Mafiastimmen für die 5-Sterne-Bewegung: Der erste handfeste Skandal

Eine Verstrickung mit der Mafia könnte der erfolgreichen Bewegung zum Verhängnis werden. Beppe Grillo versucht das Image von M5S zu retten.

Beppe Grillo während einer Rede in Rom.

Der Chef der 5-Sterne-Bewegung versucht das Saubermann-Image seiner Bewegung zu retten. Foto: dpa

ROM taz | Neue Zeiten schienen angebrochen in Quarto, einer 40.000-Einwohner-Stadt nördlich von Neapel, als im Juni 2015 die Rechtsanwältin Rosa Capuozzo zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Schließlich hatte sie für das Movimento5Stelle (M5S) kandidiert – jene von Beppe Grillo gegründete Bewegung, die vor allem gegen Korruption und Verstrickungen der Politik mit der Mafia angetreten ist. Doch nach nur gut sechs Monaten ist Rosa Capuozzo am Ende – weil sie ihren Wahlsieg wohl Mafiastimmen zu verdanken hat. Die 5-Sterne-Bewegung hat ihren ersten Skandal, in dem es um nicht weniger geht als um den guten Ruf der Saubermann-Liste.

Die Staatsanwaltschaft Neapel nämlich ermittelt gegen Giovanni De Robbio, jenen Lokalpolitiker von M5S, der in Quarto die meisten Präferenzstimmen auf sich vereinen konnte. Der Stadtrat soll seinen Erfolg auch der massiven Unterstützung durch den Bestattungsunternehmer Alfonso Cesarano verdanken, der seinerseits im Verdacht steht, mit dem mächtigsten Camorra-Clan Quartos beste Beziehungen zu unterhalten.

Als die Vorwürfe vor vier Wochen bekannt wurden, reagierten Capuozzo und das M5S zwar sofort; De Robbio wurde aus der Bewegung geworfen und legte sein Mandat nieder. Zugleich aber ging aus den Ermittlungsakten der Staatsanwälte hervor, dass er offenbar versucht hatte, die Bürgermeisterin zu erpressen, damit sie ein dubioses Unternehmerkonsortium zum Betreiber des örtlichen Stadions machte.

De Robbio jedenfalls konfrontierte Capuozzo mit Unterlagen, aus der ohne Baugenehmigung durchgeführte Erweiterungsbauten an der Familienvilla der Bürgermeisterin hervorgingen. Auf den ersten Blick ist die Bürgermeisterin bloßes Opfer in diesem Skandal; zum Verhängnis könnte ihr werden, dass sie den Erpressungsversuch nicht zur Anzeige brachte.

Als Opfer stellte sich auch der M5S-Chef Beppe Grillo dar; noch vor einer Woche schrieb er in seinem Blog, Capuozzo habe schließlich nie „den politischen Pressionen De Robbios nachgegeben“. Doch schon hatte die Partito Democratico (PD) des Ministerpräsidenten Matteo Renzi in Quarto zu Straßenkundgebungen aufgerufen. Pure Heuchelei sei das, wetterten die „Grillini“, schließlich fänden sich in der PD jede Menge korrupte oder Mafia-nahe Politiker. Doch die Verteidigungslinie war nicht mehr zu halten, als sich auch Roberto Saviano, der berühmte Anti-Mafia-Autor, zu Wort meldete und Capuozzos Rücktritt verlangte.

Am Sonntag schließlich knickte Grillo ein. Die Bürgermeisterin habe sich zwar nichts zuschulden kommen lassen, schrieb er, doch „die Straße der Rechtschaffenheit hat ihren Preis“. Diesen Preis will die Bürgermeisterin jedoch nicht zahlen und verweigert den Rücktritt. Sie sowie alle Stadträte, die ihr die Treue halten sollten, werden deshalb jetzt wohl aus M5S ausgeschlossen.

Schließlich befindet sich die Bewegung nicht zuletzt deshalb im andauernden Aufwind, weil Italiens traditionelle Parteien immer wieder mit Korruptions- und Mafiaskandalen zu kämpfen haben. Für die Grillo-Truppe wäre es deshalb fatal, wenn sie auch nur entfernt in den Verdacht geriete, es am Ende genauso wie die anderen zu halten.

Auf mittlerweile 26 bis 29 Prozent kommt die Partei in den Meinungsumfragen, und im Juni 2016 stehen in Rom, Mailand, Neapel, Turin oder Bologna Kommunalwahlen an. In Rom, das vom Großskandal „Mafia Capitale“ erschüttert wurde – einem Skandal, in den auch zahlreiche PD-Politiker verwickelt waren –, hat M5S gute Siegeschancen.

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