Kommentar Glyphosat-Zulassungsskandal: Die Zweifel sind immens
Das Bundesinstitut für Risikobewertung kopiert Urteile aus dem Zulassungsantrag von Monsanto in ihr Gutachten. Wo ist die gebotene Distanz?
![Ein Wagen versprüht Glyphosat Ein Wagen versprüht Glyphosat](https://taz.de/picture/2272329/14/66445965.jpeg)
D as Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt sich gern als Hort der unabhängigen Wissenschaft. Doch wenn es um Pestizide geht, ist es mit Wissenschaftlichkeit und Neutralität zuweilen nicht weit her in dieser Behörde, die maßgeblich an der Zulassung der Chemikalien beteiligt ist.
Das zeigt die Affäre um die BfR-Bewertung des unter Krebsverdacht stehenden Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat: Die Beamten haben einfach seitenweise Urteile über kritische Studien aus dem Zulassungsantrag von Monsanto und anderen Herstellern in ihr Gutachten kopiert. Ohne die Quelle zu nennen – was einem Plagiat entspricht. Und ohne diese Urteile mit eigenen Kommentaren zu versehen. Auch auf dieser Grundlage kommen die BfR-Beamten zu dem Schluss, Glyphosat sei nicht krebserregend.
Die Umstände dieser Bewertung im Sinne der Hersteller nähren erhebliche Zweifel daran, dass das BfR wirklich mit der gebotenen Distanz analysiert.
Das ist nicht das erste Indiz dafür, dass die Pestizidprüfung der Behörde zu wirtschaftsnah ist. Schon länger ist bekannt, dass BfR-Beamte gemeinsam mit Mitarbeitern von Agrochemie-Konzernen zum Beispiel eine Studie geschrieben haben. Das Bundesinstitut lässt sich auch nach eigenen Angaben bis heute in seiner „Kommission für Pflanzenschutzmittel“ unter anderem von Industrievertretern beraten.
All das sind keine Beweise dafür, dass der Persilschein des BfR für Glyphosat tatsächlich falsch ist. Theoretisch könnte es ja sein, dass die Beamten nach bestem Wissen und Gewissen zu demselben Schluss gekommen sind wie die Monsanto-Wissenschaftler. Dass sie sich deshalb die Worte der Industrie zu eigen gemacht haben.
Aber die Zweifel sind immens. Und das BfR konnte sie mit seiner Stellungnahme nicht ausräumen. Denn die bezieht sich gar nicht auf die kritisierten Passagen des Gutachtens, sondern auf andere, in denen die Industriequellen klar genannt werden.
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