Kommentar Grenzzaun gegen Flüchtlinge: Abwehr statt Aufnahme
Ungarn will einen Grenzzaun gegen Flüchtlinge bauen. Damit weiß sich die Regierung gut eingebettet in die Flüchtlingspolitik der EU.
E s ist schon seltsam, das ausgerechnet das Land, wo vor 26 Jahren der Eiserne Vorhang die ersten Risse bekam, eine neue Trennwand errichten will. Balkanflüchtlinge, die über Serbien illegal einreisen wollen, werden bald auf die ungarische Mauer stoßen. Aber es entspricht dem Politikverständnis von Premier Viktor Orbán, ein Problem mit den scheinbar einfachsten Mitteln zu lösen.
Oder eine Lösung vorzuspiegeln. Denn Serbiens Innenminister Nebojsa Stefanovic hat wohl recht, wenn er nicht nur die völkerrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens anzweifelt, sondern auch voraussagt, der eiserne Grenzzaun sei „ungeeignet, illegale Einwanderung nach Ungarn zu stoppen.“
Orbán ist konsequent in seinem Bemühen, einen Asylantrag in Ungarn möglichst wenig attraktiv zu machen. Die Anerkennungsquote ist gering. Flüchtlinge werden interniert und wie Schwerverbrecher behandelt – sagen diejenigen, denen die Weiterreise gelang, übereinstimmend aus. Ein gerade laufendes Referendum über die Flüchtlingspolitik macht mit Suggestivfragen zusätzlich Stimmung gegen Schutzsuchende.
Aber die rechtsnationalistische Regierung weiß sich im Grunde in die Flüchtlingspolitik der EU gut eingebettet. Abwehr statt Aufnahme heißt die Devise. Brüssel hat sogar Förderungen für „die Sicherung der EU-Außengrenze“ vorgesehen. Budapest gedenkt diese auch abzurufen. Und weniger Grenzwächter einzusetzen bedeutet, monatlich eine Million Euro einzusparen. Sinkende Ausgaben für Betreuung und Asylverfahren bei gleichzeitiger Stimmenmaximierug in nationalistischen Kreisen ergeben insgesamt eine Win-win-Rechnung für Orbán.
Von Brüssel ist keine ernsthafte Rüge zu erwarten. Die Erfahrung anderer Länder hat aber gezeigt, dass sich Flüchtlinge von einem Zaun nicht lange aufhalten lassen.
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