Kommentar Grüne „Pädo-Aufarbeitung“: Von der Theorie zur Praxis
Bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gehen die Grünen den Schritt von der Theorie zur Praxis: Sie wenden sich den Opfern zu. Das ist konsequent.
D er Berliner Landesverband der Grünen hat eine Ombudsstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt eingerichtet. Außerdem stellt man allen, die „im institutionellen Verantwortungszusammenhang“ der Partei Opfer geworden sind, Anerkennungszahlungen in Aussicht. Und man fordert seit Mittwoch explizit auch Betroffene, die damals in den 80er und 90er Jahren im Umfeld der linksalternativen Szene Leid erfahren haben, dazu auf, sich zu melden. Um ihnen zuzuhören und Hilfe anzubieten.
Mit dem, was sie am Mittwoch auf einer Pressekonferenz zur „Pädo-Aufarbeitung“ angekündigt haben, sind die Berliner Grünen einen Schritt weiter gegangen als der Rest der Partei. Sie streiten nicht länger über Positionspapiere, Diskursfäden und Institutionenverantwortung. Sondern strecken denen die Hand aus, die vielleicht nicht vom Kreuzberger Grünenmitglied in einem Parteiraum missbraucht wurden – sondern von einem alternativ daherkommenden „Kinderrechtler“ in einem Jugendfreizeittreff.
Dieser Schritt weg von der Theorie der Verantwortlichkeit hin zur konkreten Praxis einer Opferzugewandtheit ist nur konsequent. Denn er folgt den zentralen Erkenntnissen aus dem Berliner Bericht: Darin ist nicht nur von grünen Pädophilie-Diskursen die Rede und davon, wie sie ihren Weg in die verschiedenen Parteiebenen und Gremien fanden. Sondern auch von belegten, strafrechtlich geahndeten sexuellen Übergriffen auf Kinder, begangen durch Pädolobbyisten mit grünem Parteibuch.
Die von den Grünen lange vertretene Haltung, man sei nicht „Ort der Täter“ gewesen, ist schon lange unhaltbar. Dass die Berliner jetzt bereit sind, eine weitreichende Mitverantwortung für das ihnen verwandte und von ihnen mitgeprägte „alternative Milieu“ übernimmt, ist ein ermutigendes Signal Richtung Bundesverband.
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