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Kommentar Geplantes Fracking-GesetzEin gelungener Kompromiss

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der Widerstand hat sich gelohnt: Das schädliche unkonventionelle Fracking wird es in Deutschland praktisch nicht geben.

Geschafft: Die wirklich schädliche Form des Fracking wird gestoppt Foto: dpa

E s war ein langer Kampf sowohl auf der Straße als auch im Bundestag – und er hat sich am Ende gelohnt. Unkonventionelles Fracking, bei dem Erdgas wie in den USA unter Einsatz von viel Chemie aus Schiefergestein herausgelöst wird, wird es in Deutschland so gut wie gar nicht geben.

Der Gesetzentwurf, auf den sich Union und SPD nach einjähriger Blockade nun überraschend geeinigt haben, erlaubt maximal vier Probebohrungen für die umstrittene neue Technik – und das auch nur, wenn jeweils die betroffene Landesregierung zustimmt. Die bisher geplante Regelung, dass nach erfolgreicher Erprobung und Zustimmung einer Expertenkommission automatisch auch kommerziell gefrackt werden darf, wurde gestrichen. Gleiches gilt für die viel kritisierte Begrenzung der Einschränkungen auf Tiefen oberhalb von 3.000 Metern.

Nur wenn der Bundestag im Jahr 2021 das Verbot aktiv aufhebt, wäre kommerzielles, unkonventionelles Fracking in Deutschland möglich. Die Chancen dafür sind so minimal, dass es fraglich ist, ob sich unter diesen Umständen überhaupt ein Unternehmen auf die teuren Probebohrungen einlässt.

Erlaubt bleibt hingegen das konventionelle Fracking in Sandstein, das in Deutschland bereits angewendet wurde. Das schmälert den Erfolg der Kritiker aber kaum. Ein Totalverbot jeglicher Form von Fracking war politisch praktisch aussichtslos – und ohne Einigung auf ein Gesetz hätten die Firmen jede Form von Fracking vor Gericht erzwingen können.

Erdgas wird gebraucht

Zudem gibt es für das konventionelle Fracking durchaus nachvollziehbare Argumente. Auch wenn die Energiewende schnell vorangeht, wird Erdgas noch eine Weile als Ausgleichsenergie gebraucht werden. Und da ist die heimische Förderung mit konventionellem Fracking unter strengen Auflagen vermutlich die bessere Lösung als eine Ausweitung der Importe aus Russland, wo die Umweltstandards bei der Förderung deutlich geringer sind.

Nun wird die wirklich schädliche Form des Fracking gestoppt und die weniger schädliche mit strengeren Auflagen als bisher wieder erlaubt. Mit dieser Lösung sollten alle Beteiligten gut leben können.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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3 Kommentare

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  • Herr Kreuzfeld -- Erdgas wird gebraucht?

     

    Wenn Gas gebraucht wird, dann mittels PowertoGas erzeugtes nicht fossiles Gas!

    Haben Sie den Slogan der Pfingsttage bei Ende Gelände ganz vergessen? Keep the Fossiles in the Ground! Sie sollten es vermeiden, auf solche immer wieder verkündeten Behauptungen aufzuspringen, die Erd-Gas als Brücken-Brennstoff anpreisen, weil angeblich - was überhaupt nicht stimmt- weniger gefährlich als Kohle. Laura Weiß sagt es kurz und prägnant mit der Überschrift: "Erdgas, Fracking, Klimawandel - Gas ist keine Lösung, sondern Teil des Problems". Unkonventionelle und konventionelle Vorkommen müssen im Boden bleiben!

    Leider übernehmen auch Sie die von der Politik geschaffenen Begriffe unkonventionelles und konventionelles (hierbei muss dieselbe Technik wie bei Schiefer eingesetzt werden) Fracking (böses Fracking - gutes Fracking). Wir alle zahlen einen hohen Preis für die Förderung der konventionellen Vorkommen. Laut BGR-Energiebericht 2015 sind die reinen verbleibenden Tight Gas Ressourcen geschätzte 90 Mrd. m³ - das entspricht dem Jahreserdgasverbrauch in Deutschland. "eine künstliche Verlängerung des fossilen Zeitalters auf Kosten der Menschen.“ Fracking / Förderung Fossiler ist ein Verstoß gegen Menschenrecht. Climate Justic - Now - Erinnern Sie sich, Herr Kreutzfeld?

  • Ein gelungener Kompromiß? Da bin ich ganz anderer Meinung. Fracking, egal, wo es bisher stattfand, zeigte sich früher oder später als maximal schädlich, aber diese Erkenntnis hat nicht dazu geführ, daß derartiger Unsinn aufgegeben wird.

     

    Dieses Verhalten schraubt zu Recht die Wahrscheinlichkeit auf fast 100 Prozent, daß es auch in Deutschland nach Ablauf eine gewissen Schamfrist zu hemmungslosem Fracking kommt.

     

    Denn wo innerhalb der (nicht nur) deutschen Politik wird denn nicht gelogen, betrogen und geschmiert, mit juristischen Spitzfindigkeiten die Wahrheit verdreht und um des Geldes willen jedweder noch so faule Kompriß mittels des Bauchschmerzen-Arguments eingegangen?

  • Leider hat die Industrie in Deutschland kein Interesse, rasch die Energiewende umzusetzen und aus fossilen Energieträgern - wie Erdgas auszusteigen.

    Beispiel gefällig:

    Der Rat der Stadt Hamm hat in ein und derselben Ratssitzung gegen Windenergie und für Durchführung von Gasbohren gestimmt. Schlussfolgerung: Die Bohrindustrie will die Energiewende verhindern, um möglischst lange an Bohrprojekten noch Geld zu verdienen.

     

    Daraus folgt: Jetzt Gasbohren stoppen - jetzt Energiewende umsetzen!

     

    In NRW reicht uns das Fracking-Verbot schon lange nicht mehr, da die Industrie längst neue Verfahren entwickelt hat, um fossile Rohstoffe aus der Erde zu holen - egal, wie es dem Weltklima geht. Aus diesem Grunde wird nun per Petition ein BUND-NRW-Beschluss zum Gasbohren-Verbot von dem Widerstand gegen Gasbohren unterstützt:

    https://www.openpetition.de/petition/online/verbot-von-tektomechanik-im-landesentwicklungsplan