Kommentar Grillo-Partei: Italiens Alternative
Beppe Grillos M5S ist keine flegelhafte Truppe. Sie ist ein Gegenmodell zum Parteienklüngel und die gefährlichste Konkurrenz für Matteo Renzi.
K räftig staunte Europas Öffentlichkeit im Jahr 1994 über Silvio Berlusconis plötzlichen politischen Erfolg. So einer, hieß es, müsse doch binnen kurzem scheitern, er sei schließlich eine Lachnummer und werde sich schnell selbst entzaubern. Es dauerte dann immerhin von niemandem für möglich gehaltene zwei Jahrzehnte.
Ganz ähnliche Erwartungen wurden geäußert, als 2013 Beppe Grillos Movimento5Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung) mit einem Paukenschlag die nationale politische Bühne betrat.
Der Ex-Komiker wurde schnell als Schreihals und Flegel einsortiert – und seine jetzt erfolgte Verurteilung wegen Verleumdung scheint das ja aufs schönste zu bestätigen –, seine 163 Parlamentarier wurden zur dem raschen Niedergang geweihten Chaostruppe und Laienspielschar kleingeredet.
Doch die Chaostruppe lebt, ja sie ist populärer denn je; bis zu 27% der Wähler würden ihr momentan die Stimme geben.
Wut über Korruption
Zwei Gründe sind hierfür ausschlaggebend. Vorneweg sind alle ihre Themen – die in Griechenland Syriza, in Spanien Podemos groß machten – weiter virulent. Ein Gutteil der Wählerschaft empfindet tiefe Wut über die in Korruptionsskandale verstrickten Altparteien, und diese Wut wurde durch die schwere Wirtschaftskrise der letzten Jahre noch gesteigert. Raus aus dem Euro, weg mit den Klüngelparteien: Diese Antworten leuchten weiterhin Millionen Bürgern ein.
Zugleich aber schaffte es Grillo, aus M5S weit mehr zu machen als die One-Man-Show eines polternden Altkomikers. Mittlerweile sind Leute wie der erst 29-jährige Luigi Di Maio, Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, wie der 37-jährige Alessandro Di Battista oder der 41-jährige Roberto Fico die Gesichter der Bewegung. Allesamt sind sie telegen und wortgewandt, sie sind gut präpariert und sie haben die „Fünf Sterne“ zu dem gemacht, was sie heute sind: zur gefährlichsten Konkurrenz für den Regierungschef Matteo Renzi.
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