ist zweitens das Bemühen, als 20-Prozent-Partei über die ursprünglichen Wählermilieus hinaus Anschluss zu finden. Der politische Gegner ­diskreditiert eine klar humanitäre Haltung gern als weltfremdes Gutmenschentum. Diesen Vorwurf wollen die Grünen offenbar entkräften, indem sie zeigen: Wir können auch Härte.

Sich zur Repression zu bekennen, ist immerhin ehrlich

Und drittens kommen die Grünen als Regierungspartei in den Ländern und potenziell auch wieder im Bund um das Thema Abschiebung gar nicht herum. Repressive Maßnahmen tragen sie in der Praxis mit, das erwarten allein schon die Koalitionspartner. Sich dazu klar zu bekennen, statt peinlich berührt zu schweigen, ist immerhin ehrlich.

Den Vorwurf des Gutmenschentums wollen die Grünen offenbar entkräften, indem sie zeigen: Wir können auch Härte

Einerseits. Andererseits befinden sich die Grünen damit in einer defensiven Position. Im öffentlichen Diskurs, der sich in Asylfragen ohnehin schon stark auf die Aspekte Abschottung und Abschiebung konzentriert, singen sie mit den anderen mit – besorgt, mit einer eigenen Melodie womöglich aufzufallen. Damit geraten sie aber in eine schwierige Verhandlungsposition vor allem dort, wo sie mit der Union regieren wollen. Denn warum sollte diese den Grünen in Koalitionsgesprächen Zugeständnisse machen, wenn die Grünen das nicht mal selbst fordern?

Das Ergebnis sieht man eben in Hessen. Dort haben die Grünen zwar durchaus einige Verbesserungen für Flüchtlinge in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Sie haben aber auch die Ankündigung geschluckt, weiterhin Straftäter nach Afghanistan abzuschieben. Aus der angestrebten ­Balance von Menschenrechten und Härte ist am Ende nichts geworden.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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15 Kommentare

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  • Sagen Sie, gibt's auch Photos von Grünen-Politikern, auf denen die nicht wie die Irren lachen? Wenn ja, könnten Sie zur Abwechslung mal solche Photos veröffentlichen?

    • @Karl Bauer15:

      Was haben Sie gegen Lachen?

      "Irre" sind doch diejenigen, die nicht lachen können. Lachen ist nachweislich gesund und auch ansteckend. Können wir hier in D ganz gut gebrauchen.

      Endlich auch mal lachende Menschen im Politikbetrieb.

      • @Hanne:

        Sie lachen nicht, sie tun nur so...

        • @agerwiese:

          & zisch - Eiwand - mailtütenfrisch

          “"Sie lachen nicht, sie tun nur so."







          Doch, sie lachen, aber ZuschauerIn sollte sich fragen,



          worüber die lachen... Über doofe SUV-FaherInnen,



          die jetzt grün wählen?“

          Mannoman - Der kann Fragen stelle!



          Nich nur diese allfälligeinfältig eine eine - Gellewelle.;)

      • @Hanne:

        "Endlich auch mal lachende Menschen im Politikbetrieb."

        Nur hat man das Gefühl, dass jedes Foto von den Beiden vom PR-Berater gestellt ist und dass beide für das Foto zuvor mindestens eine Stunde gestylt worden sind.

        Die wirken mehr wie Models als wie Politiker.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @A. Müllermilch:

          Iwo, das ist natürliche Schönheit. Die kommt von innen. Übrigens, Agerwiese, besten Dank für das an anderer Stelle nochmals verlinkte Video natürlicher Personen

          • @61321 (Profil gelöscht):

            Er - da schau her - & liegengeblieben;)

            Korrekt - Immergriien - Nothing else.

            Da kann einem glatt die Milch sauer werden - Dschedesmal.



            Ziemlich ungesund auf Dauer - Zumal.



            De' hück nichemal 'ne lecker Dickmilch aus machen kannst. Newahr. Ärgerlich.



            Normal.



            Njorp.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    "Und drittens kommen die Grünen als Regierungspartei in den Ländern und potenziell auch wieder im Bund um das Thema Abschiebung gar nicht herum. Repressive Maßnahmen tragen sie in der Praxis mit, das erwarten allein schon die Koalitionspartner. Sich dazu klar zu bekennen, statt peinlich berührt zu schweigen, ist immerhin ehrlich."

    Richtig. Die Gnade der reinen Lehre gibts nur in der Opprosition.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      PappkameradenSchießen - Auch Sie*¿*

      Der reinen Leere - Immergriien*!* - Sì •

  • Na Servus

    & Däh - Zisch - Mailtütenfrisch -

    “taz - Der "Bayernkurier" für B90/Die Grünen."

    Ha no. Da fang ich doch glatt an - ;))



    Zu - Grienen.

    • @Lowandorder:

      “Man muss sich beim Publikum wohl anbiedern...

      Immergrien...







      Dem Menschenrecht



      geht`s ziemlich schlecht,



      weil sich die Hä’ rte



      so stark vermehrte.







      Auch taz und Grüne zeugen mit.



      Igitt Igitt! Igitt Igitt!“

      unterm—Mailtütenfrisch — “Es es es & es!“ “…es ist ein harter Schluß - …ff…ff… Setz ich dir auf den Türenknauf - Heut nacht was warmes dickes Weiches drauf…“ Newahr. Normal.



      Vagantenlied - zwar Ffm - & so - auch nicht ad usum delphini - jedoch a Balin! - (& Nischt for unjut - wa!;)((

      & —so was von bekannt steinalt. Gelle.



      www.lieder-archiv....nblatt_300113.html



      & Zupfgeigenhansel



      www.youtube.com/watch?v=6q_SZJNvlNY



      & Lilienthal



      www.youtube.com/watch?v=GpFzw8A4Rho

      kurz - Schämt euch.

  • in mexico gibt es eine ´grüne´partei die sogar für die todesstrafe ist!

  • Bewerbung als Redenschreiber*¿* Immergiien*!*;((

    Wünsche alles Schlechte.

    unterm—— a detail - Gellewelle.



    Der von mir - u.a. dieserhalb - nur bedingt geschätzte Herr Christian Rath.



    Hat mal - darin ja richtig liegend - die Schieflage Asyl/Flüchtlinge.



    In der Debatte - A Politikaster & Medien einschl. tazis - sauber aufgedröselt.



    www.taz.de/!5526877/ “Ein Grundrecht als Zombie“

    ——& —



    (Teile nur - (ebenda & passim) - seinen schlimm-kurzsichtigen lapsus via Grungesetz!



    “…Wahrscheinlich wäre es für den politischen Diskurs transparenter gewesen, das deutsche Grundrecht auf Asyl ganz abzuschaffen,…“



    Wie viele meiner Kollegen Weggefährten etc - “Als ahnungslos gefährlich“ - Nicht!)



    Newahr - Normal.



    Njorp.

  • Grüne Asylpolitik ist wie grüner Pazifismus...

    • @agerwiese:

      Vor 20 Jahren hätte dieser Satz noch keinen Sinn ergeben.

      Heute ist das Bekenntnis zum Militarismus das Markenzeichen der Antibösen.